Das Deutschlandradio hat einen neuen Intendanten: Nachfolger von Willi Steul wird Stefan Raue, bisher Chefredakteur für Fernsehen, Radio und Online beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Der Rundfunkrat hat Raue am 8. Juni mit 26 von 36 Stimmen gewählt. Erforderlich war eine Zweidrittel-Mehrheit. Der 58-Jährige tritt sein Amt zum 1. September an.
Raue startete seinen beruflichen Werdegang beim WDR. Nach Stationen bei Rias-TV und ZDF holte ihn der damalige MDR-Intendant Udo Reiter 2011 als trimedialen Chefredakteur nach Leipzig. Erfahrungen und Amtsführung fand der Verwaltungsrat des Deutschlandradios so überzeugend, dass er den gebürtigen Wuppertaler im April einstimmig zur Wahl vorschlug.
Medienberichten zufolge war es allerdings nicht ausgemacht, dass Raue im Rundfunkrat die ausreichende Stimmzahl erreichen würde. Zwar sei an dem Kandidaten selbst nicht auszusetzen. Der Rundfunkrat fühlte sich aber zum „Abnickverein“ degradiert, weil er nur über einen Kandidatenvorschlag abstimmen dürfe. Genau so steht es allerdings im Staatsvertrag: Der Verwaltungsrat schlägt eine Person vor, der Rundfunkrat entscheidet.
Nach der Wahl Raues hat der Rundfunkrat angekündigt, gegenüber dem Gesetzgeber die Initiative zu ergreifen, um die Rolle des Hörfunkrats im Wahlverfahren zu stärken. Die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Verwaltungsrat haben hierfür bereits ihre Unterstützung signalisiert.
Auch wenn der Hörfunkrat Raue nun mit lobenden Worten als den richtigen Mann präsentierte, „um das Profil von Deutschlandradio in der Debatte zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter zu schärfen“: Im Vorfeld war zu hören, dass viele Mitglieder lieber Andreas-Peter Weber an seiner Stelle gesehen hätten, den Programmdirektor des Deutschlandradios. Er war unter den vier Kandidaten, mit denen der Verwaltungsrat gesprochen hatte, soll aber keine Chance auf die Nominierung gehabt haben.
Der scheidende Intendant Dr. Willi Steul hatte im November 2016 sein Amt vorzeitig zur Verfügung gestellt, ursprünglich zum 1. Mai. Allerdings hatte sich die Suche nach einem Nachfolger verzögert. Steul leitete das Deutschlandradio seit 2009 und hat das Haus ab 2012 durch einen teilweise schwierigen Reformprozess geführt. Im Umgang mit der Belegschaft bewies er dabei nicht immer eine glückliche Hand.
Für eines der jüngst abgeschlossenen Projekte, die Umbenennung der Deutschlandradio-Programme, soll sich Programmdirektor Weber stark gemacht haben: Seit dem 1. Mai heißen die Programme Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova, um die Verwandtschaft zu unterstreichen. Die Webadressen dazu heißen deutschlandfunk.de, deutschlandfunkkultur.de, deutschlandfunknova.de.
Der Name Deutschlandradio bleibt trotzdem erhalten. Er bezeichnet die Körperschaft und wird in der Medienpolitik, für Arbeitgeber oder in den Mailadressen der Mitarbeiter weiterverwendet. In der Kommunikation nach außen sollen aber die drei Programme im Vordergrund stehen.