THEMA | Deep Journalism

Hoher Bedarf an Information und Dialog

26. Juni 2024, Frank Sonnenberg
Ein Mann mit einer Strickkmütze lenht an einem Tisch. Im Hintergrund ist en Regal mit Moellen von Lkw zu sehen.
Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold, Prokurist im markt intern Verlag. | Foto: Karsten Schöne

Spitze Zielgruppen mit journalistischen Mehrwert-Informationen abzuholen ist keine Erfindung der vergangenen Jahre. Fachjournalismus für bestimmte Branchen gibt es unter anderem beim markt intern Verlag in Meerbusch, der 1971 gegründet wurde. Das JOURNAL hat beim Prokuristen Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold nachgefragt.

JOURNAL: Aus Ihrer Sicht als langjähriger Anbieter von Branchen-Informationen: Wie hat sich das Newsletter-Business beziehungsweise das Angebot in ihrem Bereich in den vergangenen Jahren verändert? In welche Richtung entwickelt es sich?
Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold: Newsletter und Branchen-Informationen sind aus meiner Sicht zwei unterschiedliche Geschäftsfelder, sowohl historisch als auch, was die Erwartungen der Zielgruppen angeht. Es ist allerdings richtig, dass der Unterschied für Außenstehende und insbesondere Digital Natives nicht immer offensichtlich ist.
Ich denke, dass die Entwicklung des Geschäfts auch davon abhängt, inwieweit es den Anbietern gelingt, diesen Unterschied herauszustellen. Nur dann lassen sich konkrete Mehrwerte für die Nutzerinnen und Nutzer generieren.

JOURNAL: Welche Zielgruppen sprechen Sie mit Ihren Publikationen an? Und wie definieren Sie Ihr Geschäftsfeld?
Dr. Kuntze-Kaufhold: Der Verlag markt intern engagiert sich seit über 50 Jahren für die Interessen mittelständischer Gewerbetreibender. Dies geschieht zum einen über Branchenbriefe, die dem Special-Interest-Bereich zugeordnet werden können, zum anderen durch ein branchenübergreifendes mittelstandspolitisches Engagement, das in dem Motto ‚mi – mehr als information‘ zum Ausdruck kommt. Beispiele für dieses Engagement sind Veranstaltungen wie die Verleihung des Deutschen Mittelstandspreises (unter anderem an Roman Herzog, Peter Müller, Lothar Späth und Viviane Reding) oder der Tag des Mittelstands. Dazu gehören auch die Fairplay-Aktion zu Coronazeiten oder Protestaktionen gegen überbordende und lebensfremde Bürokratieansätze einschließlich der Beteiligung an Sachverständigenanhörungen. All diese Aktionen wären ohne eine rege Beteiligung der jeweiligen Redaktionen und Branchen nicht möglich. Insofern lässt sich von einem generalisierenden, mittelstandspolitischen Ansatz sprechen.

JOURNAL: Wo liegt der Informationsbedarf Ihrer Zielgruppen? Einige Newsletter-Modelle fokussieren sich auf die ökonomische und gesellschaftliche Transformation Europas und Klima- und Umweltthemen. Finden sich diese Themen in Ihren Produkten wieder?
Dr. Kuntze-Kaufhold: In den von markt intern adressierten Zielgruppen ist unverändert ein hoher Informations-, aber auch Dialogbedarf festzustellen. Bei den Inhalten stehen Transformationsthemen mittlerweile weit oben, insbesondere im Bereich des mehrstufigen Vertriebs. Gleichrangig geht es aber auch um Orientierung, Effizienz und den Erhalt regionaler Wertschöpfung.
Die Klientel des Verlags sind mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer, die in längeren Zeitabschnitten denken und handeln. Entsprechend schöpft ‚markt intern‘ sein Mittelstandsnetzwerk aus, um den Leserinnen und Lesern die Chancen und Risiken des Transformations- und Orientierungsprozesses in der Berichterstattung und im Dialog näherzubringen.

JOURNAL: Sehen Sie kostenpflichtige Newsletter und Brancheninformationen als journalistische Angebote? Oder muss man das anders definieren, um deren Mehrwert hervorzuheben?
Dr. Kuntze-Kaufhold: Die Grenzen zwischen journalistischen und gewerblichen Angeboten sind im Netz fließend. Bei markt intern gibt es eine klare Trennung: Einige Angebote führen in den Schulungs- oder Tippbereich, zum Beispiel Webinare oder Ratgeber. Im Kern besteht der Verlag aber aus journalistisch geprägten Informationsangeboten. Ob diese Informationen hinter oder vor der Bezahlschranke stehen, ist eine unternehmensstrategische Entscheidung, die vom Charakter der Information zu trennen ist.

JOURNAL: Die Variante, auf Werbeerlöse zu verzichten, ist auch für abofinanzierte Medien ungewöhnlich. Wie kam es dazu?
Dr. Kuntze-Kaufhold: Die Entscheidung, keine Werbung zu schalten, wurde zu Beginn getroffen. Das war damals auf den Briefcharakter der Ausgaben zurückzuführen. Auch heute, wo Print und digital nebeneinander laufen, hat der Verlag diese Ausrichtung beibehalten.
Eine Bezahlschranke ist damit wirtschaftlich zwingend, gleichzeitig sichert sie die maximale Unabhängigkeit. Dennoch muss man einräumen, dass beide Entscheidungen – kostenlose Inhalte oder Bezahlschranke – Auswirkungen haben, die langfristig genau beobachtet werden müssen. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass die Angebote klar gekennzeichnet werden.

JOURNAL: Wie bewerten Sie die Tendenz, hochpreisige „Very-Special-Interest-Newsletter“ für noch spitzere
Zielgruppen – vor allem Entscheiderinnen und Entscheider – anzubieten? Wann können diese Angebote funktionieren?
Dr. Kuntze-Kaufhold: Hierzu gibt es bei markt intern wenig Erfahrungen. Von hier aus findet eine möglichst genaue Beobachtung und Begleitung erfolgreicher Social-Media-Aktivitäten der mittelständischen Zielgruppe statt – seien es Fachhändler, Fachhandwerker, Kooperationen oder Markenhersteller. In diesem Zusammenhang geraten auch Newsletter in den Blick, die sich an spitze Zielgruppen wenden. Dabei handelt es sich allerdings nicht um gewinnorientierte Newsletter, sondern meist um erfolgreiche Marketingmaßnahmen, die markt intern als best cases vorstellt.

JOURNAL: Welche Vision hat markt intern für die Zukunft?
Dr. Kuntze-Kaufhold: markt intern will das anerkannte Expertennetzwerk sein für den Bau von Brücken zwischen Mittelstand, Politik und Gesellschaft durch Information und Dialog.||

Ein Beitrag aus JOURNAL 2/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2024.