JOURNALISTENTAG

„Wer neugierig ist, hat keine andere Wahl“

Der Journalistenberuf bleibt „sexy“ für den Nachwuchs
16. Dezember 2019, Jörn-Jakob Surkemper
Wie Journalismus sexy bleiben kann, diskutierten (v.l.) Prof. Dr. Wiebke Möhring, Sascha Devigne, Katrin Kroemers und Lars Reckermann. | Foto: Udo Geisler
Wie Journalismus sexy bleiben kann, diskutierten (v.l.) Prof. Dr. Wiebke Möhring, Sascha Devigne, Katrin Kroemers und Lars Reckermann. | Foto: Udo Geisler

„So viele unterschiedliche Menschen kennenzulernen und deren Story zu erzählen“, das empfindet eine Volontärin des Duisburger TV-Senders Studio 47 als Privileg. Die junge Frau kommt neben zwei weiteren Volontären in einem Video zu Wort, das Studio-47-Chefredakteur Sascha Devigne beim Journalistentag im Panel Zukunft zeigte. Der Titel: „Nur nichts mit Medien? Wie Journalismus sexy bleiben kann“.

„Die Nähe zu Themen und Geschichten ist nach wie vor äußerst attraktiv“, findet Devigne. Zudem schätzen seine Volos, etwas gesellschaftlich Relevantes zu tun. Ähnlich sahen dies auch seine Mitdiskutanten beim Branchentreff in Dortmund. „Wer neugierig auf Menschen ist, hat nach wie vor keine andere Wahl“, sagte der freie Journalist und ehemalige Chefredakteur der Nordwest-Zeitung, Lars Reckermann.

Nicht mehr aus dem Vollen schöpfen

Dass die Nachwuchsgewinnung schwieriger geworden ist, darin bestand für die Expertinnen und Experten auf dem Panel dennoch kein Zweifel. „Man muss heute fast schon nehmen, wen man kriegen kann“, sagt Reckermann, und das sei dann nicht immer jemand mit Einser-Abschluss von der Hochschule. Eine Entwicklung, die Reckermann aber durchaus positiv bewertet: So würden die Perspektiven im Journalismus vielseitiger. „Nur aufs Zeugnis zu gucken, greift ohnehin zu kurz.“

Auch Prof. Dr. Wiebke Möhring von der TU Dortmund beobachtet einen Bewerberrückgang beim dortigen Journalistik-Studiengang. Dafür sei jedoch nicht zwingend ein abnehmendes Interesse am Journalistenberuf verantwortlich, sondern liege womöglich auch an der gestiegenen Zahl an Kommunikationsstudiengängen. „Einige, die früher zu uns kamen, studieren jetzt PR“, erklärt Möhring. Auch nähmen die Eltern mehr Einfluss auf die Studienwahl ihrer Kinder. Trotzdem hält Möhring den Journalistenberuf bei jungen Leuten weiterhin für spannend und bedeutend, wenngleich sie den Begriff „sexy“ in diesem Kontext deplatziert findet: „Journalismus muss nicht sexy sein – Journalismus muss relevant sein.“

Kommunikation statt Medien

„Nur nichts mit Medien“ trifft also offenbar nicht die Stimmung des potenziellen Nachwuchses. Aber der Stellenwert des jeweiligen Mediums und die Anforderungen hätten sich geändert: Mehr vom Thema und weniger vom Medium her zu denken, das sei heute gefragt, beobachtet Möhring. Und: „Man muss Leuten kräftig auf den Keks gehen können.“ Zudem sei Resilienz, also psychische Widerstandsfähigkeit, wichtiger geworden: „Man muss auch damit umgehen können, wenn man beschimpft wird.“

Lars Reckermann ergänzte: „Heute muss man unbedingt an seiner Marke arbeiten. Wie viele wissen, dass Jan Böhmermann beim ZDF ist? Viele glauben vermutlich, der ist bei YouTube. Diejenigen, die früher schon Marken waren, sind auch heute noch dabei“, sagt er – und schließt sich auch selbst mit ein. Der selbsternannte „Allround-Dilettant“ erfindet sich derzeit beruflich neu. Dem Journalismus will er aber auf jeden Fall treu bleiben: „Journalismus ist noch sexy. Es ist der abwechslungsreichste und aufregendste Beruf der Welt. Ich kann mir keinen anderen Job vorstellen.“ ||

 

Ein Beitrag in Ergänzung zu JOURNAL 6/19, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2019.