Mehr Experimente im Lokalen wagen!

11. April 2019, Frank Stach, Landesvorsitzender DJV-NRW

„Deine Welt – individuell wie du.“ Damit lockt die Ibbenbürener Volkszeitung (IVZ) neue ­Leserinnen und Leser. Zu entdecken gibt es ­Gesellschaft und Soziales, Lokal­sport oder Vereinsleben sowie viele ­andere Themen – alles per App oder auf der ­Internetseite (IVZ-Themenwelten in Ibbenbüren siehe ausführlich Richtungsweisend für Lokalzeitungen?). Die Zielgruppe ist mobil, interessiert sich für ­Aktuelles und Hinter­- grün­diges in ihrer Stadt. Ich selbst könnte auf den Lokalsport verzichten, wäre aber auf das Themenfenster Wirtschaft neugierig. Nicht weltweit oder ­regional, sondern lokal. Das bietet mir sonst keiner. Bei der IVZ bekäme ich das für 3  Euro im Monat. Buche ich ein weiteres Themen­- feld dazu, werden 6  Euro fällig. Das ­ganze Paket mit allen Themen kostet 15  Euro.

Die gedruckte Zeitung (auch die IVZ) kostet im Abo meist doppelt so viel oder mehr und erfordert oft die Bindung für ­einen längeren Zeitraum. Will ich die Zeitung digital ­lesen, geht das vielerorts nur über das Print­abo plus Kosten­zuschlag. Dass ich das ePaper einzeln abonnieren kann wie beim Kölner Stadt-Anzeiger (für 23,90 Euro), ist nicht selbstverständlich.

Das Ibbenbürener Experiment zeigt: Verlage müssen nicht unbedingt gedruckte Zeitung mit Werbeeinlagen verkaufen. Der hier besinnt sich auf die Kernidee: Journalismus zu verkaufen, in diesem Fall Lokaljournalismus. Und das interessenbasiert, zu kleinen Preisen, ohne knebelnde Verträge – ähnlich wie Netflix und Co.

Ich bin gespannt, ob sich das Experiment ­bewährt und rechnet. Ich sehe darin die Chance, dass Menschen merken, wer die ­relevanten ­Geschichten aus der Nachbarschaft hat. Ich weiß aus vielen Gesprächen mit jungen Leuten, dass sie daran durchaus interessiert sind. Manchmal halt nur an Neuigkeiten über den eigenen Sportverein. Für 3  Euro würden sie ein Abo wagen, das sie ja schnell wieder kündigen können.

Im Vergleich zu IVZ-Geschäftsführer Klaus Rieping sind andere Zeitungsmanager erschreckend mutlos. Sie wagen nichts und können am Ende nur eines: Stellen streichen oder gleich das ganze Regionalgeschäft verkaufen. Mehr mutige Entscheider wie Rieping würden der Zeitungswelt gut tun. Drücken wir ihm also die Daumen, dass er mit seinem Experiment Erfolg hat.