Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
Geboren 1935 in Peine, leitete die studierte Bibliothekarin zunächst das Hans-Bredow-Institut an der Universität Hamburg. 1965 kam sie nach Köln zum Deutschlandfunk und trat damals auch in den DJV ein. Fast 30 Jahre arbeitete sie in leitenden Funktionen beim Sender, unter anderem in der Intendanz. Zu den Themen, die ihr am Herzen lagen, gehörten die Aus- und Weiterbildung für Journalistinnen und Journalisten sowie die Frauenpolitik. 1994 ging sie in Ruhestand und arbeitete seitdem als freie Journalistin und in zahlreichen Ehrenämtern.
Begonnen hatte ihr ehrenamtliches Engagement aber früher: Seit den 1980er Jahren engagierte Marlies Hesse sich frauenpolitisch. Prägend war ihr Wirken vor allem beim Journalistinnenbund (jb), einem Netzwerk von Frauen im Journalismus, das sie von 1994 bis 2010 als Geschäftsführerin leitete – mit Herzblut, Humor und viel Energie. So war sie unter anderem für das internationale Projekt Global Media Monitoring verantwortlich – eine weltweite Medienbeobachtung zur Repräsentanz von Frauen in den Medien, an der sich der jb alle fünf Jahre für Deutschland beteiligt.
2002 stiftete Marlies Hesse den jb-Nachwuchspreis „Andere Worte – neue Töne“, der seit 2013 unter ihrem Namen verliehen wird. Für ihr Wirken hat ihr der jb 2003 die Hedwig-Dohm-Urkunde verliehen. Im gleichen Jahr erhielt sie das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Im DJV war Marlies Hesse unter anderem bei Frauenkongressen auf Bundes- und Landesebene sehr präsent. Auch in Köln war sie gut vernetzt. Wir denken sehr gerne an die Begegungen mit ihr zurück.||
]]>Der DJV-NRW setzt sich für den Erhalt des lokalen Rundfunks in NRW ein, der publizistisch nach wie vor ein Leuchtturm unter den Radioangeboten in Deutschland ist: „Wir haben kein journalistisches Problem, sondern ein wirtschaftliches“, betonte der Geschäftsführer des DJV-NRW, Volkmar Kah, vor dem Landtagsausschuss für Kultur und Medien. Kah begrüßte es, dass „die Debatte um den Lokalfunk an diesem Scheidepunkt nun auch den parlamentarischen Raum erreicht“. „Nicht nur im Sinne der Beschäftigten, sondern auch mit Blick auf eine informierte demokratische Gesellschaft, muss es aus Sicht des DJV-NRW in naher Zukunft eine Lösung für den dauerhaften Fortbestand des Lokalfunks geben!“
]]>Global betrachtet befinden wir uns in einer gruseligen Welle der Autokratisierung. Laut Democracy Report des Varieties-of-Democracy-Instituts leben in den 90 Autokratien 70 Prozent der Weltbevölkerung. Das heißt, nur 30 Prozent aller Menschen werden demokratisch regiert.
Wenn die Zeiten unruhig und unübersichtlich werden, leidet die Strahlkraft der Demokratie offenkundig stärker als die von Führungskräften mit einfachen Antworten und vorgeblich simplen Lösungen. Auch in westlichen Demokratien neigen Menschen seit ein paar Jahren dazu, populistischen Führungsfiguren den Vorzug zu geben. Boris Johnson, Donald Trump, Javier Milei und zuletzt Geert Wilders: Vielen fallen da nur noch Entlastungsgags über die Frisuren dieser Herren ein. Aber Witze werden die Demokratie nicht retten, auch wenn sie eventuell kurz über den Moment der Sprachlosigkeit hinwegtrösten. Lachen entlastet, keine Frage. Mehr aber auch nicht.
Wir in den Demokratien sind zu lange der Fehleinschätzung erlegen, dass unser Gesellschaftsmodell alternativlos gut ist und dass alle danach streben werden, genauso zu leben wie wir. Wir sehen jetzt: Ist nicht so. Selbst viele derjenigen, die in Demokratien leben, wissen diese nicht mehr wirklich zu schätzen.
Dabei wäre aus meiner Sicht die Sache recht einfach: Wir sollten uns auf ein paar Eckpfeiler, ein paar Prinzipien verständigen und die Unterschiede an anderer Stelle pflegen. Diese Grundsätze oder -werte müssen wir dann aber brutal ernst nehmen. Sie gelten immer, nicht nur, wenn es gerade passt.
Aus meiner Sicht ist es unsere wichtigste und wahrlich nicht leichte Aufgabe, immer wieder in den Diskurs zu gehen und ihn lebendig zu halten, ohne ihn populistisch anzuheizen: Egal, ob es dieses große Missverständnis um die Meinungsfreiheit ist, das oft eher Widerspruchsfreiheit meint und Diskussionen aggressiver und argumentbefreit werden lässt, oder ob jemand Sprachverbote vermutet und darauf mit Gesetzen reagieren will, die dann anderen Vorschriften zur Wortwahl machen wollen.
Viele meinen, „die Medien“ wären heute weniger relevant, man brauche sie nicht mehr. Und trotzdem gehören auch in Zeiten von Social Media Journalistinnen und Journalisten zu den ersten, die angegangen werden, wenn die Töne in einer Gesellschaft rauer werden. So irrelevant kann ihre Arbeit also doch nicht sein, sonst könnte man sie ja ignorieren, anstatt sie zu attackieren. Oder wie es der Schriftsteller Gustav Freytag formulierte, der 1852 ein Lustspiel in vier Akten mit Namen „Die Journalisten“ veröffentlichte: „Alle Welt klagt über den Journalismus, aber jedermann möchte ihn für sich benutzen.“||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
Streit, heftige Kontroversen oder gar Krieg – wer im Journalismus arbeitet, wird darüber berichten (müssen), dass Menschen in Konflikte verstrickt sind. „Das ist wie Brot und Butter für uns Journalistinnen und Journalisten – ob man jetzt in der Lokalredaktion arbeitet oder im Hauptstadtbüro“, sagt Sigrun Rottmann. „Wir haben alle mit Kontroversen, Konflikten und Streitthemen zu tun.“
Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, findet die Journalistin und Politikwissenschaftlerin. Denn je nachdem, wie man die eigene Berichterstattung anlegt, heizt man – absichtlich oder nicht – Aggressionen weiter an oder trägt im besseren Fall zur Versachlichung oder Lösung der Auseinandersetzungen bei.
Viel Erfahrung mit Berichten über Konflikte hat Sigrun Rottmann als Korrespondentin in Mexiko und später beim englischsprachigen Dienst des BBC Worldservice gemacht. Als sie danach als Trainerin in der Medienentwicklungszusammenarbeit für die Deutsche Welle Akademie unter anderem in Ägypten und dem Südsudan arbeitete, lernte sie das Konzept des „konfliktsensitiven Journalismus“ kennen, der viel von der Tradition des „Friedensjournalismus“ hat. Ein Ansatz, den man, seit die Zeiten politisch unruhiger werden, auch in Deutschland gut brauchen könnte, befand Rottmann.
Seit Jahren gibt sie zum konfliktsensitiven Journalismus Seminare – unter anderem am Institut für Journalistik in Dortmund und ab 2024 auch für den DJV-NRW. Diesen Ansatz macht aus, dass Journalistinnen und Journalisten ihr grundlegendes Wissen erweitern, wie sie über Krieg, Streit und Auseinandersetzungen aller Art sachlich und kompetent berichten: Was sind überhaupt Konflikte und welche Typologien gibt es? Wie unterscheiden sich Konfliktgegenstand und Austragungsform? Wie erkennt man ein Framing von Konflikten und Debatten?
„Es geht auch um eine Selbstreflektion der eigenen Voreingenommenheit, Wahrnehmungsverzerrungen und Subjektivität“, erklärt Rottmann. Wer sich damit beschäftige, so die Idee, sammele Kompetenz, Auseinandersetzungen analysieren und dadurch auch besser über sie berichten zu können.
Denn da sieht Rottmann hierzulande noch Nach- holbedarf – auch bei den Qualitätsmedien: „Dafür, dass wir in einer Gesellschaft leben, die zunehmend gereizt ist, kommt es geradezu häufig vor, dass in Medien aus Debatten ein Konflikt konstruiert wird. Dabei ist eine Debatte erstmal kein Konflikt“, erklärt Rottmann. Trotzdem würden Streitthemen oft hochgejazzt, dramatisiert, stark vereinfacht oder personalisiert und mittels einer „Kampfsprache“ darstellt.
Geradezu trendy sei es, die Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft zu beklagen. Für Rottmann ist das ein Framing rechter Gruppierungen: „Diese Spaltung ist nicht wissenschaftlich erwiesen. Wenn wir immer sagen, die Gesellschaft ist gespalten, entsteht in den Köpfen ein Bild der Lähmung, von Unversöhnlichkeit und von Lagerbildung“, sagt die Journalistin. „Es ist ein Frame, der Konflikte nicht als bearbeitbare Prozesse darstellt.“ Ein ganz anderes Bild im Kopf ergebe sich, wenn man schreibt: „Wir sind uns in dieser Frage uneins.“ Stimmt auch noch, verdeutlicht aber, dass es trotz des Disputs auch Gemeinsamkeiten geben kann. Mit dieser Abrüstung im Kopf ist auch eine Lösung denkbar.||
Seminar: Besser berichten über Debatten, Streit und Konflikte – Infos und Anmeldung
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
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Ein neuer Vorsitzender mit teils neuem Vorstandsteam, kurze Reden, eine konzentrierte, sachorientierte Antragsdebatte, dazu ergänzender Input in Form kleiner Podien: Das war der dreitägige Verbandstag Anfang November in Magdeburg.
Der scheidende Vorsitzende Frank Überall blickte auf seine zwölf Jahre im Bundesvorstand zurück, davon vier als Schatzmeister, ehe er an die Spitze wechselte (siehe dazu auch Interview „Ein lebendiges Biotop“). Er verwies auf den Kampf um Arbeitsbedingungen, um anständige Tarife und Honorare, aber auch auf die wachsende Bedrohung von Journalistinnen und Journalisten und die Rückstufung Deutschlands im Ranking der Pressefreiheit. Der DJV müsse „gut organisiert und öffentlich wahrnehmbar“ sein, um professionell und wirkungsvoll für die Interessen des Berufs einzustehen. „Ich denke, es ist gelungen, uns in Medien und Politik entsprechend zu positionieren“, zog der Kölner für sich Bilanz und empfahl seinen bisherigen Stellvertreter Mika Beuster als Nachfolger. „Bitte schenkt ihm euer Vertrauen!“
Das taten die Delegierten: Der Lokalreporter Beuster aus dem Landesverband Hessen konnte rund 93 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Als Stellvertreterin wurde die freie Journalistin Anne Webert aus Bayern im Amt bestätigt. Zweite stellvertretende Vorsitzende ist die bisherige Beisitzerin und freie Journalistin Mariana Friedrich aus Thüringen. Katrin Kroemer aus NRW wurde als Schatzmeisterin wiedergewählt. Die Dortmunderin arbeitet unter anderem für ein Magazin und als Öffentlichkeitsarbeiterin.
Der Landesverband NRW ist mit einer zweiten Frau im neuen Bundesvorstand vertreten: Bei der Wahl um die Beisitzendenposten setzte sich Ute Korinth mit der höchsten Stimmenzahl durch. Die Dortmunder Journalistin und PR-Frau ist vielen als Vorsitzende des Bundes-Fachausschusses Online und als Organisatorin des DJV-Kongresses „Besser Online“ bekannt. Zweiter Neuzugang als Beisitzer ist der Rundfunkjournalist Jonathan Janoschka aus dem Saarland. Der Berliner Zeitungsredakteur Philipp Blanke wurde als Beisitzer bestätigt.
Auch in der Antragsdebatte meldete sich NRW immer wieder prominent zu Wort. Ein Schwerpunkt lag in Magdeburg auf Tarifen und Honoraren sowie der Absicherung von Freien: Dabei ging es unter anderem um die Stärkung der Tarifbindung, um die Forderung nach einem allgemeinverbindlichen Ausbildungstarifvertrag in den Medienunternehmen in Deutschland und um die Bezahlung von Praktika und Hospitanzen in Medienhäusern. Beauftragt wurde ein digitaler Vergütungskatalog für freie journalistische Tätigkeiten, der Kolleginnen und Kollegen eine aktuelle Orientierung für wirtschaftliches Arbeiten bieten soll und bei Gerichtsverhandlungen auch als Orientierung dienen kann.
Der NRW-Antrag zur Versicherung arbeitnehmerähnlich Beschäftigter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde mit großer Mehrheit verabschiedet: Danach wird sich der DJV beim Bundesgesetzgeber dafür einsetzen, dass es arbeitnehmerähnlichen Freien bei den Öffentlich-Rechtlichen trotz unständiger Beschäftigung möglich ist, durchgehend in den Sozialversicherungen abgesichert zu werden.
Eine längere Diskussion inklusive Unterbrechung und „Redaktionskonferenz“ im kleinen Kreis erforderte dagegen das Thema Journalismusförderung, das nach Vorstellung des DJV eben keine Zustellförderung für bedrucktes Papier sein soll. Hier galt es zwei Anträge zusammenzuführen: Der des DJV-NRW hatte eine deutlich konkretere Zielrichtung als der aus dem Bundesvorstand. In der schließlich verabschiedeten Fassung (siehe Kasten „Journalismusförderung“) fanden sich alle konkreten Punkte, die den NRW-Delegierten wichtig waren. Zwei Wochen nach dem Verbandstag war allerdings klar, dass der Bundeshaushalt vorerst keine Förderung – in welcher Ausgestaltung auch immer – hergeben wird.
In weiteren Beschlüssen sprach sich der Verbandstag unter anderem dafür aus, den Pressekodex um Richtlinien zu den Feldern Wissenschafts- und Medizinberichterstattung zu erweitern und mit ausländischen Partnerorganisationen und Gewerkschaften die Möglichkeiten eines Austauschprogramms für junge Journalistinnen und Journalisten auszuloten. Die Delegierten forderten Medienhäuser, Verlage, Pressestellen, Redaktionen sowie öffentlich-rechtliche wie private Sender dazu auf, ihren Mitarbeitenden das Gendern in journalistischen Beiträgen zu ermöglichen. Inhaltlich wie formell müssten Journalistinnen und Journalisten bei ihrer täglichen Arbeit vor jeglichen einschränkenden Vorgaben – insbesondere aus der Politik – geschützt werden.
Die große Zeitersparnis bei den digitalen Wahlen und das schlanke Antragspaket gab den Raum, sich mit weiteren wichtigen Themen der Branche auseinanderzusetzen. Zum Einstieg gab es ein medienpolitisches Gespräch zwischen Frank Überall und Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt. Robra bekannte sich zwar zur Bedeutung der Öffentlich-Rechtlichen, aber verwies darauf, dass ein höherer Rundfunkbeitrag in den Länderparlamenten derzeit schwer durchsetzbar sei. Die Politik beschädige das KEF-Verfahren zur Festlegung der Beiträge, hielten Überall und die Delegierten in der Diskussion dagegen. Robra sprach sich dafür aus, die letzte Stufe des Verfahrens politikfern zu gestalten. Bisher müssen die Länderparlamente der KEF-Empfehlung zustimmen.
Eine weitere Diskussion drehte sich um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Redaktionen. Der freie Journalist und Dozent Oskar Vitlif erläuterte, wie KI zur Unterstützung genutzt werden kann. DJV-Justiziarin Hanna Möllers klärte über die rechtlichen Aspekte auf.
Um die Bedrohung von Journalistinnen und Journalisten vor allem bei lokaler Berichterstattung ging es auf dem Panel von Moderatorin Heidje Beutel, Vorsitzende des DJV Thüringen, mit der freien Journalistin Jana Merkel, dem Geschäftsführer des European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF), Dr. Lutz Kinkel, und Jan Hollitzer, Chefredakteur der Thüringer Allgemeine.
Bedrohungen von Medienschaffenden in internationalen Kriegs- und Krisengebieten beleuchtete das Grußwort von Maja Sever, der Präsidentin der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF), die angesichts vieler getöteter Kolleginnen und Kollegen deutlich machte, dass „Presse“-Westen einen Schutz darstellen sollen – „nicht Ziele markieren“. EJF-Kollegin Renate Schröder beklagte, dass der Wert des Journalismus als öffentliches Gut zwar inzwischen von EU-Institutionen gesehen werde, aber gesetzgeberisch fehle noch „der große Wurf“.
Ganz so viele „Extras“ wird der Verbandstag im kommenden Jahr vermutlich nicht bieten. Weil 2024 keine Vorstandswahlen stattfinden, tagen die Delegierten in Ingolstadt wieder zweitägig.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
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Frank Überall hatte stets angekündigt, dass er nur für einen gewissen Zeitraum für das Amt zur Verfügung steht. Nach seinem Abschied in Magdeburg blickt er zurück.
JOURNAL: Was war Dein Anliegen, als Du vor acht Jahren für den Vorsitz kandidiert hast? Und konntest Du das umsetzen?
Frank Überall: Ich bin angetreten, weil ich das Gefühl hatte, der DJV könnte in der Öffentlichkeit präsenter sein, und ich habe die Rückmeldung erhalten, dass das gelungen ist. Der Zugang zu Öffentlichkeit erleichtert den Zugang zu Entscheidungsträgerinnen und -trägern und hilft, Themen zu platzieren. Wenn der persönliche Kontakt besteht, braucht es keine offiziellen Briefe, sondern wir können die DJV-Position im Gespräch darlegen: Unabhängig von Parteizugehörigkeit holen Politikerinnen und Politiker sich auch außerhalb des offiziellen Stellungnahmeverfahrens bei Gesetzesvorhaben Rat aus der Praxis, bei Arbeitgeberverbänden genauso wie bei Gewerkschaften. Diese Art von Lobbyarbeit, die natürlich von unseren Hauptamtlichen flankiert wird, wollte ich stärken.
JOURNAL: Hast Du ein konkretes Beispiel?
Überall: Als es um Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten ging, habe ich alle Veranstaltungen, Panels und Ähnliches genutzt, um darauf aufmerksam zu machen. Es stimmt mich wirklich zufrieden, dass das Thema jetzt bundesweit auf der Agenda ist. Das erforderte die öffentliche Aufmerksamkeit und ein Netzwerken des DJV und seiner Landesverbände mit Innenpolitik, Polizei und Polizeiausbildung. Hier in NRW gab es ja auch erfolgreiche Kooperationen des Landesverbands mit dem Innenministerium.
JOURNAL: Was hat nicht geklappt?
Überall: Wenn das Bundespresseauskunftsrecht wieder und wieder versprochen wird und trotzdem nicht kommt, dann ist das schon frustrierend.
JOURNAL: Wie hat der DJV selbst sich in den vergangenen Jahren verändert?
Überall: Wir haben uns zum Beispiel für neue Berufsfelder geöffnet, weil die Tätigkeiten längst nicht mehr so klar getrennt sind wie früher. Wir stemmen uns zusammen mit den Landesverbänden gegen den Mitgliederschwund, mit dem wir – wie viele andere Organisationen und Institutionen auch – zu kämpfen haben. Mit der geplanten Mitgliederkampagne und dem Relaunch der Webseite haben wir wichtige Schritte gemacht, deren Früchte
der DJV in Zukunft ernten wird.
JOURNAL: Es hat auch immer mal zwischen Bundesverband und Landesverbänden gehakt.
Überall: Wir haben im DJV ja ein lebendiges Biotop. Da gibt es natürlich – wie in jedem Verband oder Verein egal, welcher Art – Menschen, die unterschiedlicher Auffassung sind und auch verschiedene Strategien haben, mit Meinungsunterschieden umzugehen. Der Bundesverband kann viel in Sachen Öffentlichkeit und Repräsentanz leisten. Aber die eigentliche Arbeit mit den Mitgliedern findet in den Landesverbänden statt, bis runter vor Ort und in den Betrieben. Auch da müssen wir mit der Zeit gehen. In diesem Transformationsprozess ist Nordrhein-Westfalen weit vorne, aber viele Landesverbände sind noch nicht so weit.
JOURNAL: Nach dem zeitaufwendigen Ehrenamt, in dem Du zugleich als freier Reporter, als Hochschulprofessor und als Buchautor gearbeitet hast: Wie geht es für Dich weiter?
Überall: Ich möchte mich in Zukunft mehr fokussieren. An der Hochschule werde ich freiberuflich weiter lehren und zum Beispiel gerne auch weiter für den WDR aus dem Kölner Stadtrat berichten. Aber mein Schwerpunkt wird bei der journalistischen Plattform Kivvon liegen. Dort werde ich als Chefreporter Exklusivgeschichten und Interviews machen, aber ich möchte zum Beispiel auch einen Kanal für Köln starten – als Leuchtturmprojekt für andere Städte. Ich freue mich darauf, diese Aufbauarbeit im Digitalen journalistisch zu begleiten.
JOURNAL: Und wie geht es für den DJV weiter?
Überall: Ich bin überzeugt, mit dem neu gewählten Vorstand – vor allem mit den Schlüsselpositionen des Vorsitzenden Mika Beuster und der Schatzmeisterin Katrin Kroemer – und mit der teils neu besetzten Geschäftsstelle, in der wir Urgesteine wie Benno Pöppelmann und Kajo Döhring ersetzen mussten, liegt der DJV in guten Händen.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
]]>Wenn das Wintersemester im Institut für Journalismus und PR (JPR) an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen beginnt, stellt sich für die Studierenden im dritten Semester eine wichtige Frage: „Welche Lehrredaktion ist die richtige für mich – Online, Print, TV, Hörfunk, Podcast oder Social Media?“ Diese Entscheidung ist nicht zu unterschätzen, denn der Kurs ist für viele der Studierenden der aufwendigste in diesem Semester. Er begleitet uns Woche für Woche und lässt, zugegebenermaßen, auch manchmal einen Abend etwas länger werden als eigentlich geplant.
Denn da ist es wie im richtigen (Redaktions-)Leben: Wenn am Montag um 12 Uhr in der Lehrredaktion Online Redaktionsschluss ist, muss der Beitrag im Tauschordner hochgeladen sein. Wenn am Donnerstag um 14 Uhr in der Hörfunkredaktion der Kurs beginnt, muss der Beitrag für die Besprechung fertig sein. Von den Beiträgen hängt nicht gerade das Überleben eines Medienhauses ab, aber „es kommt einer richtigen Redaktion schon sehr nahe“, meint Studentin Chimène Goudjinou aus der Lehrredaktion Online.
Bevor wir Studierenden in die Redaktionsarbeit starten, erhalten wir – wie es bei einem Seminar üblich ist – erstmal vorbereitenden Input. Die ersten Wochen der Lehrredaktion verbringen wir in der Regel damit, uns mit dem jeweiligen Medium vertraut zu machen. Wir lernen unser Handwerk: die Handgriffe, die es braucht, um eine Reportage, einen Podcast, einen Radiobeitrag oder einen Film zu produzieren.
Die einen stellen sich ans Mikrofon in der hauseigenen Tonkabine und probieren sich im Einsprechen von Aufsagern aus, die anderen besuchen einen Fotocrashkurs. Dabei finden wir heraus, wie es ist, eine Kamera in der Hand zu halten und damit Videomaterial aufzunehmen oder Fotos zur Bebilderung unserer Magazin-Beiträge zu machen.
Die Struktur ist je nach Redaktion unterschiedlich, doch eins haben alle Seminare gemeinsam: Die Studierenden haben die Verantwortung, die Themen zu finden, die Protagonistinnen und Protagonisten zu suchen und die Beiträge zu produzieren. So gibt es im Bereich Print eine mehrköpfige Redaktionsleitung und beim Hörfunk einen CvD und einen Planer für die Themen der nächsten Woche. Alle diese Aufgaben fallen in die Verantwortung der Studierenden.
Was sie als nächstes recherchieren und produzieren wollen, besprechen die Redakteurinnen und Redakteure in wöchentlichen Redaktionskonferenzen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Treffen ist auch das Feedback zu den veröffentlichten Beiträgen aus der vorherigen Woche. Wir als Studierende können unsere eigenen Themen mitbringen und diese im Plenum diskutieren. Von Reportagen bei Geisterjägern, über Kommentare zu aktuellen politischen Themen wie dem Ukraine-Krieg und der Rolle von Frauen im Iran bis hin zu Infobeiträgen über Stress in der Prüfungsphase ist alles dabei.
Für die Produktion der audiovisuellen Beiträge gibt es im Institut professionelle Kameras, Ansteckmikrofone, eine Sprecherkabine und Stative. So entsteht in der Online-Redaktion eine Mischung aus verschiedenen Textformen, wie Reportagen und Kommentaren, die auf unserer Website tagger.de hochgeladen werden. Dort finden teilweise auch die Hörfunkbeiträge ihren Platz als Audiomodule. Die Beiträge aus der Social-Media-Redaktion werden auf dem Instagram-Account tagger_de veröffentlicht. Hier können sich die Redaktionsmitglieder ausleben: Infokacheln, Interviews, kurze Infomoderationen – alles ist erlaubt und erwünscht.
Nicht alle Redaktionen publizieren wöchentlich. Wer sich mehr Zeit lassen möchte, um sich in längeren und aufwendigeren Beiträgen auszuleben, versucht sich in der TV-, Podcast- oder Print-Redaktion: Für unseren YouTube-Kanal produzieren Zweierteams ihre eigenen Reportagen. Ebenfalls meistens als Duo produzieren die Podcaster ihre Beiträge, um sie auf Spotify hochzuladen. Im vergangenen Jahr ging es dabei zum Beispiel um „FOMO – Die Angst, etwas zu verpassen“ und um Studienabbrüche.
Die analoge Ausnahme bildet die Print-Redaktion. Das Ziel hier ist es, am Ende des Semesters ein druckfrisches Exemplar des TAGGER-Magazins in der Hand zu halten. Die Redaktionsleitung ist für die Planung der Inhalte und das Layout zuständig. Zur Finanzierung des Drucks gibt es innerhalb der Redaktion eine eigene Anzeigenabteilung, die Sponsoren ausfindig macht. Am Ende liegen die Hefte vor dem Eingang des Instituts aus, sodass sich jede und jeder JPR-Studierende ein kostenloses Exemplar sichern kann.
Die Lehrredaktionen zeichnet eine gute Atmosphäre aus. Bei meiner Arbeit für die Lehrredaktion Hörfunk gab es zwar des Öfteren Zeitstress, aber die redaktionelle Zusammenarbeit war angenehm und vertraut. Auch meine Kommilitoninnen und Kommilitonen berichten aus ihren Redaktionen, dass die Stimmung nach sehr kurzer Zeit schon sehr eingespielt, fast schon familiär war. Sehr viel Austausch führt eben zu einem vertrauten Verhältnis, sowohl zwischen den Studierenden und den Lehrenden als auch unter den Studierenden.
Jeder Artikel, jede Episode, jeder Beitrag wird im Plenum offen diskutiert, um am Ende das Bestmögliche herauszuholen. „Es ist natürlich schön, wenn man Tagger als Plattform nutzen kann, um seine hart erarbeiteten Beiträge, an denen wir so lange getüftelt, für die wir Interviewpartner und Protagonisten gesucht haben, an die Öffentlichkeit zu bringen“, meint Paul Niehues, der die Lehrredaktion im letzten Jahr absolviert hat.
Fazit: Bei Tagger produzieren wir nicht nur, um zu üben, sondern, um auf Themen aufmerksam zu machen. Wir können unsere eigenen Projekte mit allen nötigen Freiheiten umsetzen und tragen dafür Verantwortung. „Die Lehrenden versuchen, sich dabei meistens eher im Hintergrund zu halten, doch helfen und motivieren sie an den nötigen Stellen“, sagt Prof. Dr. Katharina Heimeier, Leiterin der Print-Redaktion. Und wer sich auch in einer anderen Lehrredaktion ausprobieren möchte, kann sie später als Wahlkurs belegen.||
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Wer festangestellt für einen Verlag oder eine Sendeanstalt arbeitet, ist automatisch über eine Berufsgenossenschaft (BG) abgesichert. Genauso sind Freie, die über ihre Anstalt sozialversichert werden, bei diesen Aufträgen versichert wie Angestellte. Dagegen müssen sich „echte“ Freie, die als Selbstständige Einkommensteuer zahlen und in der Künstlersozialkasse sind, bei Bedarf selbst um diesen Schutz kümmern. Sie können sich freiwillig bei einer BG versichern und sollten das auch tun, denn die Mitgliedschaft in der BG ist nicht teuer.
Die Vorteile: Versicherte können bei berufsbedingten Unfällen Krankentagegeld beziehen und haben Anspruch auf Reha-Maßnahmen der BG, die über die anderer Sozialversicherungsträger hinausgehen. Bei dauerhaften Unfallschäden kommt eine Unfallrente in Betracht. Im Todesfall sind auch Angehörige abgesichert: Die BG-Unfallrente für die Angehörigen wird zusätzlich zur Hinterbliebenenrente der normalen Rentenversicherung gezahlt. Dies gilt im Übrigen auch, wenn der Schaden in Krisen- und Kriegsgebieten eintritt, Deswegen empfiehlt der DJV die freiwillige Unfallversicherung bei Auslandseinsätzen besonders. Und auch wer freiberuflich im Inland arbeitet, sollte die freiwillige Unfallversicherung als zusätzlichen Schutz neben der Künstlersozialversicherung abschließen. Das gilt nicht nur, wenn man etwa wegen Recherchen viel unterwegs ist oder von potenziell gefährlichen Veranstaltungen berichtet wie emotional aufgeheizte Demonstrationen oder Fußballspiele. Abgedeckt ist auch ein Unfall im Homeoffice, wenn sich der Zusammenhang mit der Arbeit nachweisen lässt.
Freie Journalistinnen und Journalisten wenden sich dafür an die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG). Sie können den Antrag zur Mitgliedschaft unkompliziert online stellen – ohne Gesundheitsprüfung – und dabei ihre Versicherungssumme festlegen. Diese bildet die Grundlage für finanzielle Leistungen (etwa Krankentagegeld), stellt allerdings nicht – wie bei einer privaten Versicherung – die Höchstgrenze der zu erbringenden Leistungen dar. Der niedrigste Monatsbeitrag – bei einer Versicherungssumme von 24 444 Euro liegt für freie Journalistinnen und Journalisten bei 5,25 Euro im Monat.
Zusätzlich können freiwillig Versicherte Weiterbildungsangebote und Beratungsleistungen ihrer BG nutzen. So bietet die VBG ihren Versicherten 2024 zahlreiche Seminare und Weiterbildungen zu Themen wie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an.
Auch für pflichtversicherte Angestellte und arbeitnehmerähnliche Freie kann eine zusätzliche freiwillige Unfallversicherung in der BG interessant sein. Das gilt immer dann, wenn sie zusätzliche freie Aufträge annehmen. Denn für berufliche Wege- und Arbeitsunfälle, die jenseits der Festanstellung passieren, würde die BG des Arbeitgebers nicht aufkommen.||
Fragen zur Versicherung in der Berufsgenossenschaft beantwortet der DJV-Freienreferent Michael Hirschler: Tel. 02 28 201 72 18, hir@djv.de.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
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Rund die Hälfte der DJV-Mitglieder arbeitet freiberuflich. Ihr Informationsbedürfnis ist naturgemäß sehr unterschiedlich – je nachdem, für welche Medienbereiche sie journalistisch arbeiten (Tageszeitungen, Zeitschriften, Online, öffentlich-rechtliche oder private Sender) oder ob sie vorwiegend im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unterwegs sind. Genauso haben Freie zum Start ihrer beruflichen Tätigkeit ganz andere Fragen als Menschen, die schon länger selbstständig arbeiten. Und auch je nach Alter und Lebenssituation ergeben sich unterschiedliche Fragestellungen.
Seine zahlreichen berufsrelevanten Informationsangebote für diese vielfältige Zielgruppe hat der DJV jetzt mit einem neuen Portal gebündelt: abrufbar unter freien.info.
Die Seite bietet gut sortierte Infos zu den Themen „Erfolgreich starten“, „Besser verkaufen“ (inklusive Honorare verhandeln), „Tantiemen kassieren“ (VG Wort und VG BildKunst), „Zufrieden arbeiten & leben“ (unter anderem zu Versicherungen) und zum Arbeiten in den verschiedenen Medienbereichen sowie im Hinterland oder im Ausland.
Das Freien-ABC enthält unter anderem Tipps zu Ausfallhonorar, Kinderkrankengeld, Mutterschafts- und Elterngeld, zu Künstlersozialkasse, Scheinselbstständigkeit, Vergütungsregeln, Urheberrecht und Zahlungsverzug. Zu finden sind hier auch Links zu wichtigen Honorarübersichten.
Unter dem Reiter Aktuelles & Termine finden sich aktuelle Nachrichten, Veranstaltungen für Freie und der Link zum Freien-Blog und zur Presseschau./
Eine Meldung aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
]]>Die Anwendung ruft Webseiten von Nachrichten- und Informationsanbietern in einem Land ab und übermittelt die Daten über deren technische Erreichbarkeit an OONI, wo sie gesammelt und ausgewertet werden. Die analysierten Daten zur Erreichbarkeit oder Blockierung bestimmter Webseiten können dann von den Nutzenden eingesehen werden.
„News Media Scan by DW“ ist kostenlos und zunächst nur für Android-Geräte im Google Play Store erhältlich.
Eine Meldung aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.
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