Die Zukunft hat schon begonnen

EDITORIAL |
22. Oktober 2021, Frank Stach, Landesvorsitzender DJV-NRW

Als Hörfunker habe ich vor einigen Jahren mal probiert, meine Interviews von einem Computerprogramm in Text umwandeln zu lassen. Das hat nicht geklappt, zu viel Unsinn kam dabei heraus. Jetzt habe ich es wieder versucht. Und siehe da. Meine Interviews waren innerhalb von Minuten transkribiert. Und zwar so, dass ich alles verstanden habe. Auch wenn einzelne Worte nicht erkannt wurden. Der „Radentscheid“, ein Bürgerbegehren zum Thema Radfahren, wurde von der Künstlichen Intelligenz (KI) zu Wattenscheid umdefiniert. Das war es aber schon an wesentlichen Fehlern. Und so werde ich meine Radiobeiträge künftig schneller bearbeiten können.

Wenn ich ans Fernsehmachen denke, bringt die neue Smartphone-Generation mittlerweile Funktionen, die staunen lassen. Der Fachbegriff heißt: Computational photography and filming. Was früher teuren Kameras vorbehalten war, wird mittlerweile vom Chip im Handy emuliert. Fachleute sehen zwar noch die Unterschiede, aber die sind eher marginal. Und für die aktuelle (EB-)Berichterstattung ist jetzt schon abzusehen, dass die Grenzen in einigen Jahren fast ganz verwischen werden.

Bereits jetzt wird die neue Technik für Live-Berichterstattung verwendet – der Ü-Wagen in der Hosentasche ist Realität. Wer sich als Journalistin oder Journalist nicht damit beschäftigt, wird bald abgehängt sein.

Was KI heute schon kann, ist beeindruckend. Und das wird sich in den kommenden Jahren rasant weiterentwickeln. Ist der Fernsehschnitt dann größtenteils automatisiert? Kann KI künftig Datenbanken auch ohne Vorgaben durchforsten und eigenständig in Artikel umsetzen? Und was heißt es, wenn ausschließlich Algorithmen bestimmen, was die meisten Menschen lesen und sehen wollen?

An vielen Stellen werden wir als DJV genau hinschauen müssen. Und trotzdem: Im besten Falle steht am Ende der Entwicklung, dass die Technik der Zukunft uns so unterstützt, dass wir als Journalistinnen und Journalisten uns wieder um das Wesentliche kümmern können: Geschichten ausgraben, recherchieren, berichten, einordnen.||

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 5/21, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2021.