Nach zwei Jahren Corona-Pause hat Correctiv mit seinem Campfire-Festival am 27. August die Zelte erneut vor dem Landtag in Düsseldorf aufgeschlagen. Auch der DJV-NRW war wieder dabei – mit eigenem Zelt und der bewährten Mischung aus Nutzwert und der Reflexion über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen. Gefragt waren DJV-Vertreterinnen und -Vertreter auch auf anderen Panels.
Konfliktsensitiv berichten
Den Impuls setzte Sigrun Rottmann mit ihrem Vortrag „Konfliktsensitiver Journalismus“, der auf dem 40 Jahre alten Konzept des „Friedensjournalismus“ aufbaut. Im Kern geht es darum, verantwortungsvoll über kontroverse Themen und gesellschaftliche Auseinandersetzungen zu berichten, erläuterte die Journalistin, die sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Journalistik der TU Dortmund mit dem Thema befasst.
Demokratische Gesellschaften brauchen (gewaltfreie) Konflikte, um sich fortzuentwickeln, betonte Rottmann. Allerdings erlägen Redaktionen oft der Versuchung, eine Debatte auf zwei Standpunkte zu reduzieren oder sie sprachlich als Wettkampf mit Siegern und Verlieren darzustellen. In anderen Fällen würden Konflikte geradezu herbei geschrieben. Dabei habe Journalismus die Aufgabe, Informationen zu liefern und einzuordnen – Damit Bürgerinnen und Bürger sich eine Meinung bilden, fundiert über Themen auseinandersetzen und Konflikte bearbeiten können.
Das setzt allerdings voraus, dass Menschen solche Medieninhalte überhaupt noch zu nutzen verstehen, egal, über welche Plattformen sie zu ihnen kommen. Denn Medien- oder präziser Nachrichtenkompetenz ist heute alles andere als selbstverständlich.
Einsatz für mehr Nachrichtenkompetenz
Wie lernen Jugendliche, aber auch Erwachsene einen kritischen Umgang mit Informationen und Quellen? Und wie lässt sich Wissen über die Arbeit von Redaktionen und die Qualitätsstandards professioneller Medien in der Gesellschaft vermitteln? Das war Thema des Panels „Medien? Wer braucht denn so was?“ mit Miriam Bunjes, die sich für die Reporterfabrik um das Projekt „Journalismus macht Schule“ kümmert, und Arne Cremer vom Volkshochschulverband NRW.
Das Projekt „Journalismus macht Schule“, dem sich auch der DJV-NRW angeschlossen hat, setzt auf Schulbesuche, bei denen Journalistinnen und Journalisten Einblick in ihre Arbeit geben. Den bräuchten ja durchaus auch viele Erwachsene, erklärte DJV-Landesgeschäftsführer Volkmar Kah, „und dabei müssen wir vor allem die ansprechen, die sich nicht für das Thema interessieren“. Da kommen die Volkshochschulen ins Spiel, mit denen der DJV-NRW auch zusammenarbeitet: Die Erwachsenenbildung wird zwar oft übersehen, wie Cremer sagte, aber die Volkshochschulen bringen die Strukturen mit, um unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen zu erreichen.
Wie mit dem Druck umgehen?
Mit den Herausforderungen des Berufs befassten sich zwei Panels. Dazu gehört Hatespeech, also die Hassrede im Netz. Was Redaktionen zu lesen bekommen, erzählte Matthias Bau, Faktenchecker bei Correctiv: Die Bandbreite reicht von Beleidigungen bis hin zu Todesdrohungen. „Natürlich sprechen wir darüber, wenn so etwas passiert“, sagte Bau, so ließe sich viel Druck von den Schultern nehmen. In besonders üblen Fällen reicht Reden nicht: „Dann erstatten wir auch Anzeige.“
Mehrere hundert solcher Zuschriften hat das Redaktionsteam schon erhalten, doch legt es den Fokus bewusst nicht nur auf negative Äußerungen. „Wir haben einen eigenen Kanal, über den wir positive Zuschriften teilen – wenn uns jemand lobt und unsere Arbeit wertschätzt. Das tut gut und bestärkt uns in dem, was wir tun.“
Den journalistischen Arbeitsalltag prägen auch Auswüchse wie wachsende Arbeitsverdichtung, Zeit- und Erfolgsdruck. Der Workshop „Das agile Buddha-Prinzip“ fragte: Wie werden wir resilienter, wie schaffen wir es, gut mit allen Herausforderungen umzugehen? Die Onlinejournalistin und Trainerin Ute Korinth hatte dazu ein paar Übungen mitgebracht und erläuterte wichtige Strategien – etwa in schwierigen Situationen die eigene Perspektive zu suchen, nach möglichen Stellschrauben für Veränderung zu gucken und sich auf seine Stärken zu konzentrieren statt auf das Gefühl der Überlastung.
Nutzwert für den Nachwuchs
Abgerundet wurde das Programm im DJV-Zelt mit zwei nutzwertigen Klassikern: Aktuelles zum Fotorecht erläuterte Christian Weihe, Justiziar des DJV-NRW. Und Stanley Vitte, der Hochschulbeauftragte des Landesverbands, stellte verschiedene Wege in den Beruf vor: Ob Fach- oder Journalismusstudium, Volontariat oder Learning by doing: Den einen richtigen Weg gibt es nicht, aber je nach Berufsziel empfehlen sich geeignete Ausbildungsschritte.
Am Vormittag besuchten NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) und die grüne NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur das Zelt des DJV-NRW. Bereits zum Auftakt auf der Hauptbühne hatte Liminski ein eindeutiges Bekenntnis zu einer starken Medienlandschaft in NRW abgegeben, deren Vielfalt es zu erhalten gelte.||