Der Gehaltsabschluss für feste und freie Journalistinnen und Journalisten beim WDR ist geschafft. Sie erhalten 2,0 bis 2,2 Prozent mehr Gehalt bzw. Honorar, im kommenden April kommen weitere 2,0 bis 2,35 Prozent obendrauf. Auf den ersten Blick sieht das gar nicht so schlecht aus, aber die Tücken liegen im Detail. In bisher nicht bekannter Weise hat der Sender einen Keil zwischen seine Beschäftigtengruppen getrieben – zwischen Feste und Freie, aber auch zwischen verschiedene Freiengruppen.
Einem moderaten, aber akzeptablen Ergebnis bei den Festangestellten standen für die Honoraranpassung der Freien zwei Modelle zur Wahl, die beide alles anderes als zufriedenstellend waren. Entsprechend fassungslos waren vor allem die Freien, als die Gewerkschaften am 22. September am Abend eines langen Verhandlungstags über den Abschluss informierten. Nach einer Umfrage unter seinen WDR-Freien hat sich der DJV-NRW am 4. Oktober für das Modell ausgesprochen, das aus Sicht der meisten Betroffenen das kleinere Übel ist (mehr dazu siehe unten). ver.di kam ohne Umfrage zum gleichen Ergebnis.
Ungewohnt kalte Atmosphäre
Die Tarifrunde im WDR hatte es diesmal in sich. Zwar bekommen die Verhandler der Gewerkschaften seit einigen Jahren schon eine härtere Gangart als früher zu spüren. Aber so kalt und unbarmherzig wie in diesem Jahr sei es nie zugegangen, hört man von Insidern. Und weil es nicht vorwärts ging, reichte es den Betroffenen schließlich: Zur vierten Verhandlungsrunde folgten rund 350 Beschäftigte dem Aufruf zum Warnstreik. Zur fünften Runde waren es schon lautstarke, bunte 500, die in Köln und den Studios die Arbeit niederlegten und deutlich machten: Der Sender muss sich bewegen.
Verstärkt wurde diese Botschaft durch den Besuch einer Streikdelegation im Verhandlungsraum. Und durch die Streikauswirkungen auf das WDR-Programm: Für die Hörfunknachrichten wurde eilig ein Notteam zusammengetrommelt, weil die Nachrichtenredaktion von 7 bis 12 Uhr draußen war. Eine Sendung bei WDR 3, 4 und 5 fiel aus und wurde durch WDR-2-Inhalte ersetzt. Bei 1Live-Info liefen mit Verweis auf den Warnstreik zwischen 7 und 8 Uhr keine Redebeiträge. Im Regionalstudio Wuppertal wurden die Nachrichten zwischen 10.30 Uhr und 11.30 Uhr nicht aktualisiert. Und im Studio Duisburg streikten die Freien geschlossen.
Druck machten nicht nur die Streikenden vor der Türe, sondern auch die DJV-Vertreter im Verhandlungsraum. Denn der Sender hatte für die Freien ein Modell der „asymmetrischen Erhöhung“ ins Spiel gebracht („Modell A“). Danach sollten die Mindesthonorare im aktuellen Bereich unterdurchschnittlich steigen (um 1 oder 1,5 Prozent), um die Mindestonorare der längeren Formate um mehr als 10 Prozent anzuheben. Eine solche Ungleichbehandlung unter den Freien fand der DJV unzumutbar – und sah damit die Mehrheitsmeinung voraus, wie die erwähnte Umfrage zeigen sollte, aber auch die heftige Diskussion auf der WDR-Freienliste.
Am Verhandlungstisch hatte der DJV deswegen durchgesetzt, dass es eine Alternative gibt, dass DJV-Mitglieder zwischen beiden Modelle wählen können und dass diese Entscheidung dann gilt. Beim „Modell B“ erhalten alle Freien die gleiche lineare Erhöhung. Danach werden die Mindesthonorare in zwei Schritten um jeweils 2,0 Prozent angehoben. Unterm Strich steigen die Mindesthonorare um 0,55 Prozent weniger als die festen Gehälter. Dafür bekommen die Freien 400 Euro mehr Einmalzahlung als die Festen.
„Hütchenspielerei“
Neben der Ungleichbehandlung beim Modell der „asymmetrischen Erhöhung“ störte sich der DJV auch an der Intransparenz. Ein Freier bezeichnete den Vorschlag treffend als „Hütchenspielerei“: Denn einige längere Formate wären von der Regelung von vornherein ausgenommen gewesen. Bei den verbliebenen hätte das Mindesthonorar trotz der avisierten Erhöhung weiterhin unter den Effektivhonoraren gelegen. Hinzu kommt, dass die längeren Formate im WDR schon länger zurückgefahren werden. In der Summe hätte kaum jemand mehr Geld auf dem Konto gehabt.
„Auch Modell B ist nicht das, was wir uns gewünscht hätten“, erklärte Frank Stach, Vorsitzender des DJV-NRW. „Unser Ziel war es, die Effektivhonorare zu erhöhen. Aber das war mit dem WDR nicht zu erreichen.“ Entsprechend schwer hat sich der DJV mit dem Abschluss getan.
Mahnwache für faire Honorare
Stach will ein persönliches Zeichen setzen und künftig alle zwei Monate vor dem Vierscheibenhaus in der Kölner Innenstadt und vor verschiedenen WDR-Studos eine Mahnwache abhalten: „Ich kämpfe dafür, dass der WDR endlich die tatsächlich gezahlten Honorare erhöht und nicht nur die Mindesthonorare“, sagte Frank Stach, der dafür Urlaubstage nehmen wird. „Ich lade jeden ein, dazu zu kommen und ein ruhiges, aber konsequentes Signal auszusenden.“
Details zum WDR-Abschluss
Am 22. September haben Gewerkschaften und WDR beim WDR einen Abschluss in den Gehaltstarifverhandlungen erzielt. Die wichtigsten Details:
- Festangestellte
200 Euro Einmalzahlung mit dem Dezember-Gehalt
+ 2,2 Prozent rückwirkend ab 1. April 2017 – Auszahlung mit dem Dezember-Gehalt
+ 2,35 Prozent ab 1. April 2018 - Freie
600 Euro Einmalzahlung
+ 2,0 Prozent auf Mindesthonorare ab 1. November 2017
+ 2,0 Prozent auf Mindesthonorare ab 1. April 2018 - Auszubildende/Volos
125 Euro Einmalzahlzahlung
+ 50 Euro auf Ausbildungs-/Volovergütung ab 1. November 2017
+ 50 Euro weitere Erhöhung ab 1. April 2018
Neue Übernahmeregelung für Azubis. - Rentner
250 Euro Einmalzahlung
Auf Basis der neuen Altersversorgungsregelung (x minus 1 Prozent) gilt:
+ 1,2 Prozent ab 1. November 2017
+ 1,35 Prozent ab 1. April 2018 - Kinderzuschlag: geändertes Handling
Für Kinder bis 25 Jahre kein Ausbildungsnachweis erforderlich.