AUS- UND WEITERBILDUNG

Eine „Pause“ für den Journalismus in Iserlohn

Zwei journalistische Studiengänge laufen aus
23. Juni 2020, Werner Hinse

Böses Erwachen – ausgerechnet im zwanzigsten Jahr des Bestehens. „Pause“ ist das Wort, mit dem die University of Applied Sciences Europe (UE) am Standort im sauerländischen Iserlohn kommuniziert, dass dort die Studiengänge Journalismus und Unternehmenskommunikation (JBC) sowie Kommunikations- und Medienmanagement (CMM) auslaufen. Wegen geringer Nachfrage werden zum Wintersemester 20/21 keine neue Erstsemester in diese Bachelor-Studienangebote starten.

„Es kann auch einer privaten Hochschule nicht ausschließlich darum gehen, dass sich Bildung rechnet. Es kann nicht angehen, dass eine Hochschule sich klammheimlich aus renommierten Studiengängen verabschiedet“, erklärt dazu Frank Stach, Landesvorsitzender des DJV-NRW. Der DJV-Landesverband bietet den Studierenden Unterstützung und den DJV-Mitgliedern unter den Betroffenen gegebenenfalls auch Rechtshilfe an.

Logo der University of Allied Sciences Europe.
Logo der University of Allied Sciences Europe.

Die private Fachhochschule UE ist in Nordrhein-Westfalen bislang eher als Business and Information Technology School bekannt, abgekürzt BiTS. Sie hat in Deutschland derzeit 2.724 Studierende, davon 732 in Iserlohn, weitere Standorte sind Hamburg und Berlin. Die jetzige Entscheidung betrifft deutschlandweit 215 Studierende. Wie diese sich auf die Standorte verteilen, wollte die Hochschule auf Anfrage nicht aufschlüsseln.

Die Iserlohner Studiengänge waren, wie UE-Sprecherin Jessica Barthel betont, „lange ein wesentliches Kompetenzfeld der BiTS/UE“. In ihnen wurden Generationen von Journalisten, Pressesprechern und Medienexperten ausgebildet.

Lange Ungewissheit für Studierende

Jetzt ließ die Fachhochschule die betroffenen Studierenden allerdings lange über die Zukunft ihrer Studiengänge im Unklaren. Dies ging sogar soweit, dass die Studentenvertretung Iserlohn Gerüchten entgegentreten musste und versicherte, dass „der Campus Iserlohn und beide Fachbereiche weiterhin bestehen werden“.

Dass sich sich die UE „als permanent lernende Institution“ neu ausrichtet, ist nach Aus­sagen von Barthel eine Reaktion auf die veränderten Bedürfnisse im Arbeitsmarkt und auf die weitere Digitalisierung der Kommunikation: Die Hochschule sieht sich als Opfer des Medienwandels. „Die Einschreibezahlen für die Medienstudiengänge sind in Iserlohn kontinuierlich zurück­gegangen“, erklärt die UE-Sprecherin am 22. Juni auf DJV-Anfrage. „Zuletzt gab es für den Stu­diengang JBC nur noch vier Studierende in Iserlohn.“ Vergleichszahlen wollte die UE nicht nennen.

Wer bereits an der Hochschule eingeschrieben sei, werde „natürlich in der gewohnten hohen Qualität und vor allem auch Aktualität der Lehre zu Ende studieren können“, versichert Barthel. Allerdings macht sie deutlich, „dass wir unsere Campus an allen drei Standorten weiterentwickeln und diese unter anderem durch Formen des hybriden Lernens weiter vernetzen.“ Sprich: Es wird digital und in Präsenz unterrichtet.

Elemente und Vorlesungen aus dem Fachbereich Art und Design aus Hamburg und Berlin sollen nun auch in Iserlohn einfließen, beschreibt Barthel das künftige Angebot für die verbleibenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer der auslaufenden Studiengänge. Der CMM-Masterstudiengang wird am Standort Hamburg übrigens weitergeführt. Grund: Der Trend der Bewerberzahlen in Hamburg war positiver.

Auch Lehrpersonal betroffen

Neben den Studierenden sind auch die Lehrenden von der „Pause“ betroffen. UE-Sprecherin Barthel bestätigt, dass es langjährige, verdiente Dozentinnen und Dozenten sind, die gehen müssen. Nach Informationen des DJV-NRW sollen bundesweit rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die UE verlassen sollen, davon etwa die Hälfte akademisches Personal. Mit Verweis auf arbeitsrechtliche und Datenschutz-Gründe wollte die Hochschule nicht bestätigen, dass es sich um betriebsbedingte Kündigungen handelt.

Das Studienangebot in Iserlohn hat in zwei Jahrzehnten einige Besitzerwechsel hinter sich. Gegründet wurde die private, aus Studiengebühren finanzierte Fachhochschule 2000 von Dietrich Walther, der die ersten zehn Jahre ihr Präsident war. Von 2008 bis 2017 übernahm die amerikanische Laureate Education Inc. die Trägerschaft. Vor drei Jahren verschmolz die BiTS mit der BTK Berliner Technische Kunsthochschule zur University of Applied Sciences Europe. Seit 2018 ist die Fachhochschule im Besitz der Global University Systems (GUS).

Nun gibt es eine klare Marschrichtung der Hochschule hin zu den „Jobmärkten der Zukunft“. Die UE fokussiere sich auf die Studiengänge, die von den Studierenden am besten gefragt würden, erklärt Barthel. So liefen noch zwei weitere Studiengänge aus. Barthel: „Wie jedes wirtschaftlich denkende Unternehmen müssen auch wir als Hochschule unsere Programme immer wieder überprüfen und an den Bedarfen unserer Studierenden ausrichten, um zukunftsfähig zu bleiben. Das haben wir für alle Standorte getan.“||


Ein Beitrag aus JOURNAL 4/20, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, vorab veröffentlich im Juni 2020.