MEDIENSZENE NRW

Tarifflucht in Ostwestfalen

Die Lippische Landes-Zeitung schleicht sich aus der verlegerischen Verantwortung
9. August 2018, Beate Krämer und Corinna Blümel

Die Lippische Landes-Zeitung (LZ) nimmt Umstrukturierungen zum Anlass, um aus der Tarifbindung zu fliehen. Dafür wählt sie ein ähnliches Modell wie andere Zeitungshäuser, etwa DuMont in Köln, die Rheinische Post Mediengruppe in Düsseldorf sowie der Zeitungsverlag Aachen. Der Verlag bleibt dabei in der Tarifbindung, stellt neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber nur noch über eine tariflose Tochtergesellschaft ein. Künftig sollen Neuverträge für Redakteurinnen und Redakteure der Lippischen Landes-Zeitung nur noch mit der tariflosen Werbeagentur Giesdorf (WAG) abgeschlossen werden, die wie der Lippische Zeitungsverlag zur Giesdorf Gruppe gehört. Auch den angestellten Redakteurinnen und Redakteuren bietet der Verlag neue Verträge an.

Mediengruppe Giesdorf
Mediengruppe Giesdorf

Nach DJV-Informationen sehen die Verträge ein Grundgehalt vor sowie einen Bonus, der an bestimmte Zielvorgaben gekoppelt ist. Die Summe aus Grundgehalt und vollem Bonus soll etwas über dem aktuellen Tarifgehalt liegen, allerdings bei einer vertraglichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden (Tarif 36,5). Darüber hinaus bieten die neuen Verträge eine Option auf 20 Tage zusätzlichen Urlaub, insgesamt also 50 Tage. Allerdings lässt sich der Verlag die Inanspruchnahme der zusätzlichen Urlaubstage vergüten: Die Beschäftigten müssen 50 Euro pro Tag für die ersten zehn Tage zahlen, 150 Euro pro Tag für die restlichen zehn Tage.

Vorgeschobene Gründe

Der Verlag begründet seine Tarifflucht mit zu starren Regelungen des Manteltarifvertrags, die ihn im Medienmarkt einschränkten. Der DJV hält solche Gründe für vorgeschoben und warnte nach Bekanntwerden der Pläne vor einer Entwertung des Journalismus in Ostwestfalen. „Am Ende geht es mal wieder ums Sparen auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, kritisierte der DJV-Landesvorsitzende Frank Stach. Er wies darauf hin, dass niemand mit gültigem Vertrag gezwungen werden kann, neue Verträge zu unterschreiben. Erfahrungen aus anderen Betrieben zeigten, dass die Beschäftigten mit den alten tarifgebundenen Verträgen in der Regel günstiger stünden – „schon, weil man damit nicht der Willkür der Unternehmensspitze ausgesetzt ist“.

WAG mischt schon länger mit

Die tariflose Agentur WAG hat bisher das Anzeigenblatt Lippische Neueste Nachrichten erstellt sowie weitere Magazine wie das TBV-Echo, Vita50 Plus und im Auftrag des Lippischen Heimatbundes die Lippischen Heimatblätter. Nach Informationen des DJV-NRW hat die WAG zudem vor einigen Monaten die redaktionelle Produktion der Südostlippe-Seiten der Lippischen Landes-Zeitung übernommen. Damals hieß es noch „befristet bis Oktober“, weil die Redaktion gerade sehr viele Krankheitsfälle und Elternzeiten zu verkraften habe.

Die bisher in der WAG beschäftigten Mediengestalter werden voraussichtlich in eine neue Werbeagentur in Lemgo wechseln, die die Lippische Landes-Zeitung ab August gemeinsam mit der Lippischen Landes-Brandversicherungsanstalt aufbauen will und in der die bisherige Lemgoer Medienwerkstatt aufgehen wird. Der Rest der Werbeagentur Giesdorf wird dann die Firma, in der die Redakteurinnen und Redakteure künftig angestellt werden sollen. ||

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 4/18, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im August 2018.