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Licht und Schatten

VG Wort: Was die Reform mit sich bringt
24. Juli 2025, Corinna Blümel

Die Ausschüttungen der VG Wort sind für viele Journalistinnen und Journalisten ein wichtiger Teil des Jahreseinkommens, gerade bei Freien. Für im Netz publizierte Texte könnten nach einer grundlegenden Änderung des Verteilungsplans künftig bei einem Teil der Wahrnehmungsberechtigten höhere Zahlungen ankommen; ein anderer Teil könnte dagegen deutlich weniger einnehmen. Für Urheberinnen und Urheber audiovisueller Beiträge wurden neue Ausschüttungsmöglichkeiten eingeführt.

Aus Sicht der VG Wort war die Reform dringend erforderlich, weil die bisherigen Ausschüttungsmodalitäten nicht mehr zu den heutigen Nutzungsgewohnheiten passten. Das erklärte der geschäftsführende Vorsitzende der VG, Dr. Robert Staats, bei der Mitgliederversammlung im Mai. Das belege ein Gutachten, dessen Details die VG Wort allerdings nicht offenlegte. Um potenzielle Klagen zu verhindern, sei es notwendig, den Verteilungsplan zu ändern. Nach intensiver Diskussion wurde die Reform mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit in allen sechs Berufsgruppen (siehe Kasten „Das Wichtigste zur VG Wort“) verabschiedet.

Das Wichtigste zur VG Wort

Die Verwertungsgesellschaft Wort, kurz VG Wort, macht Zweitverwertungsrechte gegenüber Dritten geltend. Für Urheberinnen und Urheber sind das Nutzungen, die mit dem Honorar nicht abgegolten sind – etwa Pressespiegel, Lesezirkel und das Kopieren von Beiträgen aus Zeitschriften, Büchern oder Onlineveröffentlichungen. Dafür zahlen unter anderem Hersteller und Händler von Geräten und Speichermedien wie Druckern, Kopierern, Laptops und USB-Sticks pauschale Vergütungen.

  • Wen vertritt die VG Wort? Sie organisiert Urheberinnen und Urheber sowie Verlage. Sie sind jeweils in drei Berufsgruppen unterteilt (Belletristik/Bühnenwerke, Journalismus/Sachbuch sowie Wissenschaft/Fachbuch). Journalistinnen und Journalisten bilden zusammen mit Autorinnen und Autoren sowie Übersetzerinnen und Übersetzern die Berufsgruppe 2.
  • Wer bekommt Geld? Um Ausschüttungen von der VG Wort zu erhalten, muss man einen Wahrnehmungsvertrag abschließen und die eigenen Veröffentlichungen melden. Wichtig zu wissen: Wahrnehmungsberechtigte sind nicht automatisch Mitglied der VG Wort (siehe auch Kasten „Mitglied werden!“).
  • Wer bestimmt, wie die eingenommenen Gelder verteilt werden? Die Entscheidung etwa darüber, wer welchen Anteil an den Ausschüttungen erhält, liegt bei der Mitgliederversammlung. Hier können Mitglieder aktiv mitentscheiden, Wahrnehmungsberechtigte sind dagegen nur über Delegierte vertreten.||

Mit kleinen Korrekturen angenommen

Um möglichst vielen Mitgliedern die Gelegenheit zur Teilnahme zu geben, fand die Versammlung hybrid statt: Die Veranstaltung im Literaturhaus in München konnten Mitglieder auch online verfolgen und sich zu Wort melden.

Diskutiert wurde in Teilen scharf, vor allem zum Tagesordnungspunkt 7 („Abstimmung über Vorschläge des Verwaltungsrats zur Änderung des Verteilungsplans“). Besonders heftige Kritik gab es an der neuen Kappungsgrenze, deren Höhe vielen nicht plausibel schien (Näheres dazu unten).

Unter anderem zu der Frage hatte sich der DJV-NRW schon im Vorfeld der Versammlung positioniert, und der stellvertreten-de Landesvorsitzender Kristian van Bentem wiederholte die Kritik – wie andere Kolleginnen und Kollegen auch – während der Versammlung in München.

Für Unmut sorgte bei den Kritikerinnen und Kritikern, dass die Details aus dem Gutachten nicht offengelegt und Fragen etwa nach der Kappungsgrenze nach ihrem Gefühl eher ausweichend beantwortet wurden.

Einige kleinere Änderungsanträge wurden schließlich angenommen. Das Ansinnen, die Reform zu verschieben oder zumin-dest die strittigen Punkte vorerst nicht zu ändern, fand aber keine Mehrheit. Bei der Abstimmung nach Berufsgruppen gab es unter den Journalistinnen und Journalisten (Berufsgruppe 2) mit knapp 25 Prozent den größten Anteil Gegenstimmen.

Kernpunkt der Reform sind Änderungen bei Ausschüttungen in zwei Bereichen: für Texte im Internet (METIS) und für audiovisuelle Werke. Beide Reformen finden erstmals bei der Hauptausschüttung 2027 Anwendung und sollen nach der Hauptausschüttung 2028 evaluiert werden. Dann soll sich zeigen, ob die neue Verteilungslogik die aktuellen Nutzungsgewohnheiten angemessen abbildet.

Weiter zwei Ausschüttungsarten

Mit dem Beschluss entfällt bei METIS die bisherige Sonderausschüttung für Texte ohne Zählpixel. Die Gesamteinnahmen für die Vervielfältigung von Onlinetexten verteilen sich künftig auf zwei Ausschüttungsarten. Die Zugriffsausschüttung entspricht im Grundsatz der bisherigen regulären METIS-Ausschüttung, die auf Zählmarken (Pixel) beruht: Hier erfolgt Ausschüttung pro Werk, wenn eine definierte Mindestzahl von Zugriffen erreicht ist. Im Bereich der Zugriffsausschüttung werden künftig 80 Prozent der Gelder ausgeschüttet, die auf den Bereich METIS entfallen.

Die restlichen 20 Prozent gehen in die neue Verbreitungsausschüttung, zu der es in der Mitgliederversammlung die meisten Fragen und kritischen Anmerkungen gab. Wie die bisherige Sonderausschüttung ermöglicht die Verbreitungsausschüttung Einnahmen für Texte, die auf Seiten ohne Zählmarken stehen. Allerdings reicht es nicht mehr, dass die Beiträge im Netz verfügbar sind. Nun müssen bestimmte Verbreitungsnachweise erbracht werden, die nach Überzeugung der VG Wort eine Kopierwahrscheinlichkeit belegen.

Meldungen sind möglich für Werke mit ISBN, ISSN oder DOI (Digital Object Identifier), der vor allem für Beiträge in wissenschaftlichen Veröffentlichungen verwendet wird. Für solche Werke lässt sich eine Mindestverbreitung anhand objektiver Daten (Bibliothekskataloge oder Verkaufsnachweise) belegen

Vieles nicht mehr meldefähig

Damit entfallen etwa Ausschüttungen für unverpixelte Beiträge auf Blogs. Anders als früher kann ein Text zudem nur noch einmal geltend gemacht und damit vergütet werden. Ältere Texte werden nicht mehr berücksichtigt, weil sich die erforderliche Kopierwahrscheinlichkeit nach Überzeugung der VG Wort nicht oder nur mit hohem Verwaltungsaufwand belegen ließe. Beide Punkte werden für einen Teil der Wahrnehmungsberechtigten die Ausschüttungen schmälern.

Andererseits kann die Verbreitungsausschüttung auch für höhere Einnahmen sorgen: Denn künftig kann jeder (aktuelle) Beitrag einzeln gemeldet werden – und nicht wie früher pauschal pro Domain. Außerdem sind mit der Reform jetzt auch die aktuellen Werke auf den Seiten von Fernseh- und Rundfunkanstalten und auf IVW-geprüften Seiten meldefähig.

Kappungsgrenze: 0,1 Prozent

Für Diskussionen sorgt die neuen Kappungsgrenze für Ausschüttungen. Künftig kann eine einzelne Person maximal 0,1 Prozent der gesamten für Urheberinnen und Urheber bestimmten Ausschüttungssumme erhalten. Beispielhaft für das zurückliegende Jahr gerechnet wären das nach Auskunft der VG Wort 27.000 Euro.

Während bisher nur die Sonderausschüttung gedeckelt war (auf unter 1.200 Euro), gilt die neue Kappungsgrenze für beide Ausschüttungsarten gemeinsam. Damit wird die Zugriffsausschüttung für Beiträge mit Pixel, für die es bisher keine Obergrenze gab, erstmals gedeckelt. Das wurde in der Versammlung trotz zahlreicher Nachfragen allerdings nicht ausreichend deutlich. Statt dessen hatten viele vor allem den Sprung bei der maximal möglichen Ausschüttungssumme für unverpixelte Texte im Blick und befürchten, dass es hier zu Missbrauch kommen könnte. Die Mitglieder aus den Reihen des DJV-NRW hätten deswegen einen niedrigeren Betrag für angemessen gehalten (siehe dazu auch Kommentar „Es braucht mehr Transparenz“).

Ob die gleichzeitig eingeführten Beschränkungen auf aktuelle Texte und auf Seiten mit Zugriffsnachweisen reichen werden, um einen Missbrauch zu verhindern, muss bei der Evaluierung auch geprüft werden.

Mitglied werden!
Wer als Wahrnehmungsberechtiger Geld von der VG Wort erhält, ist nicht automatisch Mitglied. Die Mitgliedschaft muss einzeln beantragt werden. Die Voraussetzungen: Man ist mindestens drei Jahre wahrnehmungsberechtigt und hat als Urheberin oder Urheber in den vergangenen drei Kalenderjahren durchschnittlich 400 Euro pro Jahr (mindestens 1.200 Euro insgesamt) erhalten.
Der DJV wirbt dafür, dass alle, die berechtigt sind, auch Mitglied werden. Das ist wichtig, um bei Abstimmungen etwa über den Verteilungsplan ausreichend Gewicht zu haben. Denn auch in der Berufsgruppe 2 (Journalistinnen/Journalisten, Autorinnen/Autoren und Übersetzer­innen/Übersetzer) gibt es unterschiedlichen Interessen.
Wer als Mitglied nicht an der Mitgliederversammlung teilnimmt, kann die Stimme vorab an ein anderes Mitglied übertragen. Ein einzelnes Mitglied kann dabei für maximal zehn andere mit abstimmen./

Neue Möglichkeiten im AV-Bereich

Eine wirklich gute Nachricht gibt es für Urheberinnen und Urheber audiovisueller Werke. Denn die Reform berücksichtigt, dass heute vielfach eher gestreamt als linear geschaut wird: Während bisher nur Fernsehsendungen meldefähig waren, gilt dies nun auch für Werke in Mediatheken der Sendeanstalten sowie für kommerzielle Video-on-Demand-Plattformen wie Netflix oder Amazon Prime Video („non-lineare AV-Werke“).

Dafür wird neben den bereits existierenden Ausschüttungsarten „Fernsehen“, „Hörfunk“ und „Sprachtonträger / Audio-Downloads“ die Kategorie „Mediatheken / Video-on-Demand-Plattformen“ eingeführt. Innerhalb dieser Ausschüttungsart soll die Verteilung im Wesentlichen nach den gleichen Kriterien erfolgen, wie sie für die Ausschüttungsart „Fernsehen“ zur Anwendung kommen. Anstelle des Werts für den Sender soll die Nutzungsintensität der betreffenden non-linearen AV-Werke bewertet werden.||

Ein Beitrag aus JOURNAL 2/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juli 2025.