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Rettung in die Gemeinschaft

Die insolvente Kölner Stadtrevue möchte eine Genossenschaft gründen
6. Oktober 2025, Corinna Blümel

Fast fünf Jahrzehnte klappte das mit dem selbstverwalteten Kollektiv, dann geriet die Stadtrevue in Köln in Schwierigkeiten. Unter dem Slogan „Stadtrevue retten“ startete Ende 2024 eine Unterstützungskampagne.

Die angepeilten 2.000 Neu-Abos waren bis Frühjahr 2025 eingesammelt, gereicht hat es trotzdem nicht: Im Juli 2025 stellte der Stadtrevue Verlag Antrag auf vorläufige Insolvenz in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Köln. Die Belastungen der vergangenen Jahre mit Corona, Krieg, zeitweilig hoher Inflation, dem starken Kostenanstieg für Papier und Energie und der Werbeflaute waren einfach zu viel.

Angestrebt ist die Sanierung des Verlags. Der Geschäftsbetrieb läuft weiter. Die kommenden Ausgaben seien gesichert und sollen wie gewohnt erscheinen, erfahren Abonnentinnen und Abonnenten.

Ein Kind der Siebziger

1976 startete die Stadtrevue als Kollektiv mit dem Anspruch, das Stadtgeschehen kritischer als die Lokalzeitungen zu beleuchten – als explizit linke Gegenöffentlichkeit ein typisches Kind der damaligen sozialen Bewegungen. Es dauerte eine Weile, bis der Handverkauf auf der Straße und in Kneipen durch die Auslage im Zeitschriftenregal von Buchhandel und Supermärkten abgelöst wurde und bis auch Abos selbstverständlicher wurden.

Während viele ähnliche Stadtmagazine längst aufgegeben haben oder als Gratisblätter nur noch Freizeit- und Lifestyle -Themen bedienen, hat die Stadtrevue sich inhaltlich und grafisch weiterentwickelt. Schon längst geht es dabei weniger um linke Gegenöffentlichkeit als vielmehr um guten Lokaljournalismus.

Natürlich bieten Magazin und Webseite Nutzwertiges wie Veranstaltungskalender, Gastrokritiken und Kleinanzeigen, aber die Berichterstattung über lokal Relevantes aus den Bereichen Kommunalpolitik, Soziales und Umwelt bildet einen wichtigen inhaltlichen Schwerpunkt.

Ergänzt wird das durch den anspruchsvollen Kulturteil: Im September-Heft mit 112 Seiten geht es auf gut 40 Seiten um Musik, Film, Theater, Kunst und Literatur. Vorgestellt werden Bands, Stücke, Filme und Bücher in großer Genre-Bandbreite. Von denen, die überall besprochen werden, bis hin zu echten Nischen-Tipps.

Dieses journalistisch unabhängige Angebot möchte das Stadtrevue-Kollektiv aufrechterhalten und zugleich die mehr als 20 Arbeitsplätze sowie die Aufträge für zahlreiche freie Autorinnen und Autoren sichern.

Auf mehr Schultern legen

Damit künftig mehr Schultern den Geschäftsbetrieb der Stadtrevue tragen, soll eine „Genossenschaft für unabhängigen Journalismus“ den Verlag übernehmen. Hilfe beim Gründungsprozess (siehe auch „Gemeinsam wirtschaften“) leistet der neue Verein StadtRecherche, der sich die Unterstützung kollektiver und partizipativer Strukturen im Kölner Lokaljournalismus zum Ziel gesetzt hat.

Darüber hinaus ist das Stadtrevue-Team auf die Suche nach Menschen, die Erfahrung mit Genossenschaftsgründung mitbringen, die später gerne als Genossinnen oder Genossen beitreten oder anderweitig unterstützen wollen. Damit die Stadtrevue 2026 ihren 50. Geburtstag feiern kann. ||

Ein Beitrag aus JOURNAL 3/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2025.