Das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen stellt nach Einschätzung des DJV keine Bedrohung mehr für Journalisten und Whistleblower dar. Der ursprüngliche Entwurf hatte im Rechtsausschuss deutliche Änderungen erfahren, nachdem der DJV sich zusammen mit anderen Journalisten- und Verlegerverbänden sowie mit öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern und dem Presserat für Nachbesserungen eingesetzt hatte.
In der ursprünglichen Formulierung hätte das Gesetz unter anderem den Quellenschutz gefährdet. Weil Ausnahmen nur als „Recht- fertigungsgrund“ und nicht als Ausnahme- tatbestand für Journalisten vorgesehen waren, hätten Berichterstatter vor Gericht darlegen müssen, warum sie gegen ein Geschäftsgeheimnis verstoßen haben. Als mögliche Rechtsverletzer hätten sie dabei auch Auskunft über ihre Informanten geben müssen. Auch Whistleblower, die Informationen über Missstände oder gar Gesetzesverstöße im eigenen Unternehmen an Journalisten weitergeben wollten, hätte das ursprünglich geplante Gesetz vermutlich abgeschreckt.
Unternehmen hätten unter anderem frei entschieden, was sie als Geschäftsgeheimnis sehen, und sie hätten strafrechtlich gegen investigative Journalisten vorgehen können, die kritisch über das Unternehmen berichten. Zwar hätten sich Betroffene im Prozess auf die Pressefreiheit berufen können, aber allein Aufwand und Kosten eines möglichen Rechtsstreits wären zum Abschreckungsgrund für Recherchen geworden – besonders für freie Journalistinnen und sowie kleine unabhängige Medien. Unterm Strich hätte das Gesetz journalistische Arbeit in bestimmten Bereichen fast unmöglich gemacht.
Da der Rechtsausschuss die Bedenken aufgegriffen hat, legte die Koalition dem Bundestag im März eine überarbeitete Gesetzesfassung vor: Diese nimmt Berichterstattungszwecke vom Schutz der Geschäftsgeheimnisse explizit aus. Weder Journalisten noch Whistleblower machen sich strafbar, wenn sie über Missstände in einem Unternehmen berichten. In der überarbeiteten Fassung wird auch deutlich, dass Unternehmen nicht beliebig Informationen zum Geschäftsgeheimnis erklären können. Ebenfalls im März einigten sich Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten und des Europaparlaments auf eine Richtlinie zum Whistleblower-Schutz. Sie soll Mitte April vom Europaparlament verabschiedet werden und definiert Mindeststandards zum Schutz von Whistleblowern.
Nach der neuen Richtlinie sollen Whistleblower künftig EU-weit einen einheitlichen Schutz vor Repressalien und Sanktionen genießen. Sie können sich frei entscheiden, ob sie einen Missstand oder einen Rechtsbruch zuerst innerhalb ihrer Organisation melden oder externe Meldekanäle nutzen. Diese Ausgestaltung des Meldeverfahrens war bis zum Schluss ein Knackpunkt in den Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, EU-Kommission und Ministerrat. Die ursprünglich vorgesehene Festlegung auf eine verpflichtende interne Meldung hätte einen wesentlichen Teil der Schutzwirkung zunichte gemacht.
Ein Beitrag aus JOURNAL 2/19, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2019.