JOURNALISTENTAG |

Von Chancen und Risiken

Journalistentag 2023 mit selbstkritischem Blick auf den Branche
18. Dezember 2023, Corinna Blümel und Carmen Molitor – Mitarbeit Silke Bender, Lima Fritsche, Achim Graf, Steffen Heinze

Welche Rolle spielt Journalismus in einer Zeit starker Umbrüche – unter anderem durch Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und das Erstarken autoritärer Strömungen in Europa? Wie stellt sich die Branche für die Zukunft auf? Das diskutierte der Journalistentag 2023 Ende November in 18 hochkarätig besetzten Foren, Workshops und Werkstattgesprächen. Unter dem Motto „So schön neu!? Journalismus, next Level“ lud der DJV-NRW wieder in die Sparkassenakademie Nordrhein-Westfalen am Phoenixsee in Dortmund.

Die Landesvorsitzende Andrea Hansen eröffnete den Journalistentag. | Foto: Udo Geisler
Die Landesvorsitzende Andrea Hansen eröffnete den Journalistentag. | Foto: Udo Geisler

Begrüßung vor vollem Haus

Mehr als 500 Besucherinnen und Besucher aller Altersgruppen und aus allen Medienbereichen ließen sich von dem Angebot locken – darunter wieder eine große Zahl Studierender. Bemerkenswert, dass so viele Menschen bereit seien, ihren Samstag mit beruflichen Fragen zu verbringen, lobte Andrea Hansen. Wie bei den vergangenen Journalistentagen moderierte die freie Journalistin aus Münster unter anderem die Auftaktrunde. Aber anders als in den Vorjahren begrüßte sie erstmals auch als Vorsitzende des DJV-NRW und dankte in dieser Rolle den Sponsoren und Kooperationspartnern, der RDN Agentur sowie allen, die – ob haupt- oder ehrenamtlich – im Vorfeld und an diesem Tag zum Gelingen beitrugen.

In gewohnter Weise wolle der DJV-NRW mit dem Journalistentag „bewusst positiv ans Werk gehen, mehr über Möglichkeiten als Probleme sprechen“, versprach Hansen und konnte doch nicht umhin, einen nachdenklichen Blick auf die Welt zu werfen, in der die Demokratie gerade an Strahlkraft verloren hat und viele Menschen sich von scheinbar einfachen Antworten verführen lassen. Schon ihre Mutter, die bei Kriegsende 17 Jahre alt war, habe gemahnt: „Alles, was erkämpft wurde, kann auch wieder verloren werden. Das bleibt nicht von allein, da muss man drauf aufpassen.“

Menschen schauen auf einen großen Bildschirm, auf dem eine Grußbotschaft übertragen wird.
Im Eröffnungsimpuls warnte Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, vor den Gefahren einer „Desinformationsgesellschaft“. | Foto: Udo Geisler

Aufpassen auf die Demokratie

Für das Aufpassen auf die Demokratie warb auch Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz in seinem virtuellen Impuls. Es sei richtig, die Potenziale von KI-Technologie und Digitalisierung zu nutzen. Aber, so warnte Haldenwang, das Digitalzeitalter trage auch die Gefahr einer „Desinformationsgesellschaft“ in sich. „Wenn es auf Fakten nicht mehr ankommt und die Realität auf Weltanschauung reduziert wird, verliert der demokratische Pluralismus sein Fundament.“ Der investigative Journalismus könne – wie der Verfassungsschutz – „als Gegengift zu Desinformation, extremistischer Ideologie und Propaganda wirken“. Haldenwang ermunterte die Journalistinnen und Journalisten, als Vierte Gewalt gegen die Bedrohung der Demokratie zu arbeiten.

In der anschließenden Diskussion sah der Intendant des Deutschlandradios, Stefan Raue, auch die „enorm großen Aufgaben für die Demokratie“ für Journalistinnen und Journalisten. Allerdings „sollten wir uns in der Rolle als Vierte Gewalt nicht überheben“. Raue zeigte sich besorgt über den wachsenden Ansehens- und Bedeutungsverlust der Medien: Es sei an der Zeit, deutlich zu machen, dass die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten elementar wichtig ist.

Ralf Laskowski, Leiter digitale Inhalte bei Radio NRW, mahnte zur Vorsicht: Auch wenn es gemeinsame Ziele gebe, sei die journalistische Unabhängigkeit gegenüber dem Staat unbedingt zu bewahren. Sonst verlören Medien an Freiheit und Glaubwürdigkeit.

Über die Köpfe von Zuhörenden hinweig ist ein Panel mit einer Frau und drei Männern zu sehen.
Andrea Hansen moderierte auch das Eröffnungs­panel mit (v.l.) Dennis Horn, Dr. Tobias Schmid, Ralf Laskowski und Stefan Raue. | Foto: Udo Geisler

In Bezug auf die Forderungen nach einer stärkeren gesetzlichen Regulierung großer digitaler Plattformen wies Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, auf die schwierigen Abwägungen hin: Maßnahmen, die gegen Desinformation und Fake News gerichtet seien, könnten potenziell, „das beschädigen, was wir schützen wollen – nämlich die Freiheit“.

Nüchterner Blick auf KI

Viele der Themen, die den Journalismus zurzeit bewegen, liegen im Spannungsfeld von Chance und Risiko. Das war unter anderem auf dem Panel zum Einsatz von KI in Redaktionen zu spüren: Dennis Horn (Leiter 1Live Audio-Unit), Clemens Boisserée (Leiter redaktionelle Produktentwicklung bei der Rheinischen Post) und Peter Dyllick-Brenzinger (Head of Product and Engineering, sprylab) plädierten für eine nüchterne Beurteilung der journalistischen Einsatzmöglichkeiten. KI sei ein Weg, von lästigen Routinen entlastet zu werden und wieder mehr Zeit für Recherche zu haben. Man solle der Entwicklung mit Neugier und Offenheit statt mit endzeitlicher Angst begegnen. „KI wird dich nicht ersetzen, aber es wird dich vielleicht jemand ersetzen, der weiß, wie man KI bedient“, prophezeite Horn. Ein implizites Plädoyer für Aus- und Weiterbildung, das auch in anderen Diskussionen auftauchte.

Ein zweites Panel zum Thema KI befasste sich mit den gesellschaftlichen Folgen der Technologien. Der Kölner Medienwissenschaftler Dr. Martin Andree warnte vor der Dominanz der großen Digitalkonzerne. Dieser Zustand habe verheerende Auswirkungen auf den Journalismus. Aus seiner Sicht sollte Europa sich trauen, die Plattformen zu regulieren.

Den dystopischen Perspektiven setzte Christina Elmer, Professorin für Digitalen Journalismus und Datenjournalismus an der TU Dortmund, den potenziellen Nutzen entgegen: Richtig eingesetzt könne KI den Journalismus nachhaltig verbessern, etwa Texte und Recherchen optimieren oder Aspekte finden, an die man selbst nicht gedacht hatte. Um sich nicht auch hier in die Abhängigkeit großer Tech-Unternehmen zu geraten, sollten Medienhäuser künftig eigene Sprachmodelle aufbauen und diese selbst spezifisch für journalistische Fragestellungen trainieren.

Um möglichst viele der spannenden Themen mitzunehmen, eilten Kolleginnen und Kollegen zwischen den verschiedenen Räumen hin und her, schufen sich aber eigene Ruhephasen zum Essen, Kaffeetrinken und Netzwerken auf dem Marktplatz. Dort gab es auch Infos und Service, unter anderem am Stand des DJV-NRW.

Im Vordergrund ein Panel mit fünf Frauen von hinten oder von der Seite, dahinter dicht gefüllte Reihen von Zuhörenden.
Großes Interesse fand das Sexismus-Panel mit (v.r.) Stefanie Dodt, Dr. Simone Kämpfer, Elli Ries, Luisa Filip und Moderatorin Harriet Langanke. | Foto: Udo Geisler

Aufwendige Recherchen

Großen – vorwiegend weiblichen und jungen – Zulauf hatte das Panel zu Sexismus und Machtstrukturen in den Medien unter Moderation von Harriet Langanke. Wirtschaftskriminalität sei einfacher aufzudecken als Machtmissbrauch oder Sexismus, erklärte Stefanie Dodt, Journalistin im Ressort Investigation des NDR: In der Wirtschaft gebe es in der Regel eindeutige Belege, dass Geld von A nach B geflossen sei. „Bei Machtmissbrauch und Sexismus geht es meist um Situationen, in denen nur zwei Personen anwesend waren.“

Die Recherchen bräuchten Zeit, um viele Gespräche zu führen, Vertrauen zu den Betroffenen aufzubauen und so viele Belege wie möglich zu sammeln. Hohe Aufmerksamkeit erfordere dabei die rechtliche Seite: Denn eine Veröffentlichung ist nur möglich, wenn es genug Indizien und ein hinreichendes öffentliches Interesse gibt, es also beispielsweise nicht um einen Einzelfall, sondern um ein System geht.

Wichtig sei auch, in Berichten klar zu trennen, was strafrechtlich relevant sei und was nicht, erläuterte Dr. Simone Kämpfer, Partnerin in der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, die regelmäßig unternehmensinterne Untersuchungen zu #MeToo-Fällen durchführt. Das könne zu mehr Akzeptanz für Berichterstattung über Machtmissbrauch und Sexismus führen, wenn etwa ein Verfahren eingestellt werde. „Auch wenn ein Verhalten nicht strafrechtlich relevant ist, kann in den Medien noch darüber diskutiert werden, ob es richtig ist.“ Elisabeth Ries, Journalistenschülerin bei RTL, und Luisa Filip, Autorin bei Deutschlandfunk Nova, berichteten von ihrem Podcast „X und Y“, der sich mit Alltagssexismus beschäftigt.

Interesse an „jungen“ Themen

Auch andere „junge“ Themen fanden Interesse bei den Studierenden. Etwa der Workshop mit SZ-Jetzt-Chefin Lara Thiede und Jonas Bradtke, Redaktionsleiter beim Grimme-prämierten YouTube-Wissenschaftsformat „Doktor Whatson“. Sie verrieten, wie Medien die begehrten jüngeren Zielgruppen erreichen. Themen kommen an, wenn sie nah an der Lebenswirklichkeit der Nutzerinnen und Nutzer seien, berichtete Bradtke. Dann dürften die Stücke auch länger sein.

„Klassische Medien berichten über junge Menschen, wir berichten mit jungen Menschen“, erklärte Thiede. Man habe Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe genau untersucht. Die Themen kämen bei der jungen Redaktion von SZ Jetzt aber vor allem aus eigenem Interesse.

Ihre Expertise brachte Lara Thiede in einem weiteren Werkstattgespräch ein, das Ute Korinth leitete, jüngst in den DJV-Bundesvorstand gewählt. Das Thema: Wie die Gen Z arbeiten will, nämlich mit einer besseren Work-Life-Balance, und wie sie damit aneckt. Neben Thiede diskutierten Marie Kirschstein, Referentin für Kommunikation und Marketing des DJV-NRW, die die gewerkschaftliche Seite vertrat, und Tanja Nackmayr, stellvertretende Geschäftsführerin von unternehmer nrw. Letztere warb für gegenseitige Rücksichtnahme: Die Betriebe sähen durchaus, welches Potenzial jüngere Beschäftigte mitbringen, aber sie hätten eben auch eigene Vorgaben, wie etwa Öffnungszeiten.

Eine junge Kollegin beklagte, dass die Generation Z so dargestellt werde, als würde die ewig jammern. „Dabei sind wir bereit, in einen Beruf zu gehen, der nicht so gut bezahlt wird, und wollen tolle Beiträge liefern.“

Nachwuchs und Fachkräfte finden

Allerdings spürt die Branche inzwischen auch, dass der Nachwuchs umworben sein will. Das machte Volkmar Kah, Geschäftsführer des DJV-NRW, in der Diskussion zum Fachkräftemangel deutlich. Es gehe nicht nur darum, Menschen für ein Volontariat zu finden, sondern auch, sie dann im Job zu halten. „Man muss den jungen Leuten zeigen, dass wir eine Branche sind, die sich weiterentwickelt.“

Über ein Projekt zur Nachwuchsförderung des privaten Regionalfernsehsenders STUDIO 47 in Duisburg berichtete dessen Chefredakteur Sascha Devigne – eine Art „journalistisches Bootcamp“ mit Kurzhospitanzen und Seminaren. Die Landesanstalt für Medien versucht, den Berufseinstieg mit dem Angebot „NRW Media-Traineeship“ der schmackhaft zu machen. In 18 Monaten vermittelt das Programm Arbeitserfahrung im journalistischen, betriebswirtschaftlichen und technologischen Bereich.

Eine Frau und drei Männer auf einem Podium. Der Mann ganz links weist auf ein Schaubild auf einem Bildschrm.
Wie das ZDF die Angebotsqualität sichert, erläuterte Jonathan Diehn (v.l.) auf dem Panel mit Stefan Raue, Katrin Kroemer und Dr. Joachim Huber. | Foto: Udo Geisler

Andere Arten Dialog gefordert

Längst werden auch die öffentlich-rechtlichen Sender nicht mehr so von Bewerberinnen und Bewerbern überrannt wie früher. Das ist nicht der einzige Punkt, an dem sie die veränderte gesellschaftliche Stimmung zu spüren bekommen. Der RBB-Skandal und die erneute Diskussion um die vermutlich anstehende Beitragserhöhung sorgen für Gegenwind. Genug Stoff für das Panel von Katrin Kroemer, selbst stellvertretende Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats und wenige Wochen zuvor als Schatzmeisterin des Bundesverbands bestätigt. Die Innensicht der Anstalten vertraten Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue und Jonathan Diehn, Abteilungsleiter für Zentrale Aufgaben in der ZDF-Hauptabteilung Programmplanung. Als Beobachter von außen saß Dr. Joachim Huber, Medienredakteur beim Tagesspiegel, auf dem Podium.

„Dialog ist heute anders zu verstehen als früher, als man nur fragte ‚Findet ihr uns gut?‘“, erklärte Raue. Den heute erwarteten Austausch mit dem Publikum müssten Redaktionen erst entwickeln, weil er bisher nicht Teil der journalistischen Ausbildung war. Das ZDF hat den Dialog mit dem Publikum seit Juni dieses Jahres intensiviert, erläuterte Diehn – mit dem Onlinepanel „ZDF mitreden. Deine Meinung zählt.“ Unter inzwischen 36 000 Teilnehmenden befrage der Sender wöchentlich ausgewählte Zuschauerinnen und Zuschauer nach ihren Meinungen und Wünschen. Hubers Anmerkung, er habe sich an- und wieder abgemeldet, weil er keine Veränderung im Programm gesehen habe, begegnete Diehn mit dem Hinweis, dass dies erst mit Abstand umzusetzen wäre – und dann wohl auch weniger im Fernsehen spürbar würde als online.

Fünf Leute auf einem Podium,. im Vordergrund ein Monitor mit weißer Schrift auf grünem Grund.
Unter Moderation von Sascha Fobbe (M.) besprachen (v.l.) Frank Haberstroh, Volkmar Kah, Dr. Tobias Schmid und Ina Blumenthal den schwierigen Strukturprozess im Lokalfunk. | Foto: Udo Geisler

Lokalfunk: Schwieriger Strukturprozess

Erkennbare Gegenpositionen boten die beiden Panels zum NRW-Lokalfunk: Unter Moderation von Sascha Fobbe diskutierten Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW (LfM), Frank Haberstroh, Chefredakteur von Radio WAF (Kreis Warendorf), MdL Ina Blumenthal, medienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag, und Volkmar Kah, Geschäftsführer des DJV-NRW. Unter verschiedenen Gesichtspunkten ging es in beiden Panels um die Frage, wie der NRW-Lokalfunk den Spagat schafft, auf Dauer wirtschaftlich zu arbeiten und zugleich dem Gemeinwohl gerecht zu werden, auf das ihn das Landesmediengesetz verpflichtet.

Der Strukturprozess, den die Spitzenverbände von Veran

Das Recherchepanel mit (v.l.) Maria Wölfe, Björn Staschen und Moderatorin Andrea Hansen. | Foto: Udo Geisler
Das Recherchepanel mit (v.l.) Maria Wölfe, Björn Staschen und Moderatorin Andrea Hansen. | Foto: Udo Geisler

staltergemeinschaften (VGen) und Betriebsgesellschaften (BGen) unter Begleitung der LfM aufgelegt haben (zuletzt siehe JOURNAL 3/23), stößt allerdings auf erhebliche Vorbehalte. Es zeichnet sich ab, dass nicht alle Sender die neuen Verträge unterschreiben werden, wie auch die Diskussion zeigte. Es gebe ein Kommunikationsproblem, betonte Volkmar Kah: „Das Thema wurde unter den Eliten diskutiert, aber kam in den Veranstaltergemeinschaften nicht an.“ Oder wie Schmid es ausdrückte: „Pragmatisch gesehen, haben zwei Seiten verhandelt, aber sie können die Ergebnisse bei ihren Mitgliedern nicht durchsetzen.“

Die Macht der Recherche

Das Panel zum Wert der Recherche fand nachmittags statt. Das Thema geisterte aber im Laufe des Tages auch durch viele andere Diskussionen – nicht ohne Grund: Recherche bilde „den Kern unseres Berufs“, erklärte Björn Staschen, Journalist beim NDR und Medienwissenschaftler. Er saß neben der freien Journalistin Maria Wölfle auf dem Podium; gemeinsam mit Moderatorin Andrea Hansen sowie den Kolleginnen und Kollegen im Auditorium machten sie sich Gedanken darüber, „was der Journalismus braucht – und was nicht?“.

Und da kam ganz schön was zusammen. Es ging um Medienkompetenz und Finanzierungsmodelle, um Ausspielungskanäle und um Zugänge zum Beruf. So forderte Staschen eine diversere Besetzung von Redaktionen: „Wir müssen auch wieder Menschen ohne Studium in den Journalismus bekommen.“ Aber es fehle noch ein Konzept.

Deutlich wurde aber vor allem eines: Bei Recherche geht es immer auch „um den Faktor Zeit – und für mich als Freie damit auch um den Faktor Geld“, erklärte Wölfle. Das Panel war ein Plädoyer für den Gang nach draußen, weg vom Schreibtisch. Wenn denn Zeit dafür bleibt.

Zielgruppengenaues Angebot

Werkstattgespräch Print vs. Digital mit Michael Bollschweiler, Werner Hinzpeter und Jan Gesthuizen. | Foto: Udo Geisler
Werkstattgespräch Print vs. Digital mit Michael Bollschweiler, Werner Hinzpeter und Jan Gesthuizen. | Foto: Udo Geisler

Beachtung fanden auch Themen die sich eher mit dem konkreten Arbeiten in bestimmten Bereichen befassten. Dazu gehört das Werkstattgespräch Print vs. Digital, organisiert vom Fachausschuss Zeitschriften im DJV-NRW, dessen Vorsitzender Michael Bollschweiler auch moderierte. Hier erläuterten Werner Hinzpeter, stellvertretender test-Chefredakteur Print und Online, und Jan Gesthuizen, Redakteur beim Fachverlag Vincentz Network, wie die verschiedenen Verbreitungswege bei ihnen zusammenspielen. Gesthuizen findet es wichtig, online nicht alles machen zu wollen, sondern zu schauen, wo man die eigene Zielgruppe am besten erreicht und sich darauf zu fokussieren – gerade als kleine Redaktion: „Man kann gerne ein bisschen herumprobieren, aber man muss rechtzeitig den Stecker ziehen.“

Um datenschutzkonforme soziale Netzwerke wie Mastodon und Bluesky als Alternativen zu den etablierten, kommerziellen Anbietern ging es i m Panel des Fachausschusses Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, moderiert von dessen Vorsitzendem Daniel Rustemeyer. Wenig überraschend, dass Christof Stein, Pressesprecher des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Vorteile bei den gemeinnützigen Alternativen sah.

Der österreichische Blogger und Social-Media-Analyst Luca Hammer hilft Menschen beim Umzug von Ex-Twitter auf Mastodon. Für die PR-Profis stellt sich allerdings im Augenblick noch eine andere Frage: „Inwiefern lohnt es sich für Unternehmen, frühzeitig auf alternativen Plattformen zu sein, wenn sie dort keine Reichweite haben und ihre Zielgruppen nicht erreichen?“, fragte die Journalistin und PR-Beraterin Caroline Monteiro.

Moderator Kay Bandermann mit Ingo Wagner, Frank Sonnenberg und Ricarda Richter. | Foto: Udo Geisler
Moderator Kay Bandermann mit Ingo Wagner, Frank Sonnenberg und Ricarda Richter. | Foto: Udo Geisler

Um Klimajournalismus auf lokaler Ebene ging es in einem weiteren Werkstattgespräch. Zwei konkrete lokaljournalistische Beispiele aus dem Bergischen Land und von der Nordseeinsel Pellworm lieferten Frank Sonnenberg, freier Journalist und Nachhaltigkeitsmanager, und Ricarda Richter von ZEIT Green. Trotz solcher guter Einzelprojekte gebe es im Klimajournalismus in Deutschland „Luft nach oben“, machte Ingo Wagner vom Verein KlimaDiskurs.NRW deutlich.

Diskutiert wurde hier auch die Frage, ob Klima besser als Querschnittsthema oder auf einer speziellen Klimaseite abgedeckt werden soll. Für beides gibt es gute Argumente. Allerdings machte Ricarda Richter auch deutlich: „Es dauert, bis man die Zusammenhänge alle versteht, das schafft man sich nicht mal eben drauf.“

Spontan setzte der Journalistentag gegen Ende ein starkes Zeichen: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelten sich zu einem Gruppenfoto, um sich anlässlich des „Orange Day“, des internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, mit den Betroffenen solidarisch zu erklären.

Rasende Fahrt im Rennwagen

Der Tag klang mit einem Reporter-Slam aus: Zwei Kolleginnen und ein Kollege erzählten aus ihrem Berufsalltag. Alexander Möthe vom Handelsblatt nahm die Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine rasende Fahrt im Rennwagen. Nalan Sipar erzählte vom Interview, das sie mit Olaf Scholz, damals noch Kanzlerkandidat, in ihrer Wohnung geführt hatte. Und Manuela Klüppel, die als freie Journalistin vor allem für die WDR Lokalzeit aus Düsseldorf arbeitet, schilderte einen typischen Termin mit einer Bürgerinitiative.

Danach verstreuten die Kolleginnen und Kollegen sich in alle Richtungen, während den Akteurinnen und Akteuren hinter den Kulissen noch das Aufräumen und Nacharbeiten blieb.||

Hier gibt es Berichte zu ausgewählten Foren:
www.djv-nrw.de/das-war-der-journalistentag-2023

Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.