Mehrfach hat die russische Regierung der Deutschen Welle (DW) in den vergangenen Wochen Einmischung in innere Angelegenheiten vorgeworfen und mit dem Entzug der Sendelizenz gedroht. Konkret soll die DW zur Teilnahme an ungenehmigten Protesten aufgerufen haben – per Tweet. Tatsächlich hatte die Redaktion über eine verbotene Demonstration in Moskau getwittert und einen Sprechchor der Demonstranten zitiert.
Nach Annahme der russischen Regierung könnten die Proteste in Moskau vom Ausland unterstützt sein. Das hat eine Kommission des Sicherheitsausschusses der Staatsduma untersucht und hatte Vertreter des Deutschen Auslandssender quasi vorgeladen, wie DW-Intendant Peter Limbourg es formulierte. Die Drohung mit dem Entzug der Akkreditierung zeige den Charakter dieser Einladung. Man sei gesprächsbereit, aber „sollte sich schon auf die Rahmenbedingungen eines Dialoges einigen“. Schriftlich betonte die DW gegenüber der Duma, dass ihre Berichterstattung die Regeln des ausgewogenen Journalismus befolge. „Das schließt eine etwaige Einmischung in innere Angelegenheiten jedweder Staaten aus.“
Nachgelegt wurde von der Duma-Kommission der Vorwurf, in Berichten der DW gäbe es „Hinweise auf die Rechtfertigung von Extremismus“. Als Belege wird ein Beitrag von 2009 herangezogen, in dem es um die Bekämpfung von Terrorismus im Nordkaukasus ging, sowie die Berichterstattung über einen verurteilten Blogger.
Die Kommission soll ihre Untersuchung nun abgeschlossen und das Außenministerium aufgefordert haben zu prüfen, ob die Deutsche Welle weiterhin im Land arbeiten dürfe. Mögliche Sanktionen reichen von der Verwarnung bis hin zum Entzug der Akkreditierung.
Der DW-Rundfunkrat hat die Vorwürfe der russischen Kommission im September zurückgewiesen. Die Berichterstattung sei in keiner Weise zu beanstanden, heißt es aus dem Gremium.
Das Verhältnis zwischen der Welle und der russischen Regierung ist schon länger angespannt. Im August war DW-Korrespondent Sergej Dik von Spezialeinsatzkräften festgenommen worden, als er über Demonstrationen in der russischen Hauptstadt berichten wollte. Seine Akkreditierung sei „irgendein wertloses Dokument“, hieß es damals. Nach rund eineinhalb Stunden kam Dik wieder frei.
DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall forderte ein Ende der Polizeiwillkür gegen Korrespondenten. Auch die Bundesregierung erinnerte daran, dass die russische Föderation sich zu den Prinzipien von OSZE und Europarat mit Sicherung der Versammlungsfreiheit und der freien Meinungsäußerung bekannt habe. Diese müsse sie auch einhalten./
Ein Beitrag aus JOURNAL 5/19, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2019.