Drohende Nachrichtenwüsten, ausgedünnte Redaktionen, intransparente Medienfusionen: Aktuell ist die Sicherung journalistischer Qualität und Vielfalt drängender denn je. „Wie kommen wir weg von dem Druck auf unsere tägliche Arbeit?“, fragte Moderator Kay Bandermann seine Podiumsgäste Misch Pautsch und Kristian van Bentem.

Zwei Säulen hält Bandermann für zentral, um aus der Abwärtsspirale aus Sparwellen und Arbeitsverdichtung zu kommen: die Inhalte und die Finanzierung. Letztere ist in Deutschland im dualen Mediensystem geregelt: Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanziert zu großen Teilen die Gesellschaft mit ihrem Beitrag, alle weiteren Medienangebote müssen sich am Markt behaupten. Und das funktioniert in Zeiten der Plattformökonomie und vermeintlichen Gratiskultur im Netz immer schlechter.
Wie lässt die Erosion sich stoppen? Dazu präsentierte Misch Pautsch, Onlinejournalist aus Luxemburg und ehrenamtlicher Präsident der Association Luxembourgeoise des Journalistes, spannende Erfahrungen aus dem Herzogtum: In Luxemburg gibt es seit fast 50 Jahren eine staatliche Presseförderung – „und sie funktioniert“, erklärte Pautsch. Das Fördermodell, das sich lange am Umfang journalistischer Produkte orientierte, wurde 2021 reformiert. Seither stehe journalistische Qualität im Zentrum der Förderkriterien.
Selbst in Beruteilung eingebunden
Als Vizepräsident des Luxemburgischen Presserats, bestehend aus Vertretungen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, ist Misch Pautsch selbst in die Beurteilung der Förderfähigkeit eingebunden. Diese hängt unter anderem vom Besitz einer Pressekarte ab, vergleichbar dem deutschen Presseausweis. Sie wird an Personen ausgestellt, die ihr Haupteinkommen im Journalismus verdienen und gewisse Kriterien etwa aus dem Pressekodex erfüllen. „Der Presserat“, erläuterte Misch Pautsch, „legt die Kriterien fest und überprüft sie. Daher haben wir eine große Verantwortung gegenüber unseren eigenen Kolleginnen und Kollegen“.
Die an die Pressekarte gebundene Förderung ist beachtlich: 30 000 Euro im Jahr zahlt das luxemburgische Medienministerium den Medienhäusern pro Redaktionsmitglied. Hinzu kommt ein Pauschalbetrag von 200 000 Euro, geknüpft an Strukturbedingungen: So muss die Redaktion mindesten fünf Personen umfassen und mindestens 50 Prozent der Fördersumme selbst erwirtschaften. Die maximale Fördersumme für Zeitungshäuser liegt laut Pautsch bei rund 400 000 Euro.
Das Modell, bilanziert der Luxemburger Journalist, wirke stabilisierend auf die Medienlandschaft und werde auch in der Bevölkerung zu großen Teilen – und parteiübergreifend – positiv aufgenommen. Und: Es führe zu einem „großen Interesse, sich an die Spielregeln zu halten“. Ausgenommen von der Regelung sei lediglich RTL, weil der Sender in Luxemburg eine Sonderrolle als wichtigste Informationsquelle für die Mehrheit der Bevölkerung habe. Er erhalte in einem Konzessionsvertrag eine eigene, vom Presserat unabhängige Förderung, erläuterte Pautsch.
Bisher einzigartig in Europa
Diese Art der Presseförderung ist bislang einzigartig in Europa. Aber muss das so bleiben? Nein, meint Kristian van Bentem, stellvertretender Landesvorsitzender des DJV-NRW und Betriebsratsvorsitzender bei den Westfälischen Nachrichten in Münster, als entschiedener Befürworter des Luxemburger Modells. „Der DJV setzt sich dafür ein“, erklärte van Bentem, „doch absurderweise sagen die meisten Verlage nein“. Den Grund sieht van Bentem in den Qualitätskriterien: „Das Modell ist daran gebunden, Arbeitsplätze vorzuhalten, Redaktionen nicht zu schwächen, sondern auszubauen. Und das ist bei den meisten Verlagen in Deutschland überhaupt nicht der Plan.“ Die Unternehmen seien stattdessen an einer bedingungslosen Förderung interessiert. Sie hätten gerne einem Erlass oder zumindest eine Senkung der Mehrwertsteuer für ihre Produkte. Das verbinden sie gerne mit dem Hinweis auf die notwendige Staatsferne der Förderung. Die sei beim Luxemburger Modell allerdings gegeben.
Nach van Bentems Einschätzung sieht die Politik inzwischen zwar die Notwendigkeit einer Förderung vor allem im Lokalen, zeigt jedoch bislang keine Bereitschaft, das Geld entsprechend auszugeben. Immerhin habe der DJV mit Kulturstaatsminister Wolfram Weimer Gespräche in diese Richtung aufgenommen. Rechtlich sollte das Modell in Deutschland gut umsetzbar sein – das habe zumindest die juristische Prüfung durch den DJV ergeben. „Eine Wirtschaftsförderung unter Einbezug vielfaltssichernder Aspekte ist durchaus möglich“, betonte van Bentem.
Interessierte Nachfragen und fundierte Kommentare aus dem Publikum fügten der Frage der Übertragbarkeit weitere Facetten hinzu: Zu berücksichtigen sei etwa, dass Luxemburg eine stabile politische Mitte und weniger starke extreme Kräfte aufweise als Deutschland. Hierzulande könnte die politische Durchsetzbarkeit einer Presseförderung daher deutlich schwieriger sein. Ein weiterer Hinweis: im mehrsprachigen Herzogtum seien anders als Deutschland mediale Reichweiten durch Sprachgrenzen begrenzt.
Zu bedenken sei auch die Höhe der in Frage stehenden Fördersummen: In Deutschland würde das Modell umgerechnet auf Basis der Bevölkerungszahl einen hohen dreistelligen Millionenbetrag bedeuten. Das sei natürlich viel Geld, stimmte Kristian van Bentem zu, „aber wenn wir es sein lassen, sind die gesellschaftlichen Kosten möglicherweise viel höher“. Es sei jetzt an der Zeit zu handeln, unterstrich der DJV-NRW-Vize – sonst gebe es bald keine Vielfalt mehr, die man noch fördern könne.
Abo als „Demokratieversicherung“
Die beste aller denkbaren Lösungen, darin war sich die Runde einig, wäre, wenn der Markt wieder funktioniere und möglichst viele Menschen ein Lokalmedium abonnierten. Das fördere die Medienkompetenz und diene auch als „Demokratieversicherung“, wie Kristian van Bentem es ausdrückte.
Auch in Luxemburg wird die Medienförderung nicht als Selbstzweck gesehen: Bei aller Wirkkraft für die journalistische Vielfalt sei das Modell auch ein Damoklesschwert, erklärte Misch Pautsch. „Bei einem Stopp der Presseförderung würde von heute auf morgen so gut wie kein Medienhaus überleben.“ Das „journalistische Schlaraffenland“, wie Kay Bandermann das Herzogtum nannte, fußt damit auf einem sensiblen Gleichgewicht. Dennoch, kann man im Fazit des Panels festhalten, stellt sie ein hoffnungsvolles Role Model zur Sicherung journalistischer Qualität dar. Flankiert werden sollte das von anderen Maßnahmen wie dem Ausbau der Medienkompetenz und der Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Journalismus, für die sich der DJV ebenfalls stark macht.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2025.