Die Neuerscheinung „Die Bergischen Medien – Historische Entwicklung und aktuelle Strukturen“ stellt erstmals die Geschichte der Presse im Bergischen Land, die Entwicklung der Medienlandschaft und den aktuellen Stand der Medienstruktur dar. Das Buch nimmt einen medienpolitisch interessanten Ausschnitt Nordrhein-Westfalens in den Fokus: Wuppertal ist „Einzeitungskreis“, seit der damalige WAZ-Konzern (heute Funke Mediengruppe) 1981 die Wuppertaler Ausgabe der NRZ dichtmachte. Dagegen können die deutlich kleineren „Schwesterstädte“ Solingen und Remscheid jeweils zwei Tageszeitungen vorweisen, neben dem Solinger Tageblatt die Solinger Morgenpost (Rheinische Post), in Remscheid neben dem Remscheider General-Anzeiger die Bergische Morgenpost (ebenfalls RP). 1981 war Wuppertal bundesweit der erste Einzeitungskreis. Heute gilt dies als Folge der Pressekonzentration für mehr als die Hälfte der 400 Städte und Kreise mit über 100.000 Einwohnern.
Einschneidend waren die 1970er Jahre, als die elektronischen Medien in den Markt der regionalen Printmedien eintraten. So eröffnete der WDR im Zuge seiner Regionalisierung zunächst des Hörfunks in Wuppertal ein Büro, aus dem einige Jahre später ein eigenständiges Studio wurde. Der journalistische Wirkkreis des WDR-Studios ging und geht allerdings über den Bereich der drei Städte hinaus ins bergische, ober- und niederbergische Umland. Mit der Zulassung von privaten Lokalradios wurde die Medienszene Ende der 1980er Jahre nochmals signifikant erweitert. Es entstanden zwei Lokalsender, Radio Wuppertal und Radio RSG als gemeinsamer Sender für Remscheid und Solingen.
Erste Bergische Pressegeschichte erschien 1979
Mit der Bergischen Pressegeschichte seit 1945, mit der beginnenden Pressekonzentration und den Herausforderungen für den Lokaljournalismus hatte sich zunächst in den 1970er Jahren Martin Stadtler befasst, Student der Kommunikationswissenschaft und Publizistik an der Universität Münster. Daraus entstand später seine Magisterarbeit beim Medienhistoriker Prof. Winfried B. Lerg.
Als Buch wurde diese Pressegeschichte 1979 in Wuppertal vorgelegt: bei einem Verbandstag des Rheinisch-Westfälischen Journalisten-Verbands (RWJV, so der damalige Name des DJV-Landesverbands Nordrhein-Westfalen). Vorsitzender des Vereins Bergische Presse (VBP, heute Bergischer Journalistenverein – BJV) im RWJV bzw. DJV-NRW war damals Michael Kroemer, der spätere DJV-Landesvorsitzende. Kroemer war zu diesem Zeitpunkt Pressesprecher der Bergischen Universität, davor von 1970 – 1977 Redakteur der Westdeutschen Zeitung, Wuppertal.
Als Forschungsprojekt ausgeschrieben
Jahrelang diskutierte der VBP und später der BJV über eine Fortschreibung der Bergischen Mediengeschichte, bis Michael Kroemer 2016 die Federführung für das Projekt übernahm. An der Westfälischen Fachhochschule Gelsenkirchen wurde es hochschulöffentlich ausgeschrieben – verbunden mit einem vom BJV ausgesetzten Honorar von 2.000 Euro. Das Projekt fand Anklang: Mareike Manthey aus Quedlinburg widmete 2016 ihre Bachelorthesis der Thematik, betreut von Prof. Christine Fackiner, Leiterin des Studienschwerpunkts „Journalismus und PR“. Die Arbeit wurde mit sehr gut bewertet. Damit lag die Fortschreibung vor, ein wesentlicher Beitrag für die Neuerscheinung.
Der Urheber der ersten Bergischen Pressegeschichte, Martin Stadtler, hat seine Arbeit von damals kritisch durchgesehen und Korrekturen sowie einige Ergänzungen vorgenommen. Weiterer Bestandteil der jetzigen Veröffentlichung ist ein Interview von 1986 zum Ergebnis einer repräsentativen Meinungsumfrage in Wuppertal, die Prof. Volker Ronge ein Jahr zuvor durchgeführt hatte. Der ehemalige Geschäftsführer von Infratest war 1982 als Professor für Soziologie nach Wuppertal berufen worden und war von 1999 bis 2008 Rektor der Bergischen Universität. Seine damaligen Erkenntnisse und Aussagen waren bemerkenswert vorausschauend.
Ergänzt wird die Veröffentlichung zur Bergischen Mediengeschichte und -struktur durch Interviews mit Kennern und Akteuren der bergischen Medienszene. Zu Wort kommen die Zeitungsverleger Bernhard Boll (Solinger Tageblatt, Remscheider General-Anzeiger) und Dr. Wolfgang Pütz (ehemals Remscheider General-Anzeiger – RGA), der ehemalige Wuppertaler Presseamtsleiter Prof. Ernst-Andreas Ziegler, der ehemalige WDR-Studioleiter Hajo Jahn, Rundschau- und TOP-Magazin-Redaktionsleiter Hendrik Walder, Medienforscher Horst Röper (Formatt-Institut, Dortmund) und der BJV-Vorsitzende Wilhelm Hölzer, ehemaliger Redakteur im WDR-Studio Wuppertal. Beiträge von Frank Sonnenberg, freier Journalist in Wuppertal, und Hanskarl Willms, ehemaliger Chefredakteur des RGA, runden das Spektrum ab. Koordination und Redaktion des Buchs lagen in Händen von Michael Kroemer.
Der DJV-Bundesvorsitzende Prof. Frank Überall würdigte die Erscheinung mit den Worten: „Am Beispiel der Geschichte journalistischer Produkte im Bergischen Land lässt sich nachvollziehen, welchen Wert Medien für die Gesellschaft haben. Die Bestandsaufnahme von Vorhandenem und Vergangenem zeigt, inwieweit kultureller Pessimismus berechtigt ist und was man daraus für die erst begonnene digital geprägte Ära lernen kann: Vielfalt, Professionalität und Unabhängigkeit sind für den Journalismus genauso vitale Grundvoraussetzungen wie eine tragfähige Finanzierung.“
(„Die Bergischen Medien – Historische Entwicklung und aktuelle Strukturen“, herausgegeben vom Bergischen Journalistenverein im DJV-NRW; 308 Seiten, ISBN-10 3-935819-52-7, DJV-Verlags- und Service GmbH, Bonn, 9,90 €.)
Ansichtsexemplare können (für DJV-Mitglieder kostenlos) angefordert werden bei:
Wilhelm Hölzer: w.hoelzer@gmx.de
Michael Kroemer: kroemer.dortmund@web.de
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/18, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im August 2018.