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Digitalisierung und Nachhaltigkeit

27. Dezember 2022, Bettina Blaß
Ruth Preywisch, Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. | Foto: privat
Ruth Preywisch,
Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. | Foto: privat

Im Netz recherchieren, mailen, Videos streamen: Der Journalismus ist digitaler geworden, und das ist oft nicht nachhaltig. Ein Zurück in analoge Zeiten ist nicht denkbar, doch alle können ihre eigene Digitalisierung nachhaltiger gestalten. Ruth Preywisch von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat einige Tipps.

JOURNAL: Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing von der FDP hat im Frühjahr 2022 gesagt, man sollte weniger Essensfotos ins Internet laden, um den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) zu senken. Wo ist da der Zusammenhang?
Ruth Preywisch: Jedes hochgeladene Foto, jedes Video und jeder Text im Internet setzt CO2 frei. Denn Internetinhalte liegen auf einem Server, der Strom verbraucht. Je mehr Inhalte auf Servern gespeichert werden, desto mehr Energie benötigt man für Serverkapazitäten. Und je mehr Energie verbraucht wird, desto höher ist der CO2-Ausstoß. Zwar verbraucht jedes hochgeladene Foto oder Video nur wenig Energie. Doch die Summe von allen ist hoch. Ähnlich ist es beim Videostreaming: 80 Prozent des Datenverkehrs im Internet wird durch Streaming verursacht. Das einzelne gestreamte Video schlägt dabei nicht ins Gewicht, aber die Masse wird zum Problem. Sinnvollerweise sollte man aber bei Punkten ansetzen, die viel Energie verbrauchen, um die Digitalisierung nachhaltiger zu gestalten. Nicht bei Essensfotos im Netz, sondern etwa in der Krypto-Branche. So verursachen zum Beispiel zehn Kilometer mit dem Auto 1 500 Gramm CO2, eine Bitcoin-Transaktion 313 000 Gramm.

JOURNAL: Bleiben wir beim Streaming: Durch die Pandemie haben wir virtuelle Konferenzen und Weiterbildungen schätzen gelernt. Jetzt soll man die Kamera wieder ausstellen, um CO2 zu sparen?
Preywisch: Geht es um Digitalisierung und Nachhaltigkeit, gibt es selten nur Schwarz und Weiß. Videokonferenzen sind auf jeden Fall besser fürs Klima, als wenn viele Menschen täglich pendeln oder auf Geschäftsreise sind. Wenn 40 Prozent der Beschäftigten an zwei Tagen pro Woche im Homeoffice wären, würden fünf Millionen Tonnen CO2 gespart. Das entspricht 18 Prozent des CO2-Ausstoßes, der durchs Pendeln verursacht wird. Doch auch Videokonferenzen kann man CO2-ärmer nutzen. Zum Beispiel eben, wenn man die Kameras ausschaltet. Das muss nicht während der gesamten Sitzung sein, ist aber beispielsweise dann sinnvoll, wenn jemand anders präsentiert.

JOURNAL: An welchem Punkt könnten gerade Journalistinnen und Journalisten noch ansetzen?
Preywisch: Schauen wir auf den CO2-Verbrauch beispielsweise eines Smartphones von der Vorfertigung bis zur Entsorgung, so entfallen rund 60 Prozent auf die Zeit, bevor das Gerät überhaupt im Handel ist. Ähnlich ist es bei Laptops, Desktopcomputern oder Tablets. Wer nachhaltig handeln möchte, sollte vor jedem Kauf abwägen, ob er wirklich ein neues Gerät benötigt. Falls die Antwort ‚ja‘ lautet, sollte das alte Gerät zumindest so recycelt werden, dass es nicht in einem Entwicklungsland auf der Müllhalde landet, sondern seine Bestandteile wiederverwertet werden.||

Dieses Interview ergänzt den Beitrag „Berichten reicht nicht“.

Ein Beitrag aus JOURNAL 4/22, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2022.