Wir halten gegen die Entwertung

Editorial
3. April 2018, Frank Stach, Landesvorsitzender DJV-NRW

Drehen wir mal die Uhr zurück, nicht um Stunden, sondern um Jahre. Mein Körper wird jünger, die grauen Haare verschwinden, der Bauchansatz ebenfalls. Ich wäre wieder an dem Punkt zu entscheiden, ob ich meinen Lebensunterhalt im Journalismus verdienen will. Meine Leidenschaft für den Beruf wäre ungebrochen. Doch die Medienwelt ist anders als zu der Zeit, als ich eingestiegen bin. Ich persönlich finde die Frage ungemein spannend: Würde ich mich wieder für diesen Beruf entscheiden?

Springen wir zurück auf heute: Gerade boomt die Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Im Gespräch mit Handwerkskammern, Unternehmen und Verbänden stößt man immer auf dieselben Sorgen: Wie finden wir Nachwuchs? Diese Generation wird heftig umworben. Das Handwerk etwa macht Kampagnen, um junge Menschen in die Betriebe zu holen. Wäre ich heute jung, wäre meine Arbeitskraft begehrt.

Aber was ist mit den Zeitungshäusern, ja der Medienbranche insgesamt? Die tut eher alles, um den Nachwuchs abzuschrecken. Das sieht man wieder an den aktuellen Tarifverhandlungen für Tageszeitungen (siehe Seite 9). So wenig Wertschätzung war nie. Da käme ich als junger Mensch schnell zur Erkenntnis: Die wollen garantiert keine Leute. Nicht nur, dass sie die jetzigen Beschäftigten mit Mini-Gehaltssteigerungen abspeisen wollen, dem Nachwuchs nicht mal 200 Euro Mindestzuwachs gönnen. Auch sonst geben die Verlagsmanager jungen Menschen kaum Entwicklungschancen, verlangen zwar Studium, Volontariat und langjährige freie Mitarbeit, aber schieben die jungen Kolleginnen und Kollegen vorzugsweise mit Billiglohn in tariflose Tochtergesellschaften ab. Auch das dauernde Honorardumping bei den Freien trägt dazu bei, dass sich eine ganze Branche ins Abseits manövriert. Und wir als DJV tun alles, um gegen die Entwertung unserer Arbeit zu halten. Um aber auf die Einstiegsfrage zurückzukommen. Würde ich mich wieder für diesen Beruf entscheiden? Meine Antwort fällt deutlich aus: Ja, immer noch. Aber ich würde heftig den Kopf schütteln und in die Runde rufen: Ihr macht es einem aber im Moment verdammt nochmal nicht leicht.