GLOSSE

Neulich… Alternative Sichtweisen

21. Februar 2018, .stan

„Wieder etwas weniger Kostenlos-Mentalität im Internet“, witzelte Nina. Der Stammtisch schmunzelte. Es ging um die Huffington Post. Die hatte ihre Plattform ja lange für lau mit Inhalten gefüllt, Honorar gab es nicht. Das war nicht nur – „unfair“, warf Andrea ein – trickreich billig. Das sollte auch so richtig netz-visionär sein. Weil ja jede(r) was schreiben durfte. Nur: Immer mehr Quatsch und Fake News nutzen die große Freiheit. „Die HuffPost in den USA zieht nun die Reißleine“, sagte Paul. „Künftig sind nur noch bezahlte Redakteure für Inhalte und Freigabe zuständig.“

Fanden wir als Profis gut. Journalismus ist ein Gegenmittel. Fake News sind Gift für die Demokratie. „Nicht zu verwechseln mit unterschiedlichen Sichtweisen und Meinungen“, meinte Inga, „die sind ganz normal“. Katrin hatte gleich ein Beispiel zur Hand: „Die Funke-Chefin hat über den scheidenden Manager gesagt, er hätte einen großartigen Job gemacht.“ Wir fassten uns an den Kopf. „Aus Sicht der einsackenden Besitzerin mag das stimmen“, maulte Fabian.

Roswitha grübelte: „Ich frage mich manchmal: Was hätte sie wohl gesagt, wenn sie nicht behütet in Verlegerkreisen aufgewachsen, sondern vielleicht gekündigte Redakteurin der Westfälischen Rundschau gewesen wäre.“ Aus Mitarbeitersicht fiel die Bilanz nämlich anders aus. „Der hat doch ein Trümmerfeld bei Vielfalt und Jobs, aus Zombie-Zeitungen und dicht gemachten Redaktionen hinterlassen.“ Gregor fand: „Es kommt wohl immer darauf an, auf welcher Seite man steht.“

„Jepp“, sagte Heide, „unsere Oberbosse machen gerade solche Erfahrungen. Die haben reihenweise Nervenzusammenbrüche.“ Echt? „Das begann, nachdem das Medienhaus aus Kostengründen einen Manager-Desk eingeführt hatte“, berichtete sie. „Alle Geschäftsführer und Abteilungsleiter hockten nun im selben Raum so schön kommunikativ aufeinander, dass gleich eine Menge ihrer Stellen gestrichen werden konnte.“ Wir nickten. Desks sind gut für Personalabbau.

„Das hielten die feinen Herrschaften nicht lange durch“, schmunzelte Heide. „Unter ihrer Würde“, schnaubte Horst. Nein, sie taten uns nicht leid. Aber Inge blieb, wie immer, skeptisch: „Ich glaube Dir nicht, Heide. Manager würden sich nie alle in ein Büro einpferchen lassen.“ Heide war ertappt, spann ihre Story aber unbeirrt weiter: „Jetzt denkt der Manager-Desk über alternative Einsparungen nach. Bei uns, natürlich.“ Das Gefährliche an Fake News ist wohl, dass ein Teil immer so vertraut klingt.||

JOURNAL 1/18