Hochwasserschutz, nachhaltige Stadtentwicklung, erneuerbare Energien – an Konzepten und Projekten im Kampf gegen den Klimawandel fehlt es nicht in NRW. „Doch wie sollten Journalistinnen und Journalisten das Thema Klimawandel transportieren?“, fragte Moderator Stefan Prott beim Journalistentag des DJV-NRW in Dortmund. Auf dem Podium saßen vier Experten, deren Organisationen den Journalistentag unterstützten. In ihren Impulsvorträgen ging es um Bürgerbeteiligung genauso wie um Bürokratieabbau – oder die Schwammstadt.
Noch ist die Stadt, die Regenwasser insbesondere durch Entsiegelung lokal aufnehmen und speichern kann, eine Vision, etwa für den Europaplatz in Castrop-Rauxel, wie Friedhelm Pothoff, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV), aufzeigte. Die Zukunftsinitiative Klima.Werk, in der sein Haus sowie 16 Städte entlang der Emscher eng zusammenarbeiten, ist hingegen längst Realität. Ziel sei es „den natürlichen Wasserkreislauf zu stärken, von Mulden bis zu großflächigen Gründächern“, erläuterte Pothoff. Künftig wolle man die Initiative auf den Lippeverband ausweiten. Viele Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen jedoch schauten „statt vor die eigene Haustür eher zur Vorreiterstadt nach Kopenhagen“, erklärte der frühere WAZ-Redaktionsleiter.
Dass in der Gemeinschaft durchaus Erfolge in der Region erzielt werden, machte Burkhard Drescher von Greenzero/Innovation City Management ICM deutlich. „Die Energiewende kann nur von unten organisiert werden“, glaubt er. Allein 3.954 Energieberatungen habe ICM in Bottrop durchgeführt, 2.000 Menschen bei 60 Themenabenden erreicht. Innerhalb von zehn Jahren habe man so den CO2-Ausstoß der Stadt halbiert, unter anderem „mit der höchsten Dichte von PV-Anlagen in ganz NRW“, berichtete Drescher.
In Duisburg-Ruhrort will die Beratungsgesellschaft einen Schritt weitergehen, wie Dirk C. Gratzel erläuterte. Der Stadtteil soll durch diverse Neuerungen, von der Energieversorgung bis zum Mobilitätskonzept, bis 2029 zum nachhaltigsten Industriequartier der Welt werden. Es reiche eben nicht, weniger Schäden zu verursachen, meint Gratzel. Man müsse auch alte Schäden wiedergutmachen. Zudem: „Wenn wir nur aufs Klima schauen, retten wir den Planeten nicht.“ Daher nannte er nicht Klima-, sondern Umweltneutralität als Ziel.
Dass man dabei die Menschen mitnehmen muss, davon ist Milan Nitzschke überzeugt. Aus diesem Grund können sich Bürgerinnen und Bürger aus der jeweiligen Kommune an den Windkraftanlagen der SL Naturenergie über einen Fond beteiligen. Rund 270.000 Haushalte versorgen die Anlagen des Gladbecker Unternehmens rechnerisch mittlerweile, „und überall, wo wir das machen, funktioniert das, wenn auch noch zu langsam“, sagte Nitzschke. Warum es nicht schneller geht? Zu den Gründen gehörten langwierige Entscheidungsprozesse in der Politik und aufwendige Genehmigungsverfahren. Die Podiumsgäste sind sich einig, dass es keine neuen Gesetze für den Klimaschutz brauche, „sondern vielmehr weniger“, wie Dirk C. Gratzel es formulierte.
„Mein Wunsch: Lasst uns der Politik und der Verwaltung auf den Füßen stehen“, richtete Ex-WAZ-Mann Pothoff einen Appell an die Medienschaffenden. Beim Klimawandel müssten diese, wie etwa bei den Menschenrechten, „nicht nur beobachten, sondern teilhaben“. Der berühmte Satz von Hajo Friedrichs, dass sich ein guter Journalist nicht gemein mache, mit einer Sache, gelte hier nicht. „Das ist vielleicht provokativ“, meinte Pothoff. Eine Kollegin aus dem Auditorium sieht das genauso. „Die Grenzen der Erde gelten auch für Journalisten“, sagte sie. „Deshalb gibt es keinen neutralen Standpunkt.“