Wie entwickelt sich die Bewegtbildnutzung in Deutschland? Welche Rolle spielt das lineare Fernsehen? Video-on-Demand und Streaming haben zu einem kulturellen Umbruch bei der Nutzung von Bewegtbild geführt. Vor allem Anbieter wie Netflix und Co. haben Bewegung in den Markt gebracht und etwas durchgesetzt, das vor einigen Jahren in Deutschland nahezu unvorstellbar war – die Bereitschaft, für solche Angebote zu zahlen. Im Auftrag der Mediengruppe RTL Deutschland hat das Kölner Marktforschungsinstitut rheingold nun untersucht, wie und wann Menschen Bewegtbilder konsumieren, was sie erwarten und was sie bewegt.
Fernsehen sei eher in der Alltagslogik verankert, erläuterte rheingold-Chef Stephan Grünewald. Es strukturiere den Tag und konfrontiere mit den Geschehnissen der Welt. „Realitätsanker“ sei neben der Werbung der Programmablauf mit Nachrichten, Talkshows, Ratgeber- oder Reality-Formaten. Je nach Tageszeit liefere Fernsehen passende Stimmungsangebote und schaffe mit seiner Linearität auch ein Gemeinschaftsgefühl.
Im Gegensatz zur Realtitätsverankerung von TV folge Video-on-Demand einer Tagtraumlogik. Der Zuschauer nutze das unterbrechungsfreie Angebot zurückgezogen in einer „Traumblase“. Streamingdienste würden als sehr modern, selbstbestimmt und frei wahrgenommen, heißt es in der Studie. Trotzdem komme Video-on-Demand nicht an die Nutzungszeiten und Nettoreichweiten von TV heran. Hinter der positiven Bewertung stehe das Gefühl, aus einem „unendlichen“ Fundus an Inhalten selbstbestimmt auswählen zu können. Nutzer erlebten sich als Avantgarde und seien stolz auf ihr „Binge-Watching“. Allerdings kaschierten sie, dass sie stundenlang „suchtartig in parallele Welten eintauchen“.
Thomas Kreyes, Mitglied der Geschäftsleitung der Mediengruppe RTL Deutschland, begrüßte die positive Einschätzung des Fernsehens als „Fenster zur Welt, und das mit aller Vielfalt und einem Alltagsbezug“. Hierbei spiele Werbung eine wichtige Rolle. Man habe „aus eigenem Interesse ständig den Blick auf die Entwicklungen des Videomarktes“. Die wachsende Zahl an Angeboten und Anbietern hätten nicht nur den Markt verändert, sondern die Mediennutzung insgesamt. „Zuschauer sind nicht mehr einfach nur Zuschauer und Konsument, sondern Agierende mit klaren Erwartungshaltungen.“||
Eine Meldung aus JOURNAL 5/18 – dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2018.