LETZTE SEITE |

Neulich… Schreib-Maschinen

4. April 2023, Karlheinz Stannies

Die Textroboter hatten uns aufgeschreckt. Der Stammtisch fragte sich: Verändern sie alles? Sind wir künftig nur noch Nachbearbeiter von ­Maschinen-Artikeln? Petra warf ein: „Bertelsmann arbeitet bestimmt schon mit der künstlichen Schreib-Intelligenz.“ Wir schauten uns an: Bei Moderationen, den Nachrichten, in Zeitschriften und Büchern? Petra winkte ab: „Nee, sie nutzen die wohl erst einmal für Kündigungen. Bei Gruner+Jahr, bei RTL und auch sonst. Das sind Hunderte, die Personal­abteilungen kommen nicht nach.“

Die Maschine hilft. Die Roboter muss man nur mit ein paar Daten füttern, dann erledigen sie den Schriftkram beim Personalabbau in Windeseile. Mit ziselierten Worten, zusammengesucht aus Millionen anderer Kündigungen, sozusagen Best of. Sie könnten auch Aufsätze oder Reden schreiben und komplexe Fragen beantworten. Man darf nur nicht aus Versehen „Gedicht“ vorgeben. Es tut uns leid, doch Du musst gehen, wir möchten Dich nicht wiedersehen. Oder: Wir sagen Dir, so wie es ist, Du fliegst hier raus, ganz ohne Frist.

Thomas Rabes Zeitschriften-Gemetzel bereitet allerdings selbst knochen­harten Managern wie Burdas Philipp Welte Sorge, dass „die ganze Branche in dieser morbiden Finsternis verschwindet, die Gruner umgibt“. Jemand forderte sogar einen Runden Tisch zur Rettung des unabhängigen Journalismus und neue „Manager, die nicht nur für Zahlen brennen“.

Wir staunten. Hatte das wirklich Julia Becker von Funke gesagt? Die kürzlich den lokalen Kahlschlag in ihrem Haus als Fehler gebrandmarkt hatte.

„Nutzt sie auch den Textroboter oder müssen wir ihr einen Mitgliedsantrag schicken?“ fragte Barbara, sicher nur rhetorisch. Denn Funke will gerade aus dem Redaktionstarif flüchten. Bringt Lokalradios in Gefahr und zerbröselt die Anzeigenblätter. „Zumindest fast“, stöhnte Merle. „Und was übrig bleibt“, sagte Ciro, „ist noch nicht ganz Zombie, aber Litfass – ­außen Werbung, innen ziemlich hohl.“

Das einzige, was „brennt“, ist der Journalismus. Auch bei Springer müssen wieder viele bei BILD und WELT um ihre Jobs zittern. Aschendorff löscht gerade seine Anzeigenblätter aus. Hunderte Jobs – bald futsch. Werner schüttelte den Kopf: „Wir werden bedroht, beschimpft und mit Hundekacke beschmiert. Die Medienmanager streichen, schließen, werfen raus – und wundern sich trotzdem, dass Talente und Fachkräfte wegbleiben?“

Zum Gegensteuern soll jetzt die Unternehmenskultur verbessert werden. Was immer das ist. „Aufgestellte Flipper, Rabatte bei Firmen und ­Mucki-Buden reichen nicht“, maulte Petra, „es geht um Wertschätzung, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen.“ Karim hatte eine Idee: „Wir wenden uns mal an die künstliche Intelligenz.“ Er tippte in seinen Laptop: Wie retten wir den Journalismus? Die Maschine blinkte. War‘s ein Zwinkern? Dann schrieb sie: „Fragt uns!“||

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2023.