Bei Qantara, dem mehrsprachigen Portal für den Dialog mit der islamischen Welt, steht ein Einschnitt bevor. Ab dem 1. Juli ist das Institut für Auslandbeziehungen (ifa) in Stuttgart alleiniger Träger des Onlinemagazins. So möchte es das Auswärtige Amt (AA), in dessen Auftrag das ifa für den internationalen Kulturaustausch zuständig ist.
Bisher war Qantara, das aus AA-Mitteln finanziert wird, bei der Deutschen Welle (DW) in Bonn angegliedert. Wegen unsicherer Zuschüsse drohte bereits zweimal das Aus, zuletzt vor knapp zwei Jahren (siehe JOURNAL 3/22). Seit Juli 2023 teilten sich DW und ifa auf Wunsch des AA die Trägerschaft.
Die fünfköpfige Qantara-Redaktion erklärte nach Bekanntwerden der Pläne, dass sie aufhören wolle, weil sie unter der geänderten Trägerschaft um die redaktionelle Unabhängigkeit fürchte. Ein Vorwurf, gegen den sich das ifa wehrte. In einer Pressemitteilung verwies das Institut auf „fundierte und langjährige redaktionelle Erfahrungen“, unter anderem mit der Zeitschrift Kulturaustausch und den mehrsprachigen Plattformen Contemporary und América Latina. Allerdings geht es bei diesen Publikationen um Kulturthemen, nicht um politische Berichterstattung, die ein wesentliches Standbein von Qantara ist.
Die freigewordenen Stellen hat das ifa für den Redaktionssitz Stuttgart zum 1. Juli ausgeschrieben – alle befristet auf ein Jahr. Darunter neben Stellen für die deutsch-, englisch- und arabischsprachige Redaktion auch die Chefredaktion. Der bisherige verantwortliche Redakteur Loay Mudhoon bleibt als Nahostexperte bei der DW. Er war für die Position an Qantara entliehen.
Auf Qantara (arabisch für Brücke) publizieren unter anderem Autorinnen und Autoren, die in ihrem eigenen Land nicht frei schreiben können. Seit 2003 veröffentlicht das Portal Beiträge, die über das Angebot normaler Nachrichtenseiten hinausgehen: etwa zu den Folgen des Kriegs im Nahen Osten für umliegende Staaten, zur humanitären Katastrophe im Sudan, zur Reform des Familienrechts in Marokko, zu Musik aus der Westsahara, zu arabischen Filmemacherinnen oder feministischer Kunst aus Afghanistan und zu türkischer Literatur aus dem Gefängnis./
Eine Meldung aus JOURNAL 2-24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2024.