Mehr Partizipation und fairere Bezahlung, verlässlichere Arbeitsbedingungen, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gelebte Gleichberechtigung – dafür macht sich der DJV-NRW in seiner Tarifarbeit der kommenden Monate stark. Das passende Aktionspaket haben die Mitglieder mit dem Leitantrag zum „Jahr des Tarifs 2024“ auf dem Gewerkschaftstag am 20. April in Düsseldorf einstimmig beschlossen.
Tarifbindung stärken
„Selten standen in einem Jahr so viele Tarifverhandlungen in Verlagen und Sendern an wie 2024“, erklärte die Landesvorsitzende Andrea Hansen. Um Gehalt und Honorare geht es in diesem Jahr in den öffentlich-rechtlichen Anstalten und im Lokalfunk. Wo keine tariflichen Regelungen für Freie gelten, sollten (wieder) mindestens gemeinsame Vergütungsregeln vereinbart werden. Und dann sind da noch die Medienhäuser, die aus dem Tarif geflüchtet sind oder diesen Schritt gerade vollziehen – Funke, die Lippische Landes- Zeitung und Radio NRW. Nicht nur aus diesem Grund setzt sich der DJV bei der Politik für gesetzliche Regelungen ein, die die Tarifbindung stärken und Tarifflucht erschweren beziehungsweise unattraktiv machen.
Nach den vielen schlechten Jahren seien „gute Ergebnisse richtig und angemessen“, sagte die Landesvorsitzende und beschwor das große Gemeinschaftsgefühl bei Streiks – ob für Flächen- oder Haustarife. Aber es gehe um mehr: „Es geht um die Zukunft gerade der lokalen Medien und um ihre Rolle in der und für die Demokratie.“
Dass Journalismus kein Selbstzweck ist, sondern in der Demokratie eine wichtige Aufgabe übernimmt, betonte auch der Bundesvorsitzende Mika Beuster: „Pressefreiheit zu schützen, Kolleginnen und Kollegen zu stärken, das ist Aufgabe des DJV. Deshalb müssen wir alle gemeinsam für einen starken DJV kämpfen. Es kommt auf jeden an, der mitmacht und sich engagiert.“
Mitreden und Mitgestalten
Ums Mitmachen ging es wiederholt im Laufe des Tages: So verglich Andrea Hansen den DJV mit der Feuerwehr: „Den meisten reicht es zu wissen, dass es uns gibt. Aber andere wollen mitreden und mitgestalten.“ Damit diese Mitglieder ihr richtiges Maß an Beteiligung finden können, müssen die Strukturen im Verband über die Jahre immer wieder angepasst werden.
Sichtbar wurde diese Notwendigkeit unter anderem bei den Wahlen für die Fachausschüsse. Keiner der Ausschüsse kommt auf die Sollstärke von neun Mitgliedern. Wo die Arbeitsbelastung wächst und die Verhältnisse für manche Kolleginnen und Kollegen sogar prekär werden, fällt die Entscheidung für das feste Engagement im Fachausschuss oder einem anderen Gremium schwer. Projektgruppen zu konkreten Vorhaben statt fest gewählter Ausschüsse könnten eine Lösung sein.
Künftig im Zweijahresrhythmus
Eine andere Strukturentscheidung hat die Mitgliederversammlung in Düsseldorf bereits per Satzungsänderung getroffen: Der Gewerkschaftstag findet nach der nächsten Landesvorstandswahl 2025 nur noch alle zwei Jahre in Präsenz statt. Ab 2026 stimmen die Mitglieder in den Jahren zwischen den Vorstandswahlen über die Besetzung der Fachausschüsse online ab. In diesen Jahren bestimmen sie auch die Delegierten für die Verbandstage digital.
Dem Beschluss mit komfortabler Zweidrittelmehrheit (53 Ja-Stimmen, 14 Nein, 3 Enthaltungen) ging eine engagierte Debatte voraus: Gegnerinnen und Gegner befürchteten einen Verlust an Demokratie, wenn im Zeitraum von zwei Jahren nur der Gesamtvorstand entscheide. Zugleich fehle die Möglichkeit zum Austausch. Dafür eignen sich nach Überzeugung der Fürsprecherinnen und Fürsprecher allerdings andere Formate sowieso besser, etwa der Journalistentag, Veranstaltungen einzelner Ortsvereine oder #durchstarten und Future Camp für die Jüngeren. Zudem belege der selbstkritische Blick in die eigenen Reihen einmal mehr das sinkende Interesse am Gewerkschaftstag. Vor diesem Hintergrund überzeugten die Argumente zu den hohen Kosten und dem großen Aufwand für die Geschäftsstelle.
Die Beiträge steigen moderat
So hatte auch Schatzmeister Pascal Hesse argumentiert, als er den Haushalt einbrachte, der erneut mit einem Defizit geplant ist. Dank guter Rücklagen führt das aktuell nicht zu Problemen. Trotzdem muss der Verband die Einnahmenseite stabilisieren, damit er sich mittelfristig nicht gezwungen sieht, am Rechtsschutz zu sparen, an Dienstleistungen oder an beliebten und nutzwertigen Veranstaltungen.
Mit großer Mehrheit verabschiedete der Gewerkschaftstag die vorgeschlagene leichte Beitragserhöhung – zwischen monatlich 50 Cent für die unteren Beitragsgruppen und 1,50 Euro für den Regelbeitrag. Ehe die Anpassung im vierten Quartal greift, wird der Landesverband die Mitglieder dazu noch informieren.
Wachsen und diverser werden
Natürlich arbeitet der DJV-NRW weiter daran, aus dem (verlangsamten) Schrumpfen schrittweise wieder ins Wachsen zu kommen. Nach Beschluss des Gewerkschaftstags soll er beim Werben um neue Mitglieder auch die Diversität im DJV stärken. Im Blick sind dabei Personengruppen, die bisher nicht in dem Maße in der Mitgliedschaft vertreten sind, wie es ihrer Mitarbeit in den Medien entspricht. Wünschenswert ist zudem, dass sie ihre Expertise in den DJV-NRW einbringen.
Die im ursprünglichen Antrag nicht vorgesehene Berichtspflicht mag ein Grund gewesen sein, warum dieses Anliegen an diesem Samstag mehr als eine Handvoll Gegenstimmen und Enthaltungen kassierte. Die Klärung, wie sich die Zielvorgaben definieren und dann umsetzen lassen, könnte ein erstes Projekt sein, mit dem neue Formen der ehrenamtlichen Mitarbeit ausgetestet werden.
Neben den Anträgen zu Tarifen und Innerverbandlichem beschäftigte sich der Gewerkschaftstag mit weiteren Themen der Branche. Darunter die Medienpolitik mit Anträgen zur Zukunftssicherung des NRW-Lokalfunks und zur Anpassung des Rundfunkbeitrags nach dem rechtsstaatlich geregelten KEF-Verfahren. Die Mitglieder forderten NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst auf, der Erhöhung um 58 Cent zuzustimmen und sich im Kreise der Länderchefinnen und -chefs dafür stark zu machen. „Es ist das Gebot der Stunde, Qualität und Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der unbedingt notwendigen finanziellen Grundlage auszustatten“, betonte Andrea Hansen.
Mitgliederinteressen stärken
Zwei weitere Anträge zur Medienpolitik stärkten ebenfalls die Interessen der Mitglieder: So wird sich der DJV-NRW dafür einsetzen, dass Medienhäuser ihre Mitarbeitenden im Umgang mit systematischen (rechts-)extremistischen Anfeindungen schulen. Zudem forderte die Mitgliederversammlung verbindliche Honorar-Untergrenzen bei öffentlich geförderten Aufträgen. ||
Ein Beitrag aus JOURNAL 2/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2024.