Foto: Frank Sonnenberg
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Lokal Hinschauen

Erster Bergischer Medienabend zu Klima- und Umweltjournalismus  
13. Mai 2022, Frank Sonnenberg

Wie sagte Meteorologe Frank Böttcher in seinem Vortrag am ersten Tag des Bergischen Medienabends: „Einfach alle Journalistinnen und Journalisten sind in den kommenden Jahren durch die Langzeitfolgen auch Betroffene des Klimawandels.“

Die Botschaft aus dem Bergischen: Jetzt journalistisch aktiv werden und die Klimaberichterstattung nicht nur den Medien wie taz, Stern oder ZEIT überlassen. Vielmehr können lokale Medien den Fokus auf regionale Umweltthemen lenken. Sei es der Hochwasserschutz, die Trinkwasserversorgung in den Kommunen durch bestehende Eternit-Rohre, Regenerative Energien, Verkehrswende, klimaschonendes Bauen, Waldsterben, etc.

Digital und kompakt
Wie kann Berichterstattung zur Klimasituation auf lokaler Ebene funktionieren und welche Themen kann man setzen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der erste digitale Bergische Medienabend zum Klima- und Umweltjournalismus am 14. und 15. Dezember 2021. Mit Vorträgen und Praxisbeispielen aus dem Bergischen Land hat der BJV Medienschaffende ermutigt, Umwelt- und Klimathemen in der lokalen Berichterstattung zu verankern./

Nicht immer ist es jedoch einfach, an Hintergrundwissen und O-Töne zu kommen. Wie das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie mit Expertinnen und Experten, mit Netzwerken und mit Institutspublikationen zu Umweltthemen helfen kann, erläuterte Christin Hasken, Leiterin Kommunikation, Pressesprecherin Wissenschaftliche Dienste im ersten Vortrag des Abends. Das Wuppertal Institut ist ein „interna­tionaler Think Tank für eine impact- und anwendungsorientierte Nachhaltigkeitsforschung“.

Daten zum Wald vor der Haustür

Im zweiten Vortrag des Abends stand der Wald im Mittelpunkt, passend zur waldreichen Region des Bergischen Landes. Doch ob das so bleibt, ist fraglich. Dr. Torsten Welle, Leiter Wissenschaft und Forschung der Naturwald Akademie, gab einen Überblick über die Waldverluste in Deutschland. Mit dem „Waldmonitor“ stellte er ein interessantes Recherchetool vor. Auf Basis aktueller Satelliten- und Geodaten lässt sich damit beispielsweise ­beurteilen, wie die Lage des Wald­gebiets vor der eigenen Haustür oder in den Wäldern in der Region ist (siehe Abbildung oben).

Spannende Einblicke in die Kommunikation zum Wettergeschehen gab schließlich Frank Böttcher, Journalist, Meteorologe und Gründer des Extremwetter-Kongresses. Berichterstattung zum Klimawandel fange schon bei den verwendeten Begriffen an. Er rät zum Verzicht auf das Wort „Krise“. Denn eine Krise sei im Allgemeinen ein Höhe- oder Wendepunkt einer gefährlichen Konfliktentwicklung und dauere eher kürzer als länger an. „Klimawandel wird uns die nächsten 200 Jahre begleiten“, erklärte er. „Klimakrise“ ließe sich also als 200 Jahre Alarmzustand deuten: „Was macht das mit dem Menschen?“ Böttcher bevorzugt die Begriffe Klimasituation, Klimaentwicklung oder Klimaproblem. Auch der Begriff Erderwärmung ist aus seiner Sicht irreführend: Besser sollte man von globaler Erwärmung sprechen. Schließlich seien rund 93,4 Prozent der Erde von Wasser bedeckt und nur 2,1 Prozent mit Kontinenten. Und der Eisbär habe dabei als Visualisierung einfach ausgedient.

Rückblick auf die Hochwassernacht

Mit dem Rückblick auf die Hochwassernacht im Juli 2021 in Wuppertal, startete der zweite Abend. Georg Rose, Chefredakteur von Radio Wuppertal, erzählte, wie das Team den Sendebetrieb aufrechterhielt, bis das Notstrom­aggregat ausfiel: „Wir haben versucht, die Menschen da draußen zu warnen und zu informieren. Mit wenig Dramatik, sachlich und ruhig.“

Für die Berichterstattung in jener Nacht wurde Radio Wuppertal 2021 mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet. Chefredakteur Rose gab sich eher bescheiden, da auch andere Sender in dieser Notsituation berichtet hätten. Aber er verwies noch einmal auf die grundlegende Bedeutung eines funktionierenden Warnsystems zur Information der Bevölkerung und den Stand seiner Initiative, Sendeeinheiten von Lokalradios mit Notstromaggre­gaten auszustatten (mehr dazu in „Auf einer Welle“, dem Lokalfunk-Podcast des DJV-NRW, Folge 33).

Der Bergische Medienabend zeigte, dass Klima- und Umweltjournalismus über Krisenkommunikation hinausgeht und dass Umweltformate bei lokalen Medien langfristig redaktionelle Bedeutung gewinnen können. Beispielhaft dafür ist das Projekt der jungen Journalistinnen Katharina Birkenbeul, Valeria Schulte-Niermann und Alexandra Dulinski: Die Volontärinnen beim Verlag B. Boll, der Solinger Tageblatt und Remscheider General-Anzeiger herausgibt, hatten im Frühjahr 2021 die ­Serie „Natürlich nachhaltig“ zu lokalen Klima- und Umweltfragen im Bergischen Land entwickelt und seit Herbst 2021 eine breite Themenvielfalt von Verbraucher-Tipps bis zu Selbstversuchen mit umweltfreundlichem Verhalten publiziert (siehe „Natürlich nachhaltig. Klimajournalismus vom Globalen ins Lokale“).

Deutschlandweit gibt es bisher nur wenige Lokal-Redaktionen mit „Klima und Umwelt“ als fester Rubrik oder redaktionellem Format. Dazu gehört etwa die Saarbrücker Zeitung, aber auch im Zeitungsverbund der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) werden lokale ­Umweltformate und Zielgruppenansprachen entwickelt. Auf breiter Basis sind sie in den redaktionellen Alltag ­jedoch noch nicht integriert.

Bundesweite Resonanz

Mit geballtem Expertenwissen in drei Mehrwert-Sessions zu Wald, Wetter und Experten-Netzwerken und angeregter Diskussion, verbunden mit ­einem Best-Practice-Beispiel aus der Region, zeigte der zweitägige Bergische Medienabend 2021 eines: Es ist möglich, die globale Klimadiskussion auf eine lokale Ebene herunterzubrechen und Themen zu setzen. Wichtig ist dabei der Erfahrungsaustausch unter Kolleginnen und Kollegen. Kein Wunder also, dass der Bergische Journalistenverein mit seiner Onlineveranstaltung nicht nur ein regionales, sondern ein deutschlandweites Echo mit Teilnehmenden aus Nürnberg, München und Berlin fand.

Für 2022 plant der BJV weitere ­Onlineveranstaltungen zu verschiedenen Themen. Darunter auch das Dauerthema Klima- und Umweltjournalismus.||

Links
Wuppertal Institut:
wupperinst.org
Naturwald Akademie:
naturwald-akademie.org
Waldmonitor Deutschland:
map3d.remote-sensing-solutions.de/waldmonitor-deutschland
Frank Böttcher:
www.boettcher.science
ExtremwetterKongress:
www.www.youtube.com/c/ExtremWetterKongress/videos
Die Videomitschnitte der Beiträge sind abrufbar unter
www.bjvonline.de

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/22, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2022.