Über den Ausstieg aus der analogen UKW-Hörfunkverbreitung wird schon länger diskutiert. Auch die Partner der Großen Koalition hatten sich in ihren Koalitionsgesprächen mit dem Umstieg aufs Digitalradio DAB+ befasst. Aber in Nordrhein-Westfalen fehlt bisher eine politische Entscheidung, ab wann und in welcher Variante es digitales terrestrisch verbreitetes Radio auf Landes- oder Regionalebene geben wird. Trotzdem gibt es schon einen ersten Anwärter: Die Medienkommission der Landesanstalt für Medien (LfM) in NRW hat Ende Februar dem ersten Veranstalter eine Lizenz für die Verbreitung über DAB+ erteilt.
Zugeschlagen wurde die der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft „Mehr! Radio“, hinter der fünf Gesellschafter stehen. Drei davon gehören auch zur Betriebsgesellschaft, die sich schon länger zusammen mit einer Veranstaltergemeinschaft um UKW-Frequenzen für ein zweites Düsseldorfer Lokalradio nach dem Zweisäulen-Modell bemüht. „Wir sind Fans einer außenpluralen Vielfalt im Radioangebot“, sagt Stefan Kleinrahm, der beiden Gruppen angehört. „Wir haben aber nicht viel Hoffnung, noch eine UKW-Frequenz zu bekommen, DAB+ hat einfach mehr Kapazitäten.“
Kleinrahm ist Hörfunkredakteur und war von 2001 bis 2005 auch Chefredakteur des Lokalradios Antenne AC in Aachen. Geschäftsführer von „Mehr! Radio“ ist Richard Zyla, der hauptberuflich als Geschäftsführer der Düsseldorfer RichCom media touristische Websites im deutschsprachigen Raum vermarktet. Im Herbst 2016 hat sich die Unternehmergesellschaft gegründet, im Sommer 2017 den Antrag für die Lizenz bei der LfM abgegeben.
Weder Vollprogramm noch Lokalradio
Nach eigenen Angaben will „Mehr! Radio“ ein Spartenprogramm für den Großraum Düsseldorf anbieten, als Unterhaltungsprogramm mit regionalen Inhalten. Zwei Redakteure, zwei Volontäre und freie Mitarbeiter sollen von 6 bis 19 Uhr ein moderiertes Programm mit Nachrichten erstellen, nachts soll automatisiert gesendet werden. „Das ist nicht vergleichbar mit dem klassischen Lokalprogramm in NRW. Wir berichten schon über regionale Ereignisse, aber hauptsächlich in Moderationen. Wir sind eher emotional regional ausgerichtet“, umreißt Kleinrahm die Zielsetzung des Programms.
Ob und wann „Mehr! Radio“ auf Sendung geht, steht allerdings noch in den Sternen. Mit der Lizenz allein kann das Unternehmen nichts anfangen, solange ihm keine Frequenz zugewiesen wird. In NRW gibt es aber bislang keine landesweiten, regionalen oder lokalen Multiplexe, NRW hinkt da im Vergleich mit anderen Bundesländern hinterher – auch weil sich die Lokalradios in NRW bislang nicht an DAB+ beteiligen wollten. „Wir wollen auch eine Plattform betreiben und sind bereit, den Lokalradios dort Plätze frei zu halten, bis die sich entschieden haben. Momentan kommen wir aber nicht weiter, weil die LfM noch kein Konzept für DAB+ in NRW hat“, bedauert Kleinrahm das langwierige Verfahren.
Gutachten zum Digitalradio
Immerhin arbeitet die LfM inzwischen an einem solchen Konzept: Ebenfalls auf der Sitzung der Medienkommission Ende Februar sind vier mögliche Alternativen vorgestellt worden. Nun soll das Beratungsunternehmen Goldmedia aus Berlin innerhalb von zwei Monaten ein Gutachten zur Zukunft des Digitalradios in NRW vorlegen. Bis eine politische Entscheidung getroffen ist, wird es sicher auch nach Erstellung des Gutachtens noch Monate dauern. Und dann erst können Frequenzen ausgeschrieben werden. „Mehr! Radio“ muss sich also noch in Geduld üben. Eine Homepage gibt es schon, aber mehr als Kontaktdaten hat sie noch nicht zu bieten. „Wir sind in den Startlöchern, nach Erteilung einer Frequenz könnten wir innerhalb von sechs Monaten loslegen“, sagt Kleinrahm.