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Newsletter: der direkte Kanal zu allen Interessierten
2. April 2024, Bettina Blaß

Newsletter sind sowas von Web 1.0. Das dachten viele, als Facebook und X, das damals noch Twitter hieß, groß wurden. Bis 2014 plötzlich die morgendliche Ausgabe von Tagesspiegel Checkpoint in die Mailfächer der Abonnentinnen und Abonnenten trudelte. Chefredakteur Lorenz Maroldt hatte damit ein bereits totgesagtes Medium wieder zum Leben erweckt. Und spätestens, nachdem er für seinen Newsletter 2015 den Grimme Online Award in der Kategorie Information bekam, ist in Deutschland ein wahrer Boom losgebrochen: Bei der Zeit beispielsweise kann man aus mehr als 40 Newslettern wählen, beim WDR aus gut 30 und bei der Rheinischen Post immerhin noch unter zehn Ausgaben.

Drei bunte Sprechblasen mit dem Schriftzug NewletterDie Gründe dafür sind vielfältig. Die einen suchen den direkten Weg ins Postfach der Abonnierenden – ohne wie in den sozialen Medien von Algorithmen außer Sichtweite gehalten zu werden. Die anderen wollen ihre Marke bekannt machen. Dritte sehen in den Newslettern eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Und weil das alles gut funktioniert, schicken längst auch freie Journalistinnen und Journalisten sowie PR-Expertinnen und -Experten tägliche, wöchentliche oder monatliche Mailnachrichten per Abo.

Wie Newsletter technisch funktionieren

Dank technischer Weiterentwicklungen ist das ziemlich einfach geworden. Denn an die Stelle handgepflegter Excel-Listen sind hochprofessionelle Plattformen getreten. Mailchimp, Substack oder Steady heißen drei der großen Anbieter. Aber auch bei LinkedIn gibt es eine Newsletterfunktion. Der große Vorteil dort ist, dass die eigenen Business-Kontakte schnell auch zu Abonnentinnen und Abonnenten werden können, während man bei den anderen Plattformen unter Umständen ordentlich trommeln muss, um Leserinnen und Leser zu bekommen. Dafür können Abonnentinnen und Abonnenten auf Steady oder Substack Bezahl- Mitgliedschaften abschließen. Von den Einnahmen geben alle Newsletterherausgeberinnen und -herausgeber einen kleinen Teil an die Plattformen ab. Mailchimp gibt es von kostenlos bis zu einer dreistelligen Summe im Monat mit vielen Möglichkeiten, die speziell für Teams interessant sind.

Die rechtliche Seite

Nun darf, wer einen Newsletter schreibt, diesen nicht einfach an mögliche Interessentinnen und Interessenten verschicken. Vielmehr müssen diese den Newsletter abonnieren und ihr Abonnement auch noch bestätigen. Außerdem regelt die Datenschutzgrundverordnung, dass man sich leicht wieder vom Newsletter abmelden können muss. Zusätzlich benötigt die elektronische Post ein Impressum, und falls man über die Plattform Geld verdienen kann, sollten die Abrechnungen so aussehen, dass sie dem kritischen Blick des Finanzamts genügen. Es ist darum sinnvoll, sich zum Thema Recht zu informieren, bevor man sich für eine Plattform entscheidet oder die erste Ausgabe verschickt. Einen Überblick zum geltenden Recht gibt es beispielsweise bei der IHK Hannover. Für detaillierte Informationen können sich DJV-NRW-Mitglieder an die Rechtsabteilung wenden.

Worüber soll ich schreiben?

Ein junger Mann.
Am besten sucht man eine thematische Nische, rät Oskar Vitlif, freier Journalist und Dozent. | Foto: privat

Spätestens jetzt sollte man sich Gedanken über das Thema des Newsletters machen. So rät Oskar Vitlif, freier Journalist und im Vorstand der Kölner Journalisten-Vereinigung im DJV, sich einen Überblick zu verschaffen: Was gibt es schon? „Dabei bekommt man auch ein Gefühl für die Zielgruppenansprache“, sagt er. Er rät dazu, sich eine inhaltliche Nische zu suchen, sich zu überlegen, welche Probleme die Abonnentinnen und Abonnenten haben, und diese mit der regelmäßigen Post zu lösen. Vitlifs Job-Newsletter für junge Kolleginnen und Kollegen hat 7.500 Lesende, sein noch recht neuer KI-Tool-Newsletter 1.500.

Seminar: Erfolgreiche Newsletter produzieren

Was muss ich beachten, wenn ich einen Newsletter aufsetze? Anhand von Praxisbeispielen informiert das Onlineseminar über unterschiedliche Konzepte und Erfolgsfaktoren. Teilnehmende bekommen einen Überblick über gängige Newsletter-Tools sowie eine Checkliste mit Tipps zu Aufbau und Gestaltung.

Datum: 13.05.2024
Zeit: 09.30–16.30 Uhr
Zielgruppen: Freie Journalist:innen
Mitglieder: € 99,00
Nichtmitglieder: € 149,00

Anne-Kathrin Gerstlauer, deren Newsletter Texthacks mehr als 10.000 Abos hat, setzt auf Mehrwert: „Meine Leserinnen und Leser erfahren alles Wissenswerte direkt in der Mail“, sagt sie. Externe Links verwendet sie selten. So ist jede Mail eine Art Unterrichtseinheit im besseren Schreiben.

Ein Mann mittleren Alters
Ein Erfolgsfaktor ist die Zeit, die man investiert, damit es auch diejenigen verstehen, die keine Fachleute auf diesem Gebiet sind, weiß Holger Schmidt, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. | Foto: Frank Röth

Mehrwert hat auch Holger Schmidt geboten – nämlich während eines Lehrauftrags zunächst seinen Studierenden an der TU Darmstadt. Die fragten den promovierten Volkswirt, wie sie sich denn am besten über digitale Ökonomie auf dem Laufenden halten sollten. Also hat er die Nachrichten, die er wichtig fand, kuratiert und zunächst per Mail, später auf LinkedIn als Newsletter zur Verfügung gestellt. Irgendwann hatte er über 20.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Sein Tipp lautet darum: „Über ein Thema schreiben, in dem man sich wirklich gut auskennt. Und bereit sein, viel Zeit zu investieren, um das so einfach auszudrücken, dass es auch diejenigen verstehen, die keine Fachleute auf diesem Gebiet sind.“ Liefere man dann regelmäßig Relevantes, schätzten das viele. „Die Relevanz für die Lesenden kann man an den Öffnungsraten ablesen“, so Schmidt. Darum solle man nach jeder Ausgabe in die Analysedaten schauen, die die entsprechenden Plattformen bereitstellen.

Enie junge Frau
Anne-Kathrin Gerstlauers Tipp: Alles Wissenwerte direkt in die Mail packen und auch die Teaser in Social Media möglichst konkret formulieren. | Foto: Janina Steinmetz

Natürlich kann man auch beim Schreiben eines Newsletters einiges falsch machen. So rät Oskar Vitlif dazu, sich kurz zu halten: „Das Mailfach ist oft sehr voll, die Leute haben nicht viel Zeit. Man muss also auf den Punkt kommen“. Anne-Kathrin Gerstlauers Tipp: „Ich bewerbe meinen Newsletter in den sozialen Medien – aber nicht nur mit dem Hinweis, dass es eine neue Ausgabe gibt. Besser ist, einen kurzen Ausschnitt aus dem Newsletter zu teilen.“

Wie sich ein Newsletter lohnen kann

Oskar Vitlif verbringt gut drei bis vier Stunden pro Woche mit seinen Newslettern. Doch das lohnt sich: „15 Prozent meines Jahresumsatzes kommen aus Anzeigen im Jobnewsletter“, sagt er. Auch Anne-Kathrin Gerstlauer verdient Geld über Anzeigen. Außerdem hat sie einige Leserinnen und Leser, die direkt für ihren Newsletter bezahlen. Wichtiger ist beiden jedoch der Markenaufbau. „Mit dem Newsletter bleibe ich im Gedächtnis. Abonnentinnen und Abonnenten werden zu Kundinnen und Kunden, denn sie fragen mich für Seminare oder Formatentwicklungen an“, sagt Vitlif. „Ohne Newsletter müsste ich viel mehr posten und auf Konferenzen gehen, um mich und meine Arbeit bekannter zu machen“, sagt Anne-Kathrin Gerstlauer. „Jetzt kann ich mir meine Kundinnen und Kunden aussuchen, und meine Preise habe ich auch erhöht.“ Und Holger Schmidts Newsletter ist der F.A.Z. aufgefallen. Die Zeitung hat den Newsletter im vergangenen Jahr gekauft und nun führt Schmidt ihn unter dem Namen „D:ECONOMY“ bei der F.A.Z. fort. Zudem baut er als Leiter der neuen Redaktion „Verticals und Newsletter“ das digitale Geschäftsfeld der „PRO-Briefings“ auf.||

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im März 2024.