THEMA | Existenzsorgen

Wieviel Unternehmertum braucht es?

6. Oktober 2025, cbl

Als „mies bezahlte Berufung“ hat einer der Gesprächspartner seine Arbeit als Fotojournalist bezeichnet. Wer nicht Gefahr laufen will, wirtschaftlich abzusaufen, sollte bei aller Liebe zum Beruf auch unternehmerisches Denken entwickeln. Das wird den einen mehr und den anderen weniger gelingen. Ein paar Tipps können helfen, für sich die passenden Maßnahmen zu identifizieren.

Analyse und Planung

Ein klarer Blick auf die eigene Finanzlage ist immer gut. Je ungebundener ich freiberuflich arbeite, also je weniger planbare Aufträge ich habe, desto wichtiger wird es, die eigenen Fixkosten zu kennen (Miete, Versicherungen, Altersvorsorge etc.) und zu wissen, was darüber hinaus für den gewünschten Lebensstandard monatlich zur Verfügung stehen sollte.

In diese Rechnung müssen auch die notwendigen Rücklagen einfließen – für die Steuer (siehe unten), für neues Equipment, für Notfälle. Und am besten auch für die Möglichkeit, freiwillig eine Zeit ohne Einkünfte zu überbrücken, um zum Beispiel eine Weiterbildung zu machen oder um eine Auszeit zu nehmen.

Auf dieser Basis lässt sich errechnen, wie hoch der Tages- oder Stundensatz sein muss. Profis legen sogar genaue Umsatz- und Gewinnziele fest.

Organisation und Verwaltung

Wer frei arbeitet, muss ausreichend Zeit für Verwaltungsaufgaben und Organisation einplanen: sich mit Auftraggebern abstimmen, neue Aufträge akquirieren, dafür auch Vorrecherchen einplanen, Reisen buchen, Rechnungen schreiben und Auslagen abrechnen, Zahlungseingänge überwachen.

Eine kaufmännische Buchhaltung ist in der Regel nicht erforderlich, hilft aber manchem, den finanziellen Überblick zu bewahren. Aber auch die Einnahmen-Überschussrechnung und die Abführung der Mehrwertsteuer wollen erledigt sein. Und auch wenn die Steuer beim Einstieg in das Freiendasein nicht sofort fällig wird, sollte man sich angewöhnen etwa die Hälfte der Honorare für das Finanzamt zurückzulegen.

Selbstreflexion und Positionierung

Es ist wichtig, sich selbst richtig einzuschätzen, denn ein klares Profil hilft, sich von anderen abzuheben. Also gilt es herauszufinden, was die eigene Persönlichkeit ausmacht. Welche Werte sind mir wichtig, und welches Spezialwissen bringe ich mit? Je nachdem, in welchem Bereich ich arbeiten möchte, ist es auch entscheidend, für sich zu klären, wofür man als Journalistin oder Journalist stehen möchte und wo zum Beispiel ethische oder andere Grenzen liegen könnten.

Alles läuft auf die Fragen hinaus: Was genau möchte ich wem (hoffentlich erfolgreich) anbieten? Und warum bin ich die oder der Beste, bei der oder dem Redaktionen und andere Auftraggeber genau das bekommen können?

Spezialisierung und Diversifikation

Wer jede Art Auftrag annimmt, statt sich auf bestimmte Themen, Nischen oder Medienformate zu spezialisieren, ist eher ersetzbar und wird sich schwerer tun, in der Verhandlung über ein höheres Honorar zu überzeugen. Mit guten Alleinstellungsmerkmalen schafft man sich eher langfristige Aufträge und erhöht den eigenen Marktwert.

Zugleich sollte die Spezialisierung auch nicht zu eng sein, denn das reduziert unter Umständen die Absatzchancen. Dann kann es eng werden, wenn etwa mein Themenfeld plötzlich an Aufmerksamkeit verliert, die passende Fachzeitschrift vom Markt verschwindet oder die Nischensendung eingestellt wird.

Eine Vielfalt an Auftraggebern stellt sicher, dass man bei wegfallenden Aufträgen Ausweichmöglichkeiten hat.

Kontinuität und Markenbildung

Die Kontakte zu Redaktionen und anderen Auftraggebern wollen gepflegt werden. Dazu gehört ein transparenter und ehrlicher Umgang, aber vielleicht auch mal ein
wenig Smalltalk, selbst wenn das eigene Zeitkorsett
eng sitzt.

Genauso wichtig ist ein breiterer Außenauftritt, in dem ich über Social Media, LinkedIn und zum Beispiel Vorträge bei Veranstaltungen zeige, was ich kann und wofür ich stehe. Denn ich will ja nicht nur bei „meinen“ Redaktionen als die Person bekannt sein, die Aufträge verlässlich zu großer Zufriedenheit erledigt. Ich möchte auch, dass weitere potenzielle Auftraggeber auf mich aufmerksam werden./