Mit angezogener Handbremse

Editorial
13. Oktober 2017, Frank Stach, Landesvorsitzender DJV-NRW

Kennen Sie das? Sie hängen den Wohnwagen an die Kupplung, und los. Aber irgendwas klemmt, Sie fahren wie mit angezogener Handbremse. Also aussteigen, kurz gucken und den Fehler beheben. Ungebremst, mit einem Lächeln geht es in die Ferien. Solche Handbremsen fallen mir auch im Arbeitsalltag auf, im Büro und der Redaktion, bei Recherchen und im Schnitt.

Die größten Bremsen, sei es im Lokalfunk oder bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, sind die Hemmschuhe fürs Internet. Die Lokalfunker etwa müssten eigentlich ganz agil in das digitale Zeitalter hinübergleiten. Die UKW-Welt wird das Überleben wohl noch einige Zeit sichern, doch die Zukunft liegt im Netz. Das wissen die Kollegen und Kolleginnen, und sie könnten bereits jetzt den gelungenen Mix aus aktuellen Sendungen im klassischen Radio und der „Begleitmusik“ über viele andere digitale Kanäle organisieren. Sie wollen es sogar händeringend. Doch mauern die Verleger, die im Lokalfunk hinter den Betriebsgesellschaften stehen. Statt diese Entwicklung technisch, personell und finanziell zu begleiten, passiert gerade: nichts.

Ähnlich sieht es bei ARD, ZDF und Deutschlandradio aus, wenn auch in anderer Rollenverteilung. Das jetzt vorgelegte Konzept für die Strukturreformen hätte ein echter Wurf sein sollen. Statt dessen breitet es sich in uneleganter Sprache über den Status quo aus. Gefolgt von ein paar Reförmchen technischer Natur.

Es fehlt der Mut zu konsequenten Weichenstellungen, etwa zum Verzicht auf Ereignisse wie Olympia und Fußballweltmeisterschaften. Die kolportierten Summen für Übertragungsrechte machen mich jedes Mal sprachlos. Wenn Redaktionen diese Mittel im Radio, Fernsehen und im Netz für gute Unterhaltung, für gute journalistische Geschichten für die Heimat einsetzen könnten! Das gäbe Luft, um in täglicher Anstrengung neue Formen auszuprobieren und Autoren Raum und Zeit für Experimente zu verschaffen. Für eine crossmediale Zukunft jetzt.

In meinem Urlaub konnte ich selbst aussteigen und die Bremse lösen. Zurück im Job entscheiden wieder Menschen, die offenbar ganz andere Interessen haben, als endlich diese verdammten Feststellbremsen zu lösen.