
Das war eine kalte Dusche in den Verhandlungen um einen Gehaltstarifvertrag für die Tageszeitungen: Nach der sechsten Tarifrunde Mitte Mai hatte es nach einer Einigung ausgesehen. Ein Lösungsmodell lag auf dem Tisch, das als tragfähige Grundlage für eine baldige Vereinbarung zwischen den Gewerkschaften und dem Verlegerverband BDZV galt. In Fragen der Gehaltsanhebung hatte das Modell nach schwierigen Verhandlungen breite Zustimmung gefunden, lediglich bei zwei Nebenforderungen der Arbeitgeber jenseits von Geldfragen schieden sich die Geister.
Entsprechend gingen die Gewerkschaften fest davon aus, in der siebten Runde am 23. Juni den Sack zumachen zu können, erzählt der stellvertretende DJV-Landesvorsitzende Stefan Lenz. Er ist Redakteur bei der RRG in Köln und Mitglied der DJV-Verhandlungskommission.
Eine Provokation der Verleger
Umso überraschter waren die Vertreterinnen und Vertreter von DJV und ver.di, als die Arbeitgeber an diesem Tag eine komplette Rolle rückwärts machten, „obwohl wir uns gesprächsbereit gezeigt hatten. Sie ziehen sich auf eine frühere Verhandlungsposition zurück, die erheblich schlechtere Konditionen für die Redakteurinnen und Redakteure sowie die 12a-Freien bedeuten würde“, kritisiert Lenz.

Als Provokation wertet DJV-Verhandlungsführer Christian Wienzeck das Verhalten des BDZV. „Das lässt jede Wertschätzung für die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten vermissen.“ Gerade in einer Zeit des Fachkräftemangels, „in der die Kolleginnen und Kollegen mit ihrem unermüdlichen Einsatz bestehende Vakanzen ausgleichen“, sei das ein ganz schlechtes Signal in die Belegschaften. Wienzeck kündigte „eine passende Antwort“ an.
Die gab es bundesweit mit weiteren Streiks. Allein in Süddeutschland gingen im Juli Hunderte Journalistinnen und Journalisten auf die Straße, um gegen den schleppenden Verlauf der Tarifverhandlungen, die kompromisslose Haltung der Arbeitgeber und für bessere Bezahlung zu protestieren.
In NRW rief der DJV Redakteurinnen und Redakteure in Köln und dem Umland für den 3. und 4. Juli zum Warnstreik auf: neben Heinen-Verlag und M. DuMont Schauberg vor allem die gemeinsame Tochter Rheinische Redaktionsgemeinschaft (RRG), deren Belegschaft vor einigen Jahren in langen Auseinandersetzungen einen Haustarif erstreikt hatte.

Eine weitere Welle mehrtägiger Streiks lief Mitte Juli zeitlich versetzt durch NRW, aufgerufen waren die Tageszeitungsverlage, die noch im Flächentarif sind: Den Auftakt machten von Montag bis Freitag (14.–18.7.) die Kolleginnen und Kollegen in Ostwestfalen-Lippe (Haller Kreisblatt und Neue Westfälische, unterstützt von OWL Digital und der Redaktionsgemeinschaft der ostwestfälisch-lippischen Verlage mit einem Solidaritätswarnstreik). Der Patriot in Lippstadt folgte zwei Tage später von Mittwoch bis Freitag (16.–18.7.). Bereits ab Dienstag und bis Donnerstag (15.–17.7.) waren abermals die Kölner Zeitungen aufgerufen.
Aktuelle Infos im Netz
Klingt verwirrend? Das sollte es sein – für die Verleger. Die Verhandlungskommission des DJV geht nach dem guten Zuspruch von der Straße gestärkt in die nächste Verhandungsrunde am 18. Juli (nach Druckfreigabe des JOURNALs) und hofft darauf, dass die Verleger zur achten Tarifrunde mit einer Rolle vorwärts in die Verhandlungen zurückkehren. Verhandlungsführer Wienzeck betonte, der DJV sei zu einem Tarifabschluss bereit, der einen echten Einkommenszuwachs für die Zeitungsjournalisten zum Inhalt habe. Wienzeck: „Das ist angesichts der Teuerungsrate notwendig und bedeutet Wertschätzung der journalistischen Arbeit.“
Über den Stand der laufenden Verhandlungen informiert der DJV-NRW unter djv-nrw.de/tageszeitungen.||
Der Beitrag schildert Stand zum Zeitpunkt der Drucklegung von JOURNAL 2/25 – einen Tag vor der nächsten Verhandlungsrunde. Am 18. Juli erzielten Gewerkschaften und Verleger einen Abschluss: Mehr unter: Tarifabschluss für Tageszeitungen erzielt: Durchschnittlich plus 10,5 Prozent.
Ein Beitrag aus JOURNAL 2/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juli 2025.