Welche Weichen stellt die Medienpolitik für die Radiolandschaft in NRW? | Foto: txt
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MEDIENPOLITIK

Viel Arbeit für die Medienpolitik in NRW

Novellen für Presse-, Landesmedien- und WDR-Gesetz
4. April 2018, Corinna Blümel/Volkmar Kah*

Mit dem WDR-Gesetz (WDR-G), dem Pressegesetz und dem Landesmediengesetz (LMG) sitzt die Landesregierung an Novellen für Gesetze, die die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten betreffen. Vor allem die EU-Verordnung zum Datenschutz könnte wesentlichen Einfluss auf den redaktionellen Alltag haben. Bisher können Redaktionen sich bei der Verarbeitung personenbezogener Daten auf das sogenannte Medienprivileg berufen, nach dem sie relativ frei sind, personenbezogene Daten zu erheben und zu verarbeiten. Es gibt lediglich eine Selbstkontrolle durch den Presserat. Änderungen sind nun auf Landesebene sowohl im Landespressegesetz (Zeitungen und Zeitschriften) vorgesehen als auch im WDR-G (WDR) und im Landesmediengesetz (Privatsender und Onlinemedien). Sie schränken das Medienprivileg auf unterschiedliche Weise ein. Der DJV-NRW hat zu diesen Punkten gemeinsam mit anderen Medienverbänden eine Stellungnahme eingereicht.

LMG und „Radio in NRW 2022“

Für die Novelle des LMG sind erst einige Punkte bekannt. So hatte die Landesregierung angekündigt, die Stiftung für Lokaljournalismus „Vor Ort NRW“ wieder in die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) zu integrieren (vgl. JOURNAL 1/18). Im Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien eine Gesamtstrategie „Radio in NRW 2022“ für ein vielfältiges und zukunftsfähiges Radio und einen wirtschaftlich tragfähigen Lokalfunk im digitalen Zeitalter in Aussicht gestellt. Wie sich dies im künftigen Landesmediengesetz niederschlagen soll, ist noch nicht konkretisiert. Der DJV-NRW macht sich dafür stark, dass das bewährte Zweisäulen-Modell aus Veranstalter- und Betriebsgesellschaften erhalten bleibt und dass es für die Lokalsender einen wirtschaftlich machbaren Weg in die digitale Zukunft gibt.

Am konkretesten sind die Vorhaben für das WDR-G. Hier hatte die Landesregierung mehrere Novellen angekündigt. Mit der ersten hat der NRW-Landtag bereits im Januar die Amtszeit des Verwaltungsrats um ein Jahr bis Ende 2019 verlängert, um die Besetzungsvorgaben für das Gremium zu überarbeiten (siehe JOURNAL 1/18). Verschieben will die Landesregierung die geplante zweite Stufe der Werbezeitenverkürzung im WDR-Hörfunk. Zunächst will sie evaluieren, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Reduzierung für den WDR und für den NRW-Lokalfunk hat. Seit Anfang 2017 darf der WDR-Hörfunk maximal 75 Minuten Werbung in bis zu zwei Programmen ausstrahlen. Mit der zweiten Stufe soll dies auf 60 Minuten und eine Hörfunkwelle reduziert werden.

WDR-G: neue Diskussion um Werbung

Der vorliegende Entwurf für die nächste WDR-G-Novelle sieht vor, diese zweite Stufe auf den 1. Januar 2021 (statt 2019) zu verschieben. Bei der Anhörung zur Novelle im März beklagte der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), die Landesregierung habe die Entscheidung getroffen, „ohne vorher den Dialog mit den privaten Radiounternehmen gesucht zu haben“. Eine Evaluierung sei auch ohne Aufschub der nächsten Stufe möglich, zumal sich der VPRT wenig relevante Ergebnisse verspricht. Die Zielgruppe des werbefrei gestellten WDR 4 (Erwachsene ab 50 Jahre) weiche zu sehr vom Lokalfunk ab (etwa radio NRW: 20 bis 49 Jahre). Zum anderen habe „WDR 4 in NRW mediaplanerisch keine Rolle gespielt, da es nur über die Belegung der nationalen Vermarktungs-Kombi eingeplant wurde“. Die Verschiebung sei „ein Rückschritt“ und könne sich angesichts der aktuellen Strukturdebatte zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk nachteilig auswirken.

Dem Zeitungsverlegerverband NRW (ZVNRW) zufolge ist die Begrenzung der öffentlich-rechtlichen Hörfunkwerbung wichtig „für einen fairen und ausbalancierten Wettbewerb im dualen Hörfunksystem und für den Erhalt des vielfältigen privaten Lokalfunks in NRW“. Der ZVNRW bedauert die anstehende Verschiebung, setzt aber Hoffnung in die Gesamtstrategie für den NRW-Hörfunk, die CDU und FDP im Koalitionsvertrag angekündigt hatten. Falls dadurch nicht „nachhaltige und substantielle Verbesserungen für den privaten Hörfunk in NRW, insbesondere in Bezug auf faire Wettbewerbsbedingungen bei der Werbevermarktung zwischen dem WDR und dem Lokalfunk“ erreicht werden könnten, setzen die Verleger darauf, dass „zumindest die zweite Stufe der Werbereduzierung spätestens am 1. Januar 2021 greifen wird“.

Wenig überraschend: Der WDR selbst begrüßt die Verschiebung der weiteren Werbereduzierung. Denn die Reduzierung bedeute „einen wesentlichen finanziellen Einschnitt in den WDR-Haushalt“ und sehe außerdem „eine deutschlandweit einmalige Einschränkung der Hörfunkwerbung vor: Die Werbebeschränkungen für den WDR sind damit größer als bei allen anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.“ Diese gehe „einseitig zulasten“ des WDR und des ganzen Medienlands NRW.

Der DJV-NRW hatte sich seinerzeit nach längerer interner Diskussion für die Reduzierung der Werbezeiten im WDR-Hörfunk ausgesprochen, allerdings mit dem deutlichen Hinweis, dass die Einnahmeverluste ausgeglichen werden müssten. Dies hatte das Gesetz zwar nicht geregelt, aber immerhin konnte der WDR seinen Anteil am ARD-Finanzausgleich reduzieren. Wie der DJV-NRW sich für die kommende Novelle des WDR-G in Stellung bringt, soll in den kommenden Monaten eine Arbeitsgruppe aus Akteuren der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender diskutieren. Für den DJV-Landesverband ist es wichtig, dass beide Seiten der Rundfunklandschaft in NRW in einem fairen Wettbewerb stehen. Das stellt sicher, dass die publizistische Vielfalt auf Dauer erhalten bleibt, die Beschäftigten ihre journalistische Arbeit unter angemessenen Bedingungen verrichten können und die Menschen im Lande hochwertig aufbereitete Informationen bekommen.

Was die fairen Markbedingungen angeht, zeigt der WDR sich gegenüber den werbefinanzierten Wettbewerbern unterschiedlich entgegenkommend. Wie in der Novelle von 2016 festgeschrieben, hat sich der WDR von seinen Anteilen an radio NRW getrennt. Im Dezember 2017 hatte der Landessender seinen Internetauftritt einem Relaunch unterzogen, um dem Vorwurf der Presseähnlichkeit zu begegnen (siehe JOURNAL 6/17). Das Sponsoring scheint im WDR-Hörfunk – namentlich beim reichweitenstarken  WDR 2 – dagegen eher zuzunehmen, wie kritische Hörer feststellen. Auch der VPRT verweist in seiner Stellungnahme auf zahlreiche Gewinnspiele im WDR-Hörfunk, die „mit dem inhaltlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Radioprogramme nichts gemein“ haben und „die stete Kommerzialisierung“ vorantrieben.

Weitere Themen im WDR-Gesetz

Der DJV-NRW wird sich im Vorfeld der WDR-G-Novelle nicht nur mit den reduzierten Werbezeiten auseinandersetzen, sondern auch abgleichen, welche Forderungen aus dem Verfahren der zurückliegenden Novellierung noch offen sind. Dabei ging es unter anderem um verbesserte Beteiligungsrechte für freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um den Minderheitenschutz im Personalrat und um das Letztentscheidungsrecht des Intendanten in Konflikten zwischen WDR und Personalrat.

Heiß diskutiert wurden vor der damaligen Novelle auch die Änderungen zur Zusammenarbeit mit Dritten: Hier war dem DJV-NRW wichtig, dass die Regelung weder Eingriffe in die journalistische Freiheit mit sich bringt noch zu Wettbewerbsverzerrung führt. Vor allem letzteres hat das Gesetz unter Rot-Grün nach Überzeugung des DJV-NRW nicht überzeugend geregelt. Es bestimmte, dass der WDR dazu auf Vorschlag des Intendanten und unter Gremienbeteiligung eigene Richtlinien entwickelt. Ob das reicht, muss sich der DJV-NRW nun näher anschauen.

* Volkmar Kah ist Mitglied im WDR-Rundfunkrat, Corinna Blümel seine Stellvertreterin.