Jeden Morgen lese ich mehrere regionale Tageszeitungen, nicht nur aus persönlichem Interesse. Als Tagesreporter fürs regionale Fernsehen bin ich auf interessante Storys aus Bergkamen, Unna, Oer-Erkenschwick, Ennepetal, aus Dortmund, Hamm oder Hagen angewiesen. Ich muss die Kolleginnen und Kollegen in den Lokalredaktionen deutlich loben. Trotz Stellenabbaus und häufig schwieriger Arbeitsbedingungen machen sie einen hervorragenden Job. Sie sind meist am Puls der Zeit, wissen, was los ist.
Jenseits des Lokalen bieten die Blätter dagegen oft erschreckende Ideenlosigkeit: Die Ressorts Wirtschaft, Politik, Sport und Kultur lassen mich verzweifeln. Nicht weil einzelne Artikel schlecht wären, sondern weil ich sie identisch in allen Blättern finde. Jeder Verleger sagt dann: „Herr Stach, Sie sind die seltene Ausnahme, Sie lesen ja mehrere Zeitungen verschiedener Häuser. Unsere Leser merken das doch gar nicht!“ Ich kann nur entgegnen: „Ihr Geschäftsprinzip ist die Einfallslosigkeit.“ Mutlos drehen Verlagshäuser an der Kostenschraube, um die Renditen noch ein wenig in die Zukunft zu strecken, wie gerade wieder in Ostwestfalen (siehe Westfalen-Blatt verliert eigenständigen Mantel). Sie verraten ihre eigene Identität. Deswegen benennen wir als DJV-NRW manche Verlage immer wieder als Totengräber der Meinungsvielfalt.
Wenn aber die Mantelteile jetzt so austauschbar und preiswert sind, wo bleiben die notwendigen Investitionen ins Lokale? Leserinnen und Leser wissen zu schätzen und zahlen dafür, dass Profis auswählen, was in der Stadt oder dem Stadtteil relevant ist. Kompetent aus eigener Kraft über die nahe und fernere Nachbarschaft informieren – das können soziale Medien als „Intermediäre“ nicht. Lokalzeitungen beschaffen Informationen vor Ort, das ist ihr Alleinstellungsmerkmal. Das könnten Verleger nutzen – wenn sie nicht den Glauben ans eigene Medium verloren hätten. Mit Neugier schaue ich jetzt auf das Ehepaar Friedrich, das den Berliner Verlag gekauft hat (siehe DuMont Rheinland: Beschäftigte hängen weiter in der Luft). In ersten Statements haben die neuen Eigner anklingen lassen, worin ihr Geschäftsmodell bestehen soll: den Eigensinn in den Ressorts zu stärken und das Lokale auszubauen. Ich finde das richtig gut, denn nur so haben die Lokalzeitungen eine Zukunft.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 5/19, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2019.