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Selbst Entscheiden

Tagger: Lehrredaktionen der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen
28. Dezember 2023, Nico Merkler
Vier Sudierende beschäftigen sich in einem Seminarraum mit Kameras und Zubehör.
Mit der Ausrüstung vertraut machen: Zu Beginn des Semesters lernen die Studierenden das Handwerk. | Foto: Nico Merkler

Wenn das Wintersemester im Institut für Journalismus und PR (JPR) an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen beginnt, stellt sich für die Studierenden im dritten Semester eine wichtige Frage: „Welche Lehrredaktion ist die richtige für mich – Online, Print, TV, Hörfunk, Podcast oder Social Media?“ Diese Entscheidung ist nicht zu unterschätzen, denn der Kurs ist für viele der Studierenden der aufwendigste in diesem Semester. Er begleitet uns Woche für Woche und lässt, zugegebenermaßen, auch manchmal einen Abend etwas länger werden als eigentlich geplant.

Redaktionsschluss wie in einer richtigen Redaktion

Denn da ist es wie im richtigen (Redaktions-)Leben: Wenn am Montag um 12 Uhr in der Lehrredaktion Online Redaktionsschluss ist, muss der Beitrag im Tauschordner hochgeladen sein. Wenn am Donnerstag um 14 Uhr in der Hörfunkredaktion der Kurs beginnt, muss der Beitrag für die Besprechung fertig sein. Von den Beiträgen hängt nicht gerade das Überleben eines Medienhauses ab, aber „es kommt einer richtigen Redaktion schon sehr nahe“, meint Studentin Chimène Goudjinou aus der Lehrredaktion Online.

Bevor wir Studierenden in die Redaktionsarbeit starten, erhalten wir – wie es bei einem Seminar üblich ist – erstmal vorbereitenden Input. Die ersten Wochen der Lehrredaktion verbringen wir in der Regel damit, uns mit dem jeweiligen Medium vertraut zu machen. Wir lernen unser Handwerk: die Handgriffe, die es braucht, um eine Reportage, einen Podcast, einen Radiobeitrag oder einen Film zu produzieren.

Die einen stellen sich ans Mikrofon in der hauseigenen Tonkabine und probieren sich im Einsprechen von Aufsagern aus, die anderen besuchen einen Fotocrashkurs. Dabei finden wir heraus, wie es ist, eine Kamera in der Hand zu halten und damit Videomaterial aufzunehmen oder Fotos zur Bebilderung unserer Magazin-Beiträge zu machen.

Eine Studentin filmt mit dem Handy ihre Kommilitonin, die vor einer Treppe steht.
Auch der Auftritt vor der Kamera will geübt sein. | Foto: Nico Merkler

Die Struktur ist je nach Redaktion unterschiedlich, doch eins haben alle Seminare gemeinsam: Die Studierenden haben die Verantwortung, die Themen zu finden, die Protagonistinnen und Protagonisten zu suchen und die Beiträge zu produzieren. So gibt es im Bereich Print eine mehrköpfige Redaktionsleitung und beim Hörfunk einen CvD und einen Planer für die Themen der nächsten Woche. Alle diese Aufgaben fallen in die Verantwortung der Studierenden.

Eigene Themen mitbringen

Was sie als nächstes recherchieren und produzieren wollen, besprechen die Redakteurinnen und Redakteure in wöchentlichen Redaktionskonferenzen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Treffen ist auch das Feedback zu den veröffentlichten Beiträgen aus der vorherigen Woche. Wir als Studierende können unsere eigenen Themen mitbringen und diese im Plenum diskutieren. Von Reportagen bei Geisterjägern, über Kommentare zu aktuellen politischen Themen wie dem Ukraine-Krieg und der Rolle von Frauen im Iran bis hin zu Infobeiträgen über Stress in der Prüfungsphase ist alles dabei.

Für die Produktion der audiovisuellen Beiträge gibt es im Institut professionelle Kameras, Ansteckmikrofone, eine Sprecherkabine und Stative. So entsteht in der Online-Redaktion eine Mischung aus verschiedenen Textformen, wie Reportagen und Kommentaren, die auf unserer Website tagger.de hochgeladen werden. Dort finden teilweise auch die Hörfunkbeiträge ihren Platz als Audiomodule. Die Beiträge aus der Social-Media-Redaktion werden auf dem Instagram-Account tagger_de veröffentlicht. Hier können sich die Redaktionsmitglieder ausleben: Infokacheln, Interviews, kurze Infomoderationen – alles ist erlaubt und erwünscht.

Ein kleines Medienhaus
Tagger, :tagger, tagger.de, oder auch tagger_de – dahinter verbergen sich ein YouTube-Kanal, ein Print-Magazin, eine Website und ein Instagram-Auftritt des Instituts für Journalismus und PR an der Westfälischen Hochschule in Gelsen-kirchen. Vielfältige Erscheinungsformen, ein Ziel: „Zeigen, was zählt“. Tagger wird von den Studierenden als Ausspiel-weg für journalistische Inhalte aller Art genutzt, die sie im Rahmen des Studiums produzieren. Es ist die Dachmarke für ein kleines Medienhaus, das im Institut zuhause ist. Studierende produzieren in der Regel im dritten Semester die Inhalte in den Lehrredaktionen für Online, Print, TV, Hörfunk, Podcast und Social Media. Die Redaktionsleiter:innen vermitteln ihnen zunächst das Basiswissen, im Anschluss produzieren die Studierenden eigene Inhalte zu aktuellen Themen. Noten gibt es für die abgegebenen Beiträge, sowie für die mündliche Beteiligung. Die Redaktionen bestehen meistens aus 15 bis 20 Frauen und Männern.

Nicht alle Redaktionen publizieren wöchentlich. Wer sich mehr Zeit lassen möchte, um sich in längeren und aufwendigeren Beiträgen auszuleben, versucht sich in der TV-, Podcast- oder Print-Redaktion: Für unseren YouTube-Kanal produzieren Zweierteams ihre eigenen Reportagen. Ebenfalls meistens als Duo produzieren die Podcaster ihre Beiträge, um sie auf Spotify hochzuladen. Im vergangenen Jahr ging es dabei zum Beispiel um „FOMO – Die Angst, etwas zu verpassen“ und um Studienabbrüche.

Die analoge Ausnahme bildet die Print-Redaktion. Das Ziel hier ist es, am Ende des Semesters ein druckfrisches Exemplar des TAGGER-Magazins in der Hand zu halten. Die Redaktionsleitung ist für die Planung der Inhalte und das Layout zuständig. Zur Finanzierung des Drucks gibt es innerhalb der Redaktion eine eigene Anzeigenabteilung, die Sponsoren ausfindig macht. Am Ende liegen die Hefte vor dem Eingang des Instituts aus, sodass sich jede und jeder JPR-Studierende ein kostenloses Exemplar sichern kann.

Vertraute Atmosphäre

Die Lehrredaktionen zeichnet eine gute Atmosphäre aus. Bei meiner Arbeit für die Lehrredaktion Hörfunk gab es zwar des Öfteren Zeitstress, aber die redaktionelle Zusammenarbeit war angenehm und vertraut. Auch meine Kommilitoninnen und Kommilitonen berichten aus ihren Redaktionen, dass die Stimmung nach sehr kurzer Zeit schon sehr eingespielt, fast schon familiär war. Sehr viel Austausch führt eben zu einem vertrauten Verhältnis, sowohl zwischen den Studierenden und den Lehrenden als auch unter den Studierenden.

Jeder Artikel, jede Episode, jeder Beitrag wird im Plenum offen diskutiert, um am Ende das Bestmögliche herauszuholen. „Es ist natürlich schön, wenn man Tagger als Plattform nutzen kann, um seine hart erarbeiteten Beiträge, an denen wir so lange getüftelt, für die wir Interviewpartner und Protagonisten gesucht haben, an die Öffentlichkeit zu bringen“, meint Paul Niehues, der die Lehrredaktion im letzten Jahr absolviert hat.

Fazit: Bei Tagger produzieren wir nicht nur, um zu üben, sondern, um auf Themen aufmerksam zu machen. Wir können unsere eigenen Projekte mit allen nötigen Freiheiten umsetzen und tragen dafür Verantwortung. „Die Lehrenden versuchen, sich dabei meistens eher im Hintergrund zu halten, doch helfen und motivieren sie an den nötigen Stellen“, sagt Prof. Dr. Katharina Heimeier, Leiterin der Print-Redaktion. Und wer sich auch in einer anderen Lehrredaktion ausprobieren möchte, kann sie später als Wahlkurs belegen.||