Wenn Romina Stawowy etwas wichtig und richtig findet, legt sie los. Ob die Kampagne vor der Landtagswahl, um mehr Frauen in Sachsen an die Urne zu bringen, oder ein Magazin, das sie selbst gerne lesen würde. Doch dieses Magazin femMit ist – vorerst – Geschichte. Romina hat der Doppelfunktion aus Chefredakteurin und Verlegerin den Rücken gekehrt und eine Festanstellung bei einer NGO angenommen. Leicht ist ihr das nicht gefallen.

JOURNAL: Du hast versucht, ein Magazin an den Start zu bringen und im Markt zu positionieren, und – Transparenzhinweis – ich habe dich ein Stück auf dem Weg als freie Autorin begleitet. Kannst du einmal kurz skizzieren, was das für ein Magazin war und warum du meintest, dass Deutschland es braucht?
Romina Stawowy: Ich habe 2019 den femMit-Kongress veranstaltet, einen Kongress mit dem Schwerpunkt „Mehr Frauen in Medien und Politik“. Der Kongress lief super. Ich habe direkt den nächsten geplant, und dann kam Corona. Ich durfte alles absagen und habe überlegt, wie ich die getane Arbeit doch noch unters Volk bringe.
Ich hatte schon lange davon geträumt, ein gedrucktes Magazin zu entwickeln. Und das habe ich dann mehr oder weniger über Nacht gemacht. Mein Gesellschaftsmagazin sollte viermal im Jahr erscheinen. Die erste Ausgabe kam am 1. Oktober 2020 mit einer Auflage von 10 000 Heften raus – sechs Monate nach dem abgesagten Konferenztermin.
JOURNAL: Welchen Herausforderungen bist du begegnet?
Stawowy: Der erste große Brocken war noch nicht mal die Finanzierung, weil ich Mittel der Konferenz umwidmen konnte. Das hat das Ganze finanziell möglich gemacht, also den Grundstock für Druck und Co. Und geplant war gar nicht, das erste Heft an den Kiosk zu bringen. Ich wollte es eigentlich verschicken. Dann kam aber von so vielen die Anregung, das direkt an den Kiosk zu bringen, dass wir tatsächlich in einer Nacht und Nebelaktion auf 5.000 Hefte diese EAN-Codes geklebt haben. Ich habe den ersten Vertrieb angerufen, der mir in der Google-Suche angezeigt wurde. Grüße an Klaus, wir sind immer noch in Kontakt. Und mit dem habe ich das Heft in den Verkauf gebracht.
Aber 2022/23 wurde es mit den Anzeigen schwieriger. Ohne Anzeigenerlöse hätte ich den Preis so hochsetzen müssen, dass kein Mensch das Ding am Kiosk kauft. Ich hätte ein komplett anderes Modell stricken müssen.
JOURNAL: Was die Krise des Anzeigengeschäfts als Geschäftsmodell angeht, bist du ja in bester Gesellschaft. Was ist dein größter Schmerz mit dem Journalismus, wenn du auf diese Jahre zurückblickst?
Stawowy: Ich weiß, du siehst das ein bisschen anders, wenn ich jetzt wieder mit dem Ostthema komme, aber ich habe sehr lange darüber nachgedacht, mir eine Briefkastenadresse oder etwas ähnliches in Hamburg oder Berlin zuzulegen. Ich habe einfach gemerkt, dass Dresden als Standort nicht optimal ist. Ich kann mich an ein Telefonat erinnern, bei dem ich weitergereicht wurde mit dem Hinweis „Das ist so ein Ding aus dem Osten“. Ich will mich gar nicht in die Opferrolle hinein suhlen, aber es gab punktuell immer mal wieder solche Sprüche.
JOURNAL: Wie relevant war in der Zeit das Thema Geld? Nicht nur mit Blick auf dein Projekt, sondern auch mit Blick auf dich?
Stawowy: Naja, ich habe drei Söhne, ein bisschen was brauche ich da schon. Darum habe ich mir von Anfang an gesagt: Ich drucke keine Ausgabe, die nicht finanziert ist. Aber ich habe immer noch nebenbei andere Projekte realisiert, um alles zu finanzieren. Mein Trotz und mein Stolz wollten, dass es klappt. Am Ende habe ich es ein bisschen zu weit getrieben.
JOURNAL: Was heißt das?
Stawowy: 2024 habe ich nochmals auf Biegen und Brechen versucht, das nächste Heft zu drucken. Bis ich festgestellt habe: „Okay, ich verbrauche gerade meine Reserven, die Rücklagen für die Steuer, also Geld, das mir gar nicht gehört“. Da musste ich die Reißleine ziehen…
JOURNAL: …weil es dich sonst auffrisst?
Stawowy: Klar, da schläft man ja auch schlecht. Im Sommer letzten Jahres habe ich auf’s Konto geschaut und auf die Absagen, die ich auf Anzeigenanfragen bekommen habe, und gedacht: „Das brauche ich gerade gar nicht.“
Die politische und wirtschaftliche Lage wurde so herausfordernd, dass ich gemerkt habe, dass es nicht mehr funktionieren kann. Es war einfach kein Geld da. Auch in anderen Magazinen sah ich immer weniger Anzeigen. Da reifte die Erkenntnis: Wenn es die Großen nicht schaffen, dann brauche ich mir keine Illusion mehr zu machen.

JOURNAL: Du hast letztens bei Linkedin geschrieben, dass du jetzt zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist. Was an deiner Arbeit für die NGO ist besser als die vorherige Tätigkeit – also neben dem festen Einkommen?
Stawowy: Ich bin nicht mehr alleine, keine Einzelkämpferin mehr, sondern Teil eines Teams. Das tut gut.
JOURNAL: Wenn du dem Journalismus was ins Poesiealbum schreiben könntest, was würdest du ihm gerne sagen?
Stawowy: Er soll nicht den Mut verlieren. Der Journalismus ist nicht tot, und auch das Magazin als solches ist nicht tot. Ich glaube das nicht. Im Moment liegt der Fokus woanders. Es ist noch eine Weile Durchhalten gefragt. Ich bin aber auch noch nicht fertig mit dem Thema.
JOURNAL: Das ist eigentlich ein schönes Schlusswort. Oder möchtest du noch etwas loswerden?
Stawowy: Eins möchte ich jedem Journalisten und jeder Journalistin gerne raten: Sei ehrlich mit dir und gucke immer wieder schonungslos auf deine Zahlen! Bei aller Liebe, bei aller Leidenschaft, wir müssen alle überleben. Und: Bildet Banden, kämpft nicht allein! Ich glaube, das hätte mir auch gutgetan. Das sind Erfahrungen, die man mitnimmt und sagt: „Nächstes Mal mache ich es anders…“||
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2025.