MEDIENSZENE NRW

Gemeinsame Holding für WN und WB

Sorge um Tariftreue und Arbeitsplätze in Ostwestfalen
20. Februar 2019, Corinna Blümel

Die Zeitungslandschaft in Nordrhein-Westfalen wandelt sich weiter: Westfalen-Blatt (WB) und Westfälische Nachrichten (WN) erscheinen künftig in einem gemeinsamen Unternehmen. Das Kartellamt hat den Zusammenschluss Anfang Februar genehmigt. Beide Zeitungen sollen ihren Namen und ihre Eigenständigkeit behalten, erklärten die Verlage. Sie hatten die Gründung der gemeinsame Holding Anfang des Jahres angekündigt.

An der neuen Westfälischen Medien Holding AG wird die Unternehmensgruppe Aschendorff im Münsterland (WN) nach eigenen Angaben 76,5 Prozent halten, die Busse-Holding, Gesellschafter des Bielefelder Westfalen-Blatts, übernimmt 20,09 Prozent. Die restlichen 3,41 Prozent hält die Verlagsgruppe Dirk Ippen über den in Hamm erscheinenden Westfälischen Anzeiger. Die Holding bündelt die Geschäfte beider Unternehmen – mit Tageszeitungen, Anzeigenblättern, Druckereien, Rundfunksendern und Reisebüros. Beide Bereiche sollen als Tochtergesellschaften in der neuen Holding fortgeführt und weiterentwickelt werden.

Expansionsdrang im Münsterland

Aschendorff ist über die C.W. Busse Holding bereits seit 2011 indirekt mit 24,9 Prozent am Westfalen-Blatt beteiligt. Dass Aschendorff beim Westfalen-Blatt weitergehende Ambitionen hatte, war schon 2012 zu erkennen.

Expansionsdrang bewies das Medienhaus auch 2014 mit der Übernahme des ehemaligen Konkurrenten Münstersche Zeitung (MZ), die zur Zombie-Zeitung ohne eigenen Redaktion wurde. Den Lokalteil bezieht die MZ seit 2014 von den Westfälischen Nachrichten. Der Mantel wechselte gerade zum 1. Januar 2019 den Lieferanten: Die Inhalte kommen nicht mehr von Lensing (Ruhr Nachrichten), sondern unter anderem von der Rheinischen Post (siehe Meldung „BBV und MZ: RP liefert Mantelinhalte“).

Welche Auswirkungen das Zusammengehen von WN und WB mittelfristig haben wird, interessiert den DJV-NRW aus mehreren Gründen. Sollten die Mantelredaktionen von WN und WB zusammengelegt werden, wäre dies ein weiterer Schlag für die Medienvielfalt in NRW.

Hier Tarifflucht, dort Flächentarif

Sorgen macht sich der Landesverband aber vor allem um den dauerhaften Erhalt der Arbeitsplätze und um die Tariftreue in Westfalen, wie der Vorsitzende Frank Stach erklärte. Denn bei den Westfälischen Nachrichten in Münster werden die meisten Redakteurinnen und Redakteure seit 2015 nicht mehr nach Tarif bezahlt. Zudem lief dort zum Jahresende 2018 eine Vereinbarung zum Kündigungsschutz aus. Beim Westfalen-Blatt gilt dagegen der Flächentarif, für die Arbeitsverträge der Redakteure, Drucker und Zeitungsboten sind keine Änderungen angekündigt.

Der DJV-NRW setzt darauf, dass das so bleibt. Und Stach formuliert für den DJV-NRW noch eine weitergehende Forderung – die nach einem Konzernbetriebsrat für die Westfälische Medien Holding AG: „Mit dem Konstrukt entsteht ein neuer Medienkonzern. Dem muss auch bei der Mitbestimmung Rechnung getragen werden.“

Die Sorgen um Medienvielfalt und Tarif teilen auch die regionalen DJV-Vertreter: So mahnte der Vorsitzende des Pressevereins Münster-Münsterland, Wolfram Linke, die Tariftreue des Westfalen-Blatts sollte „auch für den Aschendorff Verlag wieder, eigentlich selbstverständliche, Maßstäbe setzen – und nicht umgekehrt“. Ähnlich sieht das auch der Journalistenverband Ostwestfalen-Lippe (DJV OWL), wie die Vorsitzende Norma Langohr erklärt. „Beunruhigend ist auch, dass das Westfalen-Blatt in der Holding nicht mehr eine Sperrminorität hat.“

Nicht weniger beunruhigend eine weitere Entwicklung, die bisher in Ostwestfalen unvorstellbar schien: Westfalen-Blatt und Neue Westfälische haben jüngst eine enge Kooperation im Bereich Lokalsport angekündigt (siehe Kasten „Gemeinsamer Lokalsport in OWL“). Der Blick auf andere Regionen in NRW zeigt, dass nach ersten vorsichtigen Kooperationsversuchen die Grenze oft weiter verschoben werden. Norma Langohr: „Berichten die Zeitungen demnächst auch für das andere Blatt über die Kultur oder die Politik?“

 

Gemeinsamer Lokalsport in OWL

Die Unternehmensgruppen Westfalen-Blatt (WB) und Neue Westfälische (NW) wollen ab März im Bereich Lokalsport enger zusammenarbeiten. Das wurde im Januar durch ein internes Schreiben der WB-Geschäftsleitung bekannt. Danach soll die NW die lokalen Sportberichte des WB aus den Kreisen Paderborn, Höxter und dem Altkreis Lübbecke erhalten. Umgekehrt übernimmt das WB von der NW die Sportberichterstattung aus Bielefeld, den Kreisen Gütersloh und Herford sowie aus Bad Oeynhausen.
Nach Bekanntwerden der Zusammenarbeit appellierte der DJV-NRW an die Geschäftsführung von WB und NW, die Fehler der Verlage im Ruhrgebiet und im Rheinland zu vermeiden. „Die Auswirkungen der Ein-Redaktionspolitik auf die mediale Meinungsvielfalt zeigen sich im Westen von NRW heute eindrucksvoll und sollten Abschreckung genug sein“, erklärte Frank Stach, Landesvorsitzender des DJV-NRW. „Wir werden genau verfolgen, ob die Sicherung einer flächendeckenden lokalen Sportberichterstattung Vorwand für den Abbau von Arbeitsplätzen ist.“
Ein Hinweis dazu findet sich womöglich bereits in dem internen Schreiben: „Personelle Veränderungen sollen sozial verträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen“, heißt es dort./cbl

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/19 – dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Februar 2019.