Wenn gemeinschaftlich gewirtschaftet werden soll, ist die Genossenschaft eine beliebte Rechtsform. Sie ist in der Landwirtschaft, bei Banken, im Wohnungsbau und auch im Journalismus schon lange geläufig.

Genossenschaften sind eine urdeutsche Erfindung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts (siehe Kasten „Der Ursprung der genossenschaftlichen Idee“). Mehr als 150 Jahre später erleben Genossenschaften eine Art Comeback, obwohl sie nie weg waren. Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2025 unter dem Motto „Genossenschaften bauen eine bessere Welt“ zum internationalen Jahr der Genossenschaften ernannt. Diese globale Würdigung kommt nicht von ungefähr: In einer Zeit multipler Krisen bieten Genossenschaften Lösungsansätze, die über die reine Profitmaximierung hinausgehen.
Der Ursprung der genossenschaftlichen Idee
Mitte des 19. Jahrhunderts prägten Hungersnöte, Arbeitslosigkeit, politische Unruhe durch die Märzrevolution und allgemeine Armut das Geschehen. Auf diesem gesellschaftlichen Nährboden entwickelten zwei Männer unabhängig voneinander die Idee, dass gemeinsames Handeln die Not Einzelner lindern könne.
Friedrich Wilhelm Raiffeisen, Bürgermeister im Westerwald, gründete 1847 in Weyerbusch den ersten Hilfsverein für die notleidende Landbevölkerung und entwickelte das Prinzip der ländlichen Genossenschaft, das auf gegenseitiger Unterstützung basierte.
Zur gleichen Zeit entwickelte der Jurist und Politiker Hermann Schulze-Delitzsch in Sachsen genossenschaftliche Modelle für Handwerker und städtische Gewerbe. 1849 gründete er die ersten Rohstoffassoziationen und Vorschussvereine, die später zu den Volksbanken wurden – stets mit dem Ziel, wirtschaftliche Unabhängigkeit durch gemeinsames Wirtschaften zu sichern. Sein Konzept der „Solidarhaft“, also der gemeinsamen Haftung aller Mitglieder, wurde zum Grundpfeiler für Genossenschaften in ganz Europa.
Bis heute besteht der grundlegende Zweck einer Genossenschaft darin, ihre Mitglieder zu fördern. Bei Wohnungsbaugenossenschaften bedeutet das beispielsweise, günstigen Wohnraum für die Mitglieder bereitzustellen. In der Landwirtschaft können Winzer gemeinsam ihre Trauben keltern und den Wein unter dem Namen der Genossenschaft vermarkten./TS
Das funktioniert nicht nur für günstigen Wohnraum und in der Landwirtschaft, sondern auch für Medienschaffende. Hier können Genossenschaften unterschiedliche Zwecke haben. Aktuell möchte zum Beispiel die Kölner Stadtrevue nach einer Insolvenz in Eigenregie (siehe auch „Rettung in die Gemeinschaft“) als Genossenschaft fortbestehen.
Eher für langfristige Projekte
Kann das funktionieren? Der DJV-Freienreferent Michael Hirschler weiß: „Die Gründung von Genossenschaften ist recht aufwändig. Sie empfiehlt sich daher nur für Projekte, die längerfristig angelegt sind und bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie ausreichend viele Mitglieder finden.“

In der Folge stelle sich die Frage, „ob die Menschen so eine starke emotionale Bindung an das Magazin haben oder ob diese aufgebaut werden kann, sodass die Leserinnen und Leser die Stadtrevue mit eigenem Geld unterstützen. Es ist zu hoffen, dass das gelingt.“ Ein großer Vorteil einer Genossenschaft sei dabei, dass durch neue Mitglieder ständig Kapital zugeführt werden könne, gleichzeitig würde ein Abwandern nicht zum Aus der Genossenschaft führen.
Drei bekannte Beispiele
Die bekannteste Genossenschaft im Journalismus in Deutschland ist wohl die taz. Hier sichert die Genossenschaft der Zeitung seit 1991 Transparenz, Unabhängigkeit und langfristige Stabilität. „Doch auch die taz ist regelmäßig auf der Suche nach neuen Mitgliedern, insofern ist die Genossenschaft kein Garant für wirtschaftlichen Erfolg,“ betont Hirschler.
Daneben gibt es mit den Krautreportern und den RiffReportern zwei vergleichsweise junge Genossenschaften in der deutschen Medienlandschaft, die der gemeinschaftlichen, unabhängigen Vermarktung journalistischer Arbeit dienen. Die Krautreporter haben sich als Genossenschaft organisiert, um unabhängigen, werbefreien Online-Journalismus dauerhaft zu sichern. Alle Interessierten können Mitglied werden und in der Generalversammlung mitentscheiden.
Die RiffReporter hingegen nehmen nur hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten auf. Diese können auf der Plattform ein eigenes Themenportal betreiben und Einnahmen generieren.
Es braucht viele Paragrafen
Wir wären nicht in Deutschland, wenn die Gründung einer Genossenschaft nicht in einem engen Korsett aus Paragrafen des Genossenschaftsgesetzes stattfinden würde.
Um in Deutschland eine Genossenschaft zu gründen, sind drei volljährige natürliche oder juristische Personen nötig. Zum Vergleich: Für die Gründung eines eingetragenen Vereins sind sieben Mitglieder erforderlich. Doch anders als bei einem Verein darf eine Genossenschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb haben. Das macht sie für alle interessant, die beruflich kooperieren, aber das wirtschaftliche Risiko einer solchen Zusammenarbeit minimieren möchten.
Sind die Mitglieder für die neue Genossenschaft gefunden, gilt es, eine Satzung zu entwerfen, die bestimmte Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes erfüllt: So muss sie unter anderem den genauen Namen und den Sitz der Genossenschaft angeben, ihren Zweck und ihre Struktur festlegen. Im Rahmen der Satzung kann dann auch bestimmt werden, dass die Mitglieder nur in Höhe ihrer Einzahlungen haften.
Beratung ist empfehlenswert
Jede Genossenschaft muss Pflichtmitglied in einem Prüfungsverband sein. Dieser führt die Gründungsprüfung durch und erstellt eine gutachterliche Äußerung, die für die Eintragung ins Genossenschaftsregister erforderlich ist. Entsprechend ist es ratsam, sich von Anfang an von einem solchen Verband beraten zu lassen, beispielsweise vom Prüfungsverband der kleinen und mittelständischen Genossenschaften e.V.
Mit einem Besuch beim Notar und den entsprechenden Unterschriften der Gründungsmitglieder kann die Genossenschaft schließlich gegründet werden. Seit diesem Jahr ist das sogar digital möglich. Erst nach der Eintragung in das Genossenschaftsregister darf die Genossenschaft den Zusatz eG führen. Außerdem erhält sie eine eigene Steuernummer vom Finanzamt.
Wie im Vereinswesen braucht auch jede Genossenschaft einen Vorstand. Dieser muss aus mindestens zwei Personen bestehen. Hat die Genossenschaft weniger als 20 Mitglieder, reicht eine Person im Vorstand. Der Vorstand wird in der Generalversammlung gewählt, die jährlich abgehalten werden muss und mittlerweile digital stattfinden darf. Der Vorstand ist das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Genossenschaft.
Wenn die Genossenschaft erst einmal läuft, muss sie wie jedes andere Unternehmen eine ordnungsgemäße Buchführung betreiben. Dazu gehört ein Jahresabschluss, der beim Genossenschaftsregister eingereicht werden muss. Zusätzlich schaut der Prüfungsverband alle zwei Jahre auf die Finanzen der Genossenschaft. Genossenschaften sind selbstverständlich steuerpflichtig. Für sie fallen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer an. Umsätze müssen ebenfalls mit dem jeweiligen Umsatzsteuersatz versteuert werden.
Eine Frage der Haftung
Neben der Gründung oder Bewahrung einer Medienmarke kann es noch andere Motive geben, dass eine Genossenschaft trotz des Aufwands der Gründung eine geeignete Rechtsform ist. Gründen mehrere Personen ein Journalistenbüro und mieten dafür Büroräume an, ohne eine weitergehende Regelung zu treffen, sind sie zunächst automatisch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). In diesem Fall haften alle Mitglieder gesamtschuldnerisch, soweit vertraglich nichts anderes geregelt wurde. Das bedeutet, dass zum Beispiel jeder und jede Einzelne für die volle Miete geradestehen muss, wenn die anderen nicht zahlen können.
Bei einer Gründung als Genossenschaft haftet diese als Mieter bis zur Höhe ihres Eigenkapitals, ähnlich wie bei einer GmbH. Allerdings muss eine Genossenschaft nicht zwingend über Eigenkapital verfügen. Für den Geschäftsbetrieb ist allerdings eine gewisse finanzielle Grundausstattung sinnvoll, da die Genossenschaft sonst nicht einmal die Kaution für die Büroräume zahlen könnte.
Selbst für Bürogemeinschaften möglich
Der Zweck der Genossenschaft wäre in diesem Fall die gemeinsame Nutzung von Büroräumen und eventuell von Einrichtung und technischer Ausstattung, um den Mitgliedern Kosten zu sparen. Auch hier gilt, dass sich der Aufwand der Gründung nur lohnt, wenn sich die Beteiligten langfristig aneinanderbinden möchten. Gleichzeitig können einzelne Mitglieder durch das Genossenschaftsmodell schneller aufgenommen werden und auch das Konstrukt verlassen, ohne dass der Fortbestand gefährdet wäre.
In einer Zeit, in der viele klassische Geschäftsmodelle unter Druck geraten, gewinnt die Idee der Genossenschaft wieder an Aktualität. Es geht bei diesen Modellen immer um gemeinsames Agieren – oft gepaart mit viel Idealismus und dem Willen zur Mitbestimmung. Denn viele Entscheidungen, die woanders einfach „von oben“ getroffen werden, diskutiert man hier basisdemokratisch aus, sofern man das möchte. Ob in Landwirtschaft, Wohnungsbau, Finanzwesen oder im Journalismus – dort, wo Menschen gemeinsam Verantwortung übernehmen wollen, kann eine Genossenschaft ein interessantes Modell sein.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2025.