Neulich war es soweit: Bevor ich im Supermarkt darüber gestolpert bin, purzelten sie mir in Schlagzeilen entgegen: Spekulatius. Sie waren mehr als einem Medium eine Meldung wert. Und auch nicht nur an einem Tag. Einfach mal googeln – die Kreativität rund ums Thema Weihnachtsgebäck ist erstaunlich. Das Nachrichtenkriterium „Gesprächswertigkeit“ hat wieder zugeschlagen!
Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen „leichte“ Geschichten. Man kann nicht den ganzen Tag nur auf das Elend der Welt blicken. So wie man in seiner Lebensgestaltung Zeit zum Entspannen oder Abschalten einplanen sollte, brauchen Medienangebote solche Momente. Aber warum müssen es diese „Alle-Jahre-wieder“-Themen sein? Geht’s nicht etwas überraschender? Die Welt ist so groß und vielfältig – da lassen sich bestimmt neue bunte Storys finden, anstatt immer nur ein neuer Dreh.
Immerhin weiß ich, wenn Lebkuchen & Co. im Supermarkt und in den Medien auftauchen: Die heiße Phase der Vorbereitung des JoTags beginnt! Auch sie hat etwas von „Alle Jahre wieder“: Programmbeileger Korrektur lesen, letzte Lücken füllen und hoffen, dass niemand mehr absagt.
Wir greifen wieder die Themen auf, die uns seit dem letzten JoTag besonders beschäftigen: logischerweise KI (wer 2023 nie den Einstieg „Ich habe mal Chat-GPT gefragt“ in einen Beitrag genutzt hat, kriegt von mir in Dortmund einen Spekulatius), Verdachtsberichterstattung (als ob es nicht schon schwer genug wäre, sich in der Medien-Bubble auf Standards zu einigen, haben wir die dieses Jahr mehrfach gleich mit der ganzen Republik diskutiert) und die Rolle des Investigativen im Journalismus.
Wenn wir uns einig sind, dass Menschen Journalismus brauchen, um in der Demokratie zurechtzukommen, dann brauchen alle zumindest einen Überblick über die wichtigsten Themen. In Zeiten von Klickraten kann man Zielgruppen sehr spitz bespielen. Unerwünschte Nebenwirkung: Jede/r bekommt mehr von dem, was interessiert, aber nicht unbedingt alles, was wissenswert wäre.
Wie gesagt – nichts gegen leichte Themen: Aber ich wünsche mir mehr Kreativität, jedes Thema so aufzubereiten, dass es die Chance bekommt, jede/n zu erreichen. Die alljährlichen Klimmzüge für einen neuen Dreh beim Adventsgebäck sähe ich gerne bei Steuerverschwendung wie CumEx oder Autobahnmaut: Brechen wir das so herunter, dass es bei allen ankommt! Rechnen wir die Verluste in eine nachvollziehbare Größe um – Kita-Plätze zum Beispiel. Die fehlen überall, darunter leiden viele. Lasst uns Kita-Plätze zum Größenäquivalent für Geld machen wie das Saarland oder die Fußballfelder für die Fläche! Bessere Vorschläge nehme ich gern am 25. November in Dortmund entgegen!
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2023.