GLOSSE

Neulich … Das sieht der Presse ähnlich

4. April 2018, .stan

Martin schluchzte leise, der Stammtisch nahm den öffentlich-rechtlichen Kollegen reihum in den Arm. Oooch, was ist denn? „Politiker, Wutbürger, alle trampeln auf uns herum“, flüsterte er. „Und jetzt wollen die Verleger schon wieder gegen uns klagen.“ Wir stutzten. Weswegen denn diesmal? „Die Verleger behaupten, dass der WDR der Presse zu ähnlich wird“, sagte Martin. Kalter Kaffee, wissen wir doch, der WDR hatte gerade erst vorauseilend den Internetauftritt freiwillig entschärft. „Es geht aber diesmal nicht um Texte oder so“, stöhnte Martin.

Er brachte uns auf die Spur: Was machen Verleger denn so? Wir sprudelten hervor: Redaktionen schließen, Jobs streichen, Tarife ignorieren, Freien nur Dumpinghonorare zahlen. „Seht ihr“, sagte Martin. „Und den Verlegern ist aufgefallen, dass der WDR auf dem besten Weg ist, so wie sie zu werden.“

Plötzlich wussten wir, was er meinte: Wollen die beim WDR nicht gerade … Ja, wollen die. Kürzen die nicht gerade … Ja, kürzen sie. Hauen die nicht gerade einen Keil zwischen … Ja, hauen die. Sind die nicht gerade dabei … Ja, sind die. „Jetzt verstehe ich auch, warum die Verleger die Öffentlich-Rechtlichen so leidenschaftlich bekämpfen“, schlug sich Heike an den Kopf. „Die Medien-Manager wollen sich ihr exklusives Gutsherren-Geschäftsmodell nicht abkupfern lassen.“

Und ein anderes Monopol auch nicht. „Der Lensing-Wolff knöpft sich gerade das Onlineangebot der Stadt Dortmund vor. Da seien Sachen drin, die nur in die Presse gehören.“ Steuerfinanzierte Konkurrenz – das geht ja gar nicht. Sagte uns der kühle Kopf, im Namen der Pressefreiheit. Private müssen geschützt werden. „Egal, wie dünn ihre Angebote inzwischen auch sind“, flüsterte der freche Bauch. In Dortmund hatten die Verleger ja schon vor Jahren selbst für Ein- statt Vielfalt gesorgt: Zeitung dichtgemacht, Lokalteile zusammengelegt, letzte Zentralredaktion geschlossen.

„Jetzt schießt Euch doch nicht immer so auf die armen Medienhäuser ein“, mahnte die mitfühlende Miriam. „Die haben es echt schwer. Und sie investieren doch auch.“ Stimmt. Madsack zum Beispiel plant gerade eine bundesweite Online-Zentralredaktion – mit 70 Leuten. Hans entfuhr: „Okay, die ziehen die meisten aus den Regionalblättern ab.“ Aber das Handelsblatt sucht gerade 105 neue Leute. Kerstin zuckte: „Und wie viele davon sind Journalisten?“

Miriam platzte der Kragen: „Macht es eigentlich Spaß, immer zwanghaft kritische Fragen zu stellen?“ Wir nickten. Ist unser Job.