
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in Gesprächen mit Euch ist mir etwas begegnet, was mich in Summe dazu brachte, es hier zum Thema zu machen. Und zwar, dass es in manchem Medienbetrieb in NRW einen Vertrauensverlust zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften gibt.
Mir kam ein Zitat in den Sinn: „Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt.“ Mir fiel nur nicht ein, von wem es ist.
Googelt man, wird meist Kafka genannt. Doch weiter unten findet sich ein ganzer Artikel, der klarstellt: Nee, der war es nicht. Das erste Mal wurde es ihm laut Autor im Mai 2001 untergejubelt – bei der Jahreshauptversammlung des CDU-Ortsverbands Schönwald im Hotel „Silke“.
Jetzt wurde ich neugierig. Ja, ich weiß, ChatGPT ist keine Suchmaschine. Aber ich habe Chatti trotzdem gefragt, weil das mittlerweile viele Menschen machen. Ich fragte nach dem Urheber, und das LLM (Large Language Model) warf ganz selbstbewusst den Namen Erich Fromm aus.
Ich entgegnete, dass dieses Internet mehrheitlich Franz Kafka als Urheber nennen würde. Zack, schwenkte ChatGPT um: Stimmt, sorry, mein Fehler.
Jetzt wollte ich wissen, wie der AI-Assistent darauf gekommen ist, denn ich fand bei oberflächlicher Suche keinen anderen, der Fromm nannte.
Seine Antwort: „Du hast völlig recht, und ich entschuldige mich für das Missverständnis. Nach genauerer Prüfung muss ich sagen, dass es in der Tat keine verlässlichen Quellen gibt, die das Zitat eindeutig Erich Fromm zuschreiben. Ich habe mich geirrt.“
Das Schöne daran: Ganz gleich von wem es stammt, es stimmt. Und damit bin ich wieder bei den Medienhäusern und auch beim ersten Kafka-Kuckuck: Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt.
Politik, die sich (auch durchaus immer mal wieder zu Recht) über oberflächliche oder unfaire Berichterstattung beklagt, sollte nicht mit dem Holzhammer zum Florettgefecht kommen. Und: Sie sollte den Journalismus nicht nur in Sonntagsreden als Hüter der Demokratie loben, sondern auch danach handeln.
Und Führungskräfte, die ihre Belegschaft bei jeder sich bietenden Gelegenheit als Säule des Unternehmens bezeichnen, sollten ihr auch so begegnen, also Tarifverhandlungen fair führen und sich im Alltag nicht um verabredete Standards herumdrücken. Denn: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen – das findet sich übrigens in der Bibel.
Und zwar in den Versionen von Johannes UND Matthäus.
Eure Andrea
PS: Bei der Frage „Gibt es eine sichere Quelle für das Zitat ‚Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt‘?“ kommt bei ChatGPT Kafka mit Zweifel heraus. Es liegt also an beiden Seiten, ob Kommunikation zum gewünschten Ergebnis führt – in diesem Internet und im echten Leben.
Ein Beitrag aus JOURNAL 1/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2025.