EDITORIAL |

Jetzt bitte mal Taten!

21. Dezember 2025, Andrea Hansen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Andrea Hansen, Vorsitzende des DJV-NRW. | Foto: Uwe Voelkner / Fotoagentur FOX
Andrea Hansen, Vorsitzende des DJV-NRW. | Foto: Uwe Voelkner / Fotoagentur FOX

„Journalismus ist systemrelevant“ oder „Ohne freie Medien keine Demokratie“ oder „Ein Angriff auf die Pressefreiheit ist ein Angriff auf unsere ganze Gesellschaft“ – wir kennen diese Sätze, sie fallen zuverlässig auf Podien, in (Sonntags)reden und Koalitionsverträgen. Und ja: Sie stimmen. Nur – wenn man sich 2025 so umschaut in der Medienlandschaft, wirken diese Bekenntnisse inzwischen wie ein Schild an der Tür, hinter der gerade ausgeräumt wird.

In diesem Jahr sind bei Funke in NRW rund 25 Desk-Stellen bedroht beziehungsweise im Zuge der Zentralisierung abgebaut worden – in genau den Regionalredaktionen, die lokale Kontrolle und Nähe überhaupt erst möglich machen.

Bei RTL fallen konzernweit etwa 600 Arbeitsplätze weg; darunter auch journalistische Jobs. Den Standort Köln soll es besonders hart treffen. Und der Lokalfunk-Strukturprozess schiebt seit Monaten eine „Reform“ durchs System: Kooperationen, Funkhaus-Zusammenlegungen, Budgetstandards – das sorgt für ordentlich Verunsicherung und Zukunftsangst bei den Betroffenen.

Wenn alle sagen, Journalismus sei unverzichtbar, müsste die logische Konsequenz sein: Wir schützen ihn vor Aushöhlung. Aber das passiert nicht. „Who pays?“ haben wir auf dem JoTag gefragt. Und die Antwort lautete wieder: Erst wir und dann die immer schlechter informierte Öffentlichkeit – und das in Zeiten, in denen sich Desinformation schneller verbreitet als jeder Faktencheck.

Die Rolle der Politik dabei ist… sagen wir: widersprüchlich. Auf der einen Seite fordert sie Resilienz, Medienkompetenz, demokratische Debattenkultur. Auf der anderen Seite lässt sie zu, dass ausgerechnet die Infrastruktur, die diese Debatten täglich herstellt, immer weiter wegbröselt.

Natürlich: Die Managementfehler aus den Anfängen des Internets lassen sich nicht ungeschehen machen. Aber ob Transformation Gestaltung bedeutet oder man sie nur passieren lässt, ist eine Entscheidung. Ob Zusammenlegungen am Ende Vielfalt retten oder eben nicht, ist eine Entscheidung. Und darum verlangen wir von Entscheidungsträgern, dass ihre Relevanz-Rhetorik endlich eine materielle Basis erhält: faire Finanzierung, verlässliche Regeln und mal wieder Investitionen in Information, besonders lokal oder wenigstens die Gewährung der Gemeinnützigkeit.

Denn ohne Unterstützung bleiben die großen Worte hohle Phrasen. Und wir stehen wieder da, mit noch weniger Leuten, noch mehr Aufgaben, noch mehr Kanälen – und der stillen Erwartung, dass wir den Abbau schon irgendwie auffangen.

Tun wir. Jeden Tag. Aber es wäre höchste Zeit, dass auch die, die uns ständig „unverzichtbar“ nennen, mehr tun als nur reden. Falls noch jemand aus den Führungsetagen in Politik und Medien einen guten Vorsatz für 2026 sucht – das wäre einer!

Eure Andrea

Ein Beitrag aus JOURNAL 4/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2025.