Egal, auf welcher Seite des Schreibtischs man sitzt: Bei aller Professionalität klappt die Zusammenarbeit zwischen Redaktionen und Pressestellen von Unternehmen, Verbänden, Kommunen oder Ministerien nicht immer reibungslos. Das reicht von kleinen Nickeligkeiten bis zu echten Widerständen, die der anderen Seite den Alltag erschweren.
Im schlimmsten Fall stellt eine Seite der anderen ein Bein. So berichten Journalistinnen und Journalisten von Fällen, in denen ihre kritische Rechercheanfrage unterlaufen wurde, indem die Pressestelle schnell eine Pressekonferenz zum entsprechenden Thema organisiert oder zumindest ein Statement dazu herausgibt. Die Exklusivgeschichte ist dann ganz schnell gestorben.
Bruch der Vertraulichkeit
Umgekehrt kann es genauso vorkommen, dass Informationen, die eine Pressesprecherin oder ein Pressesprecher „unter drei“, also vertraulich gegeben hat, ihren Weg in die Öffentlichkeit finden. Oder eine Redaktion nutzt ihr Wissen aus einem Hintergrundgespräch, um der eigenen Geschichte einen gerade entgegengesetzten Spin zu geben.
Aber auch jenseits solcher echten Vertrauensbrüche gibt es einige klassische Herausforderungen im Umgang miteinander. Die Zeitfrage spielt für beide Seiten eine große Rolle. Für die Medien muss es heute noch schneller gehen als früher. Wirklich ärgerlich, wenn eine Pressestelle darauf besteht, dass jede – auch noch so einfache – Anfrage schriftlich gestellt werden muss. Und fast nicht machbar, wenn man tagesaktuell arbeitet und gerade mit dem Auto unterwegs zu einem Termin ist.
Aber umgekehrt ist auch klar, dass eine Pressestelle eine komplexe Anfrage mit 27 Unterpunkten, die jeweils auch juristische Relevanz haben, eben nicht so ganz auf die Schnelle beantworten kann, sondern Zeit braucht.
Die Diskussion ums Lokale
Zwischen Lokalredaktionen und kommunalen Pressestellen gibt es die ewige Diskussion, ob überhaupt noch jemand zur Pressekonferenz oder in den Stadtrat kommt oder ob es legitim ist, die Infos einfach direkt über die sozialen Medien rauszupusten (siehe zuletzt JOURNAL 3/22). Dabei geht es um die bekannte Streitfrage in Sachen kommunaler Online-Berichterstattung (siehe auch Kasten unten: „Lensing ./. dortmund.de: In der Warteschleife“).
Ob im Kommunalen oder anderswo: Ein Stimmungskiller in der Pressestelle ist es, wenn sich Journalistinnen und Journalisten melden, die erkennbar keine Expertise zu einem Thema mitbringen und auf jegliche Vorabrecherche verzichtet haben. Da tröstet es Öffentlichkeitsarbeiterinnen und -arbeiter auch nicht, dass sie um den hohen Arbeitsdruck in den Redaktionen wissen.
Umgekehrt hat es für Recherchierende einen faden Beigeschmack, wenn eine Pressestelle zwar nicht komplett mauert, aber in der Kommunikation zu erkennen ist, dass sie davon ausgeht, dass jede herausgegebene Information grundsätzlich gegen sie verwendet wird. Unternehmen oder Organisationen, die gerade im Kreuzfeuer stehen, tun sich dann oft mit allen Anfragen schwer, seien sie noch so weit vom Krisenthema entfernt. Nicht nur in solchen Fällen greifen Unternehmen oder staatliche Stellen gerne auf vorbereitete Statements inklusive Audio- und Videoclip zurück. Nachfrage unerwünscht.>||
Lensing ./. dortmund.de: In der Warteschleife
Wie ausführlich darf ein kommunaler Internetauftritt über das Leben vor Ort berichten? Das möchte der Dortmunder Verlag Lensing-Wolff (Ruhr Nachrichten, ruhr24.de) vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klären lassen. Dort hängt der Rechtsstreit über den städtischen Internetauftritt dortmund.de (AZ: 1 BvR 1742/22) allerdings seit längerem in der Warteschleife. Die Pressestelle des BVerfG teilte im August 2024 auf Nachfrage mit, das Verfahren befinde sich in Bearbeitung: „Es ist derzeit nicht absehbar, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.“
Im Juli 2022 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass das Portal dortmund.de nicht gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstoße: Trotz einzelner unzulässiger Texte sei dortmund.de in der Gesamtbetrachtung nicht presseähnlich und stelle daher keine zu große Konkurrenz für die freie Presse dar. Dagegen hat der Verlag Klage in Karlsruhe eingereicht (siehe zuletzt JOURNAL 1/23).
Der Rechtsstreit geht auf das Jahr 2017 zurück. Damals hatte die Stadt auf dortmund.de mit eigenen Reporterinnen und Reportern über kommunale Veranstaltungen berichtet, aber auch über Sport und kulturelle Ereignisse. Sogar bezahlte Anzeigen gab es seinerzeit auf der Seite. Diese sind verschwunden, die Berichterstattung wurde zwischenzeitlich zurückgefahren.
Die aktuelle Version bietet städtische Informationen, aber auch Videos, etwa zwei dreiminütige Clips zur Euro24-Begeisterung in der Stadt oder einen zweiminütigen Clip über Lottomillionär Chico, der von seinem Herzensort Phoenixsee schwärmt./cbl
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2024.