MEDIENSZENE NRW

DW: „Sozialplan“ für feste Freie

Vulnerable Gruppen sind besonders geschützt
6. Juni 2023, Corinna Blümel

­Harte Sparmaßnahmen stehen bei der Deutschen Welle (DW) an, aber eine frisch verhandelte Vereinbarung, die einem Sozialplan entspricht (nur nach dem Willen der DW nicht so genannt wird), schafft einen differenzierten Ausgleich nach sozialen Gesichtspunkten und nimmt besonders vulnerable Gruppen vom Stellenabbau aus. Möglich war dies durch das große Engagement der Personalratsmitglieder, aber auch weil die festen Freien inzwischen vom DW-Personalrat vertreten werden. Für die entsprechende Gesetzesänderung hatte sich der DJV über Jahre stark gemacht.

Gegen den Stellenabbau demonstrierten am 10. Mai rund 300 DW-Mitarbeitende in Berlin. Daniel Scheschkewitz, DJV-Personalratsvorsitzender aus Bonn (im Bild ganz rechts) bezeichnete es als Schande, dass langjährige Beschäftigte gehen müssen – nach sieben Jahren starken Wachstums und ausgerechnet zum 70. Geburtstag. | Foto: Steffen Heinze
Gegen den Stellenabbau demonstrierten am 10. Mai rund 300 DW-Mitarbeitende in Berlin. Daniel Scheschkewitz, DJV-Personalratsvorsitzender aus Bonn (im Bild ganz rechts) bezeichnete es als Schande, dass langjährige Beschäftigte gehen müssen – nach sieben Jahren starken Wachstums und ausgerechnet zum 70. Geburtstag. | Foto: Steffen Heinze

Über den Tarifvertrag hinaus

Seit März ist bekannt, dass viele arbeitnehmerähnliche Freie mit massiven Einschränkungen rechnen müssen, bis hin zur Beendigung ihrer Verträge. Der Grund für die Einschnitte: Der aus Bundesmitteln finanzierte Auslandssender fürchtet für 2024 eine Finanzierungslücke. Die Planungen sehen 400 Millionen Euro vor – ein Rückgang um 1,5 Prozent gegenüber 2023 (406 Millionen Euro). Vom angekündigten Stellenabbau – rund 100 Vollzeitäquivalente – sind bis zu 300 Kolleginnen und Kollegen betroffen (siehe JOURNAL 1/23).

Ein Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen regelt bei der DW das Übergangsgeld, wenn Beschäftigung beendet wird. Die Vereinbarung, die die Örtlichen Personalräte in Bonn und Berlin sowie der Gesamtpersonalrat ausgehandelt haben, geht deutlich darüber hinaus und umfasst auch feste Freie, deren Beschäftigung erheblich eingeschränkt wird. Als soziale Komponente kommen vierstellige Zuschläge pro Kind oder für pflegende Angehörige hinzu, die in der Summe maximal 10 000 Euro betragen können.

Zudem sind bestimmte Gruppen von den aktuellen Maßnahmen für 2024 ausgenommen. Dazu zählen unter anderem Schwerbehinderte, Schwangere, Beschäftigte in Elternzeit oder in einer Auszeit zur Pflege eines nahen Angehörigen. Die Kündigungssperre gilt auch für Menschen, deren Aufenthaltstitel an eine Beschäftigung bei der DW geknüpft ist und denen eine Abschiebung in ein Kriegs- oder Krisengebiet (etwa Russland, Ukraine oder Iran) droht. Das ist für die DW mit ihrer internationalen Belegschaft besonders wichtig.

In gerade mal vier Wochen verhandelt

„Eine solche Vereinbarung für arbeitnehmerähnliche Freie hat es meines Wissens im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch nicht gegeben“ erklärt Daniel Scheschkewitz, Vorsitzender des Örtlichen Personalrats in Bonn. „Wir sind stolz drauf, dass wir das geschafft haben – und das auch noch in vier Wochen.“ Positives Feedback gab es auch aus der Belegschaft, die Ende Mai per Videokonferenz über das Verhandlungsergebnis informiert wurde.

Inhaltlich bringen die Sparmaßnahmen unter anderem massive Kürzungen in den Fachressorts Kultur, Nachrichten und Sport – mit der Folge, dass die deutschsprachige Website an Attraktivität verliert und die fremdsprachigen Seiten künftig entsprechend weniger originäre  DW-Beiträge adaptieren können.||

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 2/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW (Juni 2023), vorab online veröffentlicht.