Der DJV-NRW ist der Initiative „Verfolgen statt nur Löschen“ der Landesanstalt für Medien NRW beigetreten. In ihr arbeiten Medienaufsicht, Strafverfolgungsbehörden und Medienhäuser zusammen, um Hass und Hetze im Internet mit den Mitteln des Rechtsstaats zu begegnen. Ein einfaches Melde- und Prüfverfahren, klare Zuständigkeiten und effiziente Verfahrensabläufe bei der Anzeigenerstellung sollen die Rechtsdurchsetzung im Netz erleichtern. Eine Musteranzeige für die Medienhäuser und Rechtsschulungen für Redaktionen helfen bei der Umsetzung.
Verfestigter Irrglaube
Für den DJV-NRW „ein wichtiges Projekt, das den Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen den Rücken stärkt und sie ganz konkret dabei unterstützt, sich gegen Hetzkampagnen zu wehren“, erklärt Landesgeschäftsführer Volkmar Kah. „Zugleich wird auch die Meinungsvielfalt im Netz geschützt.“
Durch die wachsende Zahl an Hasskommentaren und das Haftungsrisikos für Kommentare auf den eigenen Internetseiten stehen Medienhäuser unter Zugzwang: Wenn sie nicht die Kommentarfunktion auf ihren Seiten abschalten oder vorsorglich ganze Themenfelder meiden wollen, sehen sie sich gezwungen, potenziell unzulässige Kommentare zu löschen. Juristische Schritte gegen tatsächliche Rechtsverstöße würden dagegen zu selten ergriffen: „So verschwinden die strafrechtlich relevanten Inhalte von den Seiten – aber ohne Rückmeldung an diejenigen, die Hasspostings verfassen“, beobachtet Kah. Dass strafbare Äußerungen nicht sanktioniert würden, sei ein Problem. „So kann sich bei den Kommentierenden der Irrglaube verfestigen, es handele sich um zulässige Meinungen, die nur ‚unterdrückt‘ würden.“
Dagegen setzt die Initiative „Verfolgen statt nur Löschen“ auf eine sorgfältige juristische Prüfung angezeigter Inhalte; zulässige Meinungsäußerungen werden von strafbaren Aussagen abgegrenzt und letztere dann auch verfolgt. Durch konsequente Sanktionierung von Rechtsverstößen sowie durch Öffentlichkeitsarbeit zu Präzedenzfällen und Verurteilungen erhofft sich die Initiative mittelfristig eine präventive Wirkung.
827 Ermittlungsverfahren
Bis Ende Mai hat die Initiative nach eigenen Angaben mehr als 1.490 Fälle zur Anzeige gebracht. Bei der Mehrzahl der gemeldeten Kommentare ging es um den Vorwurf der Volksverhetzung. Die Behörden leiteten 827 Ermittlungsverfahren ein, in 27 Fällen erfolgte bisher eine rechtskräftige Verurteilung.
Die Landesmedienanstalt hatte die Initiative – damals die erste dieser Art – 2017 zusammen mit dem Landeskriminalamt NRW, der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW), der Mediengruppe RTL, der Rheinischen Post und dem WDR gegründet. Seitdem sind zahlreiche Medienhäuser beigetreten: zunächst Kölner Stadt-Anzeiger, Express, Deutsche Welle und Deutschlandradio, dann Aschendorff Medien (Westfälische Nachrichten), Der Patriot, Die Glocke, Emsdettener Volkszeitung, Hellweger Anzeiger, General-Anzeiger Bonn, Medienhaus Aachen, Münsterländische Volkszeitung, Recklinghäuser Zeitung, Remscheider General-Anzeiger, Solinger Tageblatt, Siegener Zeitung und Westdeutsche Zeitung.
Als Organisationen beteiligt sind eco – Verband der Internetwirtschaft, der Verein youthprotect, der Verband Lokaler Rundfunk in Nordrhein-Westfalen (VLR) – und seit Mai der DJV-NRW.||
Eine Meldung aus JOURNAL 2/22, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2022.