GLOSSE

NEULICH… Mit Edelfedern gekitzelt

20. Februar 2019, .stan

Jauch zog die Augenbraue hoch. „Sie wollen wirklich bei Antwort B bleiben?“ fragte er den Verlagsmanager. Die Frage lautete: Wie steigern Sie die Qualität eines Mediums? Und Möglichkeit B war: durch Personalabbau. „Alle meine Kollegen sagen das immer wieder“, grinste der Kandidat. Noch nicht ahnend, dass er die 500-Euro-Frage versaut hatte.

„Umschalten“, riefen wir dem Wirt zu. Der zappte zum nächsten Sender und gab uns dann lieber gleich die Fernbedienung für den Fernseher oben in der Kneipenecke.
Zapp. Der Nachrichtenkanal informierte über den Klimawandel: „10 Fakten, die wirklich stimmen, ganz ehrlich, ungelogen, nicht ausgedacht.“ Bettina brummte: „Überzeugender Titel.“ Wir giggelten. „Die müssen das wohl so betonen“, meinte Paula. „Heutzutage glaubt uns ja keiner mehr.“

Zapp. Im Dschungelcamp verriet Sonja gerade die nächste Aufgabe: Flottes Storytelling – und dabei wird der Kandidat mit Edelfedern gekitzelt und mit Preisen beworfen. In ihrem Gesicht spiegelte sich Vorfreude.

Hansi schnaubte: „Edelfedern!“ Schönschreiberei und Bilderbuch-Geschichten – ja das wird erwartet heutzutage. „Nur mit unserer sauberen Recherche und Erfahrung kommen wir nicht mehr weit“, brummte Bernd. „Und jeder redet uns ein, wir machen alles falsch“, klagte Martin. „Was sollen wir denn noch tun, mit immer weniger Leuten und immer neuem Schnickschnack?“ Inzwischen heißt es ja: Nur der investigative Journalismus hat Zukunft. Jede Redaktion – egal wie winzig – sollte so arbeiten. Skandale aufdecken. Um den Kleinkram würde sich schon jemand kümmern. „Echt?“ Inge schnappte nach Luft: „Und wer füllt die lokalen Medien mit handwerklich ordentlichen Meldungen? Vor Ort, wo die Demokratie ihre Basis hat?“

Zapp. Auf dem Privatsender lief die Doku-Soap: Das lange Sterben von Print. „Die suchen noch Komparsen“, warf Laura ein. Martina erinnerte sich: „Ich habe da mal eine Folge gesehen. Mit diesem Redaktionsleiter, der immer seine Überzeugungen wechselte und dann trotzdem auch gefeuert wurde.“ Manni nickte: „Der war schon in anderen Dokus gut – zum Beispiel als schwuler Friseur.“ Wir wussten, auf Mannis Schreibtisch steht („nur wegen der Nachrichten“) ein Mini-Fernseher. Wir sahen ihn an. Sowas fällt ja wohl nur Vielguckern auf. Manni errötete.

Zzz. Die Fernbedienung wollte nicht mehr. Womöglich ist Technik doch schlauer, als wir denken.||

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/19 – dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Februar 2019.