Auch wenn die Rente in jüngeren Jahren noch weit weg ist: Mit dem Thema Altersvorsorge kann man sich nicht früh genug befassen. Am besten tatsächlich, wenn man ins Berufsleben einsteigt. Deswegen gelten alles Tipps in diesem Text ganz unabhängig vom eigenen Alter.
Wer seine jährliche Renteninformation mit 50 Jahren oder noch später das erste Mal ausführlich anschaut, ist allerdings etwas spät dran. Doch gibt es auch in diesem Alter noch Möglichkeiten, Geld für die Rente zurückzulegen. Schlecht wäre nur, gar nicht zu handeln.
Wer altersbedingt aus dem Arbeitsleben ausscheidet, kann derzeit damit rechnen, dass die Rente rund 48 Prozent des heutigen Einkommens betragen wird. Wohlgemerkt: Wenn man 45 Jahre lang Beitragszahlungen auf Basis eines durchschnittlichen Einkommens geleistet hat.
Wie hoch die individuelle Rente im Alter von 67 Jahren plus sein wird, zeigt der genauere Blick auf die jährliche Renteninformation. Dort findet man Hinweise zur „künftigen Regelaltersrente“, zu Rentenanpassungen und zum „zusätzlichen Vorsorgebedarf“. Was das alles bedeutet, erklärt Katja Braubach aus der Pressestelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (siehe Interview unten „Nicht nur die Summe zählt“).
Erstmal Bestandsaufnahme
Wichtig ist als nächstes, die Versorgungslücke zu berechnen. Dazu trägt man alle möglichen Rentenarten zusammen, beispielsweise Leistungen aus dem Presseversorgungswerk oder der Pensionskasse Rundfunk, eine Riester- oder Rürup-Rente und natürlich das, was man von der Deutschen Rentenversicherung als gesetzliche Rente bekommen wird. Das geht am schnellsten mit der digitalen Rentenübersicht (siehe Kasten „Die digitale Rentenübersicht“).
Die digitale Rentenübersicht
Im Ergebnis hat man dann auf einen Blick alle Renteninformationen zusammen. Um sich die Daten des Presseversorgungswerks anzeigen zu lassen, muss man die Anfrage derzeit noch bei der Allianz stellen. Das ändert sich gerade. Falls es von dort keine Info gebe, müsse man seine Steuer-ID melden, heißt es beim Presseversorgungswerk. Das betreffe aber nur wenige Kundinnen und Kunden./bb
Von dieser Gesamtrente zieht man seine künftigen Ausgaben ab: Also Versicherungsbeiträge und Steuern sowie die monatlichen Ausgaben fürs Leben. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung wird man nicht mehr benötigen, und wer Wohneigentum hat, muss keine Miete mehr einkalkulieren, wohl aber Kosten für Energie und ähnliches.
Bei der Berechnung sollte man von einem zu erwartenden Alter von 100 ausgehen, falls man bisher keine Vorerkrankungen hat. Wer also herausfindet, dass im Monat eine Versorgungslücke von 200 Euro zu schließen ist, braucht pro Jahr 2.400 Euro. Und für die 33 Jahre zwischen 67 und 100 Jahren entsprechend 79.200 Euro – ohne Berücksichtigung der Inflation.
Die Höhe der Versorgungslücke gibt also Auskunft darüber, wie viel Geld man möglichst ansparen sollte, bis man aus dem Berufsleben aussteigt. Sollte diese Summe höher sein als das, was man schon zurückgelegt hat, bleibt nur, eisern zu sparen – am besten ab sofort und später auch in der Rente. Oder man muss sich darauf einrichten, länger zu arbeiten.
Auch kleinere Sparraten helfen
Aber Stefanie Kühn, unabhängige Honorarberaterin aus Westerstede, macht Hoffnung: „Es ist nie zu spät, noch etwas für die Rente zu tun. Mit 50 oder auch mit 55 Jahren hat man noch gute zehn Jahre“. Ihr erster Tipp: Als Freiberufler und Freiberuflerin einmal prüfen, ob die monatlichen Zahlungen an die Künstlersozialkasse realistisch sind. Denn wer dort weniger einzahlt, als er eigentlich aufgrund des Einkommens müsste, riskiert nicht nur Ärger bei einer Prüfung, sondern schadet sich längerfristig selbst. Schließlich berechnet sich auch die künftige Rentenhöhe nach dem gemeldeten Einkommen.
Zweiter Tipp: „Wer in einen ETF-Sparplan einzahlt, kann die Versorgungslücke mindestens verkleinern. Das geht sogar schon ab einem Euro monatlich – wobei man damit natürlich nicht weit kommen wird“, sagt Kühn.
Denjenigen, die eher wenig verdienen, rät sie: „Oft kann man verfügbares Geld freischaufeln, indem man ein Haushaltsbuch führt und sieht, wofür man unnötig Geld ausgibt. Ich rate auch dazu, die Kfz- oder private Haftpflichtversicherung zu prüfen. Neue Verträge sind häufig günstiger – und nicht zwingend schlechter“. Das gilt häufig auch für Mobilfunk- oder Internettarife.
Auch die Ausgabenseite prüfen
Sinnvoll kann außerdem sein, zu überprüfen, ob man in den vergangenen Jahren regelmäßig Beiträge bei der VG Wort gemeldet hat (siehe auch: „Bitte kein Geld verschenken!“). Auch diese jährlichen Zahlungen kann man zur Seite legen – und zwar nicht einfach auf ein Sparkonto: „Die Zinsen dort sind zu niedrig. Ist die Inflation höher als die Zinsen, macht man mit dieser Sparform Verluste. Langfristig betrachtet bringt ein breitstreuender ETF (siehe Kasten „Was ist ein ETF?“) eine bessere Rendite“, sagt die Finanzfachfrau. „10 oder gar 15 Jahre sind lang genug, um Kursschwankungen ausgleichen.“ Hinzu kommt, dass man mit dem Ausscheiden aus dem Beruf nicht die gesamte Summe benötigt, sondern jährlich nur so viel entnimmt, wie man braucht, um die Versorgungslücke möglichst zu schließen. Das restliche Geld kann dort also weiterarbeiten und Rendite abwerfen.
Was ist ein ETF?
Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Portfolios an veränderte Marktbedingungen und persönliche Lebensumstände sowie ein möglichst langer Anlagezeitraum sind darum wichtig./bb
Stefanie Kühn rät davon ab, das freie Geld etwa in einen Bausparvertrag anzulegen: „Die Kosten sind hoch, die Verträge häufig intransparent. Außerdem sind die Produkte nicht flexibel und man weiß nicht, welche Rendite man am Ende bekommt“, sagt sie. Auch in eine Immobilie würde sie im höheren Alter nur investieren, wenn ausreichend Geld vorhanden ist: „Zwar kann man da im Alter mietfrei wohnen, aber essen kann man die Wohnung nicht. Und: Um sie in Schuss zu halten, benötigt man auch Geld.“
Wer dagegen beispielsweise in ETFs wie den MSCI World oder MSCI World all Country oder vergleichbare investiere, streue sein Geld von Anfang an über mehr als 1.500 Unternehmen. „Damit hat man eine gute Risikominimierung“, sagt sie. Das Geld müsse dort auch nicht für immer liegen: Je eher man es braucht, desto wichtiger ist es, die entsprechenden Beträge von der Börse abzuziehen und sicher, aber mit geringer Rendite zum Beispiel auf ein Tagesgeldkonto zu legen.
Dort sollte möglichst auch eine Notfallreserve liegen. „Ich empfehle drei bis sechs Monatsgehälter“, sagt Stefanie Kühn. „Damit lässt sich leichter abfedern, wenn ein Auftrag oder sogar ein Kunde wegbricht oder unerwartete Ausgaben anstehen.“||
Nicht nur die Summe zählt
Wie lese ich die Renteninformation? Das erklärt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung Bund.
JOURNAL: Die jährliche Renteninformation steckt voller Informationen. Worauf sollte man besonders achten?
Katja Braubach: Es ist sinnvoll, den gesamten Text des Schreibens zu lesen. Denn da stecken viele Informationen drin. Im ersten Absatz wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass von den genannten Rentenbeträgen noch Steuern, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abgehen. Wir erleben oft, dass Rentenversicherte diese Hinweise nicht lesen und ihnen das daher nicht bewusst ist. Wie hoch die Steuern der einzelnen Versicherten sein werden, wissen wir jedoch auch nicht. Das kommt darauf an, ob der oder die Rentenversicherte noch andere Einkunftsarten hat – zum Beispiel eine betriebliche oder private Rente bezieht. Auch zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen können wir nur sagen, wie hoch sie heute sind: knapp zwölf Prozent. Hätte heute also jemand eine Rente von 1.363 Euro, wären ungefähr 164 Euro zu zahlen.
JOURNAL: Bei der „künftigen Regelaltersrente“ gibt es zwei Beträge. Wie ist das zu verstehen?
Braubach: Der obere Wert steht für die Rente, die man sich bereits erarbeitet hat, die also sicher ist. Der untere Wert ist eine Hochrechnung mit dem durchschnittlichen Verdienst der vergangenen fünf Jahre: Was bekäme man, wenn sich daran nichts ändert? Festangestellte haben dabei eine sicherere Prognose als Freiberufler und Freiberuflerinnen, deren Einkommen und somit auch die Höhe der gesetzlichen Rente von vielen Faktoren abhängig ist. Was man sagen kann: Je näher man am Rentenbeginn ist, desto realistischer ist dieser Wert.
JOURNAL: In der Renteninformation kommt mehrfach das Wort „Kaufkraftverlust“ vor. Was hat es damit auf sich?
Braubach: Die Inflation spielt eine Rolle, das haben gerade die vergangenen Jahre gezeigt. Auf der Rückseite der Renteninformation gibt es im vorletzten Absatz den Hinweis, welche Kaufkraft 100 Euro bei einer Inflation von 1,5 Prozent im Jahr des Renteneintritts des Betreffenden noch haben werden. Angenommen, 100 Euro haben beim Renteneintritt noch eine Kaufkraft von 80 Euro, dann bedeutet das, dass man sich von den beispielhaften 1.363 Euro nur noch Produkte im Wert von 1.090 Euro leisten kann. Allerdings steigen die Renten bisher regelmäßig. In der Vergangenheit haben sich die Inflation und die Rentenanpassungen etwa ausgeglichen. Sie sehen: Wer nur auf die Höhe der Summe auf der ersten Seite der Renteninformation schaut, verpasst wichtige Informationen.
JOURNAL: Viele haben auch eine Riesterversicherung oder eine Absicherung übers Presseversorgungswerk beziehungsweise die Pensionskasse. Wie kann man sich einen Überblick verschaffen, was das am Ende finanziell bedeutet?
Braubach: Die digitale Rentenübersicht (siehe Kasten oben) ist dafür eine gute Möglichkeit. Außerdem sollte, wer noch keine Kontenklärung gemacht hat, einen Termin mit uns vereinbaren. Das macht man am besten vor dem 60. Lebensjahr, noch besser wäre Anfang 40. Für die Rente werden ja beispielsweise auch Kindererziehungszeiten, Wehr- und Freiwilligendienst oder Zeiten der Arbeitslosigkeit angerechnet. All das wird bei einem Kontenklärungsgespräch zusammengetragen. Es gibt aber auch Intensivgespräche zur Altersvorsorge, die gesondert angemeldet werden müssen. Bei diesem Termin schauen sich speziell geschulte Berater auch die Unterlagen für die betriebliche und private Altersversorgung an. Gemeinsam schätzen wir ab, wie die künftigen Rentner im Alter finanziell abgesichert sein werden und ob weiterer Vorsorgebedarf besteht.||
Die Fragen stellte Bettina Blaß
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2024.