Um sich der Fragestellung „Wie funktioniert Klimajournalismus auf lokaler Ebene?“ zu nähern, bedurfte es im entsprechenden Werkstattgespräch einer Arbeitsgrundlage: Erstens, wir haben eine Klimakrise, und zweitens, sie ist von großer journalistischer Relevanz auch im Lokaljournalismus.
Auf diesem Fundament entwickelte sich ein multiperspektivischer sachlicher Austausch und Radiojournalist Kay Bandermann surfte als Moderator des Panels gekonnt „von der schmelzenden Eisscholle zu den Klimafolgen vor Ort“: vom globalen Großen ins kommunale Kleine.
Vom Schreiben zum Tun
Der freie Journalist und Nachhaltigkeitsmanager Frank Sonnenberg berichtete, wie sich aus einer Veranstaltung des Bergischen Journalistenvereins zu den globalen Klimathemen Wald, Wetter, Wasser ein Digitaler Bergischer Medienabend mit überregional zusammenarbeitenden Journalistinnen und Journalisten entwickelt hat. Als die Wupper im Juli 2021 das Land überschwemmte, veröffentlichten sie eine fundierte Berichterstattung zur Hochwasserkatastrophe im Solinger Tageblatt, und daraus wiederum entstand eine Initiative zum Hochwasserschutz.
Mit der Angst, von Wasser überspült zu werden, leben die Menschen auf Pellworm, denn ihre Insel liegt einen Meter unter dem Meeresspiegel. Vor zwei Jahren recherchierte Ricarda Richter von ZEIT Green mit ihrem Henri-Nannen-Lehrgang eine Woche vor Ort — 18 Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten, die im Anschluss für verschiedene Ressorts schreiben wollten, nur zwei von ihnen für das Thema Klima. „Letztlich haben wir aber alle über die Zukunftsfragen geschrieben“, sagte sie. Und als wiederkehrendes Motiv tauchte auf: die Gans. Sie bleibt bei wärmeren Temperaturen länger auf der Insel, frisst zu viel und zerstört damit Grundlagen für Schafe und Menschen.
Noch Luft nach oben
Zwei gute lokaljournalistische Beispiele — reicht der Klimajournalismus in Deutschland also aus? Ingo Wagner vom Verein KlimaDiskurs.NRW sagt Nein. „Es gibt viele gute Projekte und Ideen, aber in der Gesamtbreite ist noch Luft nach oben.“ Wagner glaubt, dass es in den Redaktionen die Journalistinnen und Journalisten gibt, die Klimathemen machen wollen, aber eben auch die, die sie verhindern.
Die Diskussion über mögliche Bremser einer kontinuierlichen und übergreifenden Klimaberichterstattung führte schnell zu einer anderen zentralen Frage: Braucht es die regelmäßige Klimaseite oder sollte Klima ein Querschnittsthema sein? Da gab es Pro und Contra im Publikum: Wunderbare Klimaseiten schlössen zusätzliche konstruktive Klimaberichte anderer Kolleginnen und Kollegen in anderen Ressorts keineswegs aus; es sei aber auch gut möglich, dass die Klimaseite nur an Einzelnen kleben bleibe.
„Alle müssen sich mit Klimathemen beschäftigen“, forderte eine Teilnehmerin des Werkstattgesprächs. Zur Wahrheit gehört laut Ricarda Richter jedoch auch: „Es dauert, bis man die Zusammenhänge alle versteht, das schafft man sich nicht mal eben drauf.“ Sie erzählte, dass das interne ZEIT-Seminar Grundlagen der Klimawissenschaft stets „rappelvoll besetzt“ sei. Und machte in anderer Hinsicht wieder Mut: Pellworm habe ihr gezeigt, wie einfach sich auf einer kleinen Skala die globalen Klimazusammenhänge verstehen lassen. Ihr Fazit diesbezüglich: „Lokaljournalismus macht viel Spaß!“||
Ein Beitrag in Ergänzung zu JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.