In der eleganten Lounge des Luxushotels ließen die Verleger stundenlang die Korken knallen. „Ja, das mit dem Leistungsschutzrecht für Verlage haben unsere Lobbyisten, diese Teufelskerle, nun auch in Europa prima hingekriegt“, sprudelte der Präsident über. „Chapeau“, verneigte sich ein begeisterter Bayer theatralisch. „Schampus, mehr Schabau“, orderte ein Oberfranke.
Nur an wenigen nagten Zweifel. „Was ist, wenn Google uns – wie angedroht – einfach nicht mehr listet in den Nachrichten-Zusammenstellungen? Dann zahlen die nix, und unsere ganze Reichweite im Netz geht flöten“, wagte einer zu fragen. „Das mit den Kostenlos-Lizenzen, wie wir sie Google hier in Deutschland einräumen mussten, können wir schließlich nicht überall und ewig machen.“
Der Präsident winkte ab. „Ruhig Blut“, sagte er. „Nächstes Jahr sind wichtige Europawahlen. Vorher fressen uns die Politiker aus den Händen. Wenn Google zickt, lassen wir sie einfach beschließen, dass uns Google zwangsweise auflisten muss. Natürlich bezahlt. Weil Zeitungen systemrelevant sind.“
Au ja, relevant. Das Zauberwort ließ die Euphorie wie eine La-Ola-Welle durch den Raum schwappen. „Re-le-vant, re-le-vant“ – die ganze Verleger-Gesellschaft zog skandierend um Tische und Stühle, schwenkte dicke Flaschen und schlanke Gläser. Hatte der Bundeswirtschaftsminister ihnen beim Zeitungskongress nicht gerade versprochen: Wir tun alles für Euer Überleben in schwierigen Zeiten?
„Hauptsache, das Geld fließt in Strömen“, wünschten sich die Kölschen. Sie brauchten gerade 16 Milliönchen für das Kartellamt. Wegen früherer Gebietsabsprachen. Dem Verleger-Klüngel waren damals sogar Lokalredaktionen zum Opfer gefallen. Die Revierfürsten stichelten gegen die rheinischen Gutsherren: „Jungs, Geheimverträge in der Schweiz, Behörden und sogar Gerichte ausgetrickst – da hatten eure damaligen Honoratioren aber ganz schön kriminelle Energie.“ Sie hatten gut spotten. Sie waren nie erwischt worden.
Aber man hielt ja zusammen. Die Revierfürsten machten den Kölschen Mut: „Da ist bei euch mal eine Absprache aufgekippt – ist doch kein Grund zum Jammern. So was spart man doch mit neuen Gesellschaften und Zentralredaktionen locker wieder raus.“ Wie aufs Stichwort riefen die Hannoveraner rüber: „Hey! Trinken wir noch einen Madsacker? Auf die Berliner?“||
Ein Beitrag aus JOURNAL 5/18 – dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2018.