GLOSSE

NEULICH… Journokalypse now

17. Dezember 2019, .stan

Fürchterliche Blitze durchzuckten den blutroten Himmel, warfen grelle Lichter auf die Reiter. Tiefes Grollen ließ das Tal erzittern. Putz bröckelte von den Wänden. Alle bangten, auch die rotierenden Rollen könnten aus den Halterungen springen. Doch das Papier sauste. Die Reiter der Journokalypse rissen an den Zügeln, die Pferde stellten sich wiehernd auf. Der erste Reiter erhob seine Stimme. Die Worte vibrierten durch Mark und Bauch: „Jungs, wir sind wieder zu früh. Die drucken immer noch.“

Wir applaudierten. Klaus war mit diesem Beitrag zweifellos der Sieger unseres Geschichten-Wettbewerbs. Wir nannten es Stammtischtelling. „Was meint ihr“, fragte Klaus, „soll ich noch ein paar Sätze anhängen? Etwa so: Die Reiter stoben, TikTok TikTok, zurück ins Land Online. Dort warteten bereits neue Trends auf Vernichtung, weil sie von allerneuesten Trends abgelöst werden mussten …“

Nicht übertreiben, Klaus. Die besten Trends, da waren wir uns einig, sind guter Journalismus und verstärktes Überprüfen von Tatsachen. „Die Faktenchecks zeigen Wirkung“, strahlte Karin. „Jetzt klagen schon Rechtsaußen-Blogger dagegen, dass sie überprüft werden. Natürlich vergeblich.“ Wir grinsten uns an. Weitermachen!

Karins Story-Versuch hatten wir übrigens schnell abgewürgt. „Kauft ein Ehepaar einen Verlag …“ war als Einstieg ja nicht schlecht, klang aber doch eher wie der Beginn eines Witzes. Da hatte uns das Katastrophen-Szenario von Marie mehr aufgeschreckt: Heuschrecken, die sich verheerend durch Springer-Redaktionen fraßen. „Auch nicht gerade lupenreine Verleger, diese Finanz-Hüpfer“, stellten wir fest. Bei Verlegern dürfen wir unsere Ansprüche wohl nicht mehr allzu hoch hängen.

Obwohl … Sie hatten zumindest die Politik noch immer fest im Griff. Leistungsschutzrecht, Steuersenkung bis ins Digitale, bald Subventionen für Zeitungsboten – die Verleger sahnen ganz schön ab zurzeit. Darin sind sie gut. „Privilegien ohne Ende“, stöhnte Manni. „Wegen ihrer gesellschaftlichen Bedeutung. Und was tun sie dafür? Streichen, entlassen, zusammenlegen, dichtmachen …“

In Ostwestfalen-Lippe zum Beispiel fusionieren und kooperieren die Verlage gerade wild durcheinander, tauschen Seiten aus, auch lokale, schließen Redaktionen wie die vom Westfalen-Blatt in Gütersloh. „Ist es das“, fragte Gerda, „was die Politiker dauernd belohnen wollen? Vielleicht sollte man an die Steuer-Millionen für die Zustellkosten die Bedingung knüpfen, dass die verteilte Zeitung auch eine Redaktion vor Ort hat.“ Gute Idee.

Ein Beitrag aus JOURNAL 6/19, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2019.