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Präventiv sparen

Die Deutsche Welle kündigt Stellenabbau an
21. März 2023, Corinna Blümel

Die Deutsche Welle (DW) steht vor ­einem harten Sparprogramm: In der Erwartung, dass künftig weniger Geld zur Verfügung stehen werde, und mit Blick auf hohe Kosten im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine hat Intendant Peter Limbourg den Abbau von 110 Vollzeitäquivalenten ab 2024 angekündigt. Davon könnten bis zu 300 Kolleginnen und Kollegen betroffen sein – vorwiegend Freie, aber unter Umständen auch Angestellte mit Fristverträgen.

Künftige Einnahmen noch ungewiss

Die Deutsche Welle in Bonn. | Foto: DW/Frank Liesegang
Die Deutsche Welle in Bonn. | Foto: DW/Frank Liesegang

Einsparen will Limbourg rund 20 Millionen Euro – falls sich der Bundeszuschuss für die DW nicht erhöht. Der Auslandssender wird aus dem Bundeshaushalt finanziert, der für 2024 noch nicht beschlossen ist. Im laufenden Jahre war der Zuschuss auf 406,5 Millionen Euro gestiegen. Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel zudem eine Stärkung der Deutschen Welle vereinbart.

Trotzdem erklärte DW-Intendant Peter Limbourg mit Blick auf den Ukrai­nekrieg und mögliche politische Zwänge, die DW müsse „vorsorglich einige Entscheidungen treffen, um 2024 nicht in eine ungleich schwierigere Lage zu kommen“. Zugleich müsse der Auslandssender „auf den hoch dynamischen digitalen Wandel reagieren, der uns auf den internationalen Medienmärkten stark herausfordert“.

„Der drastische Personalabbau hat uns in seinem Ausmaß überrascht und schockiert“, erklärte Daniel Scheschkewitz, Vorsitzender des Örtlichen Personalrats in Bonn. „Er ist angesichts des deutlichen Budgetaufwuchses der vergangenen Jahre auch schwer nachvollziehbar. Als Personalratsvorsitzender erwarte ich ein tragfähiges Zukunftskonzept für unseren Sender, das ohne Personalabbau auskommt. Die Mitarbeitenden der DW sind unser größtes Kapital.“

Auch der DJV protestierte gegen die geplanten Stellenstreichungen und die massiven Ausgabenkürzungen trotz des gestiegenen Bundeszuschusses. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall fordert die Leitung des deutschen Auslandssenders auf, keinesfalls am Programm zu sparen: „Unabhängiger und kritischer Journalismus ist in Autokra­tien und Diktaturen das Lebenselixier der Opposition. Während in Osteuropa ein Krieg tobt und die Demokratie in anderen Ländern unter Druck ist, darf bei der Deutschen Welle keine einzige journalistische Stelle zur Disposition gestellt werden.“

Sparen werde die DW nach Aussage Limbourgs nicht nur im Programm, sondern in allen Bereichen des Unternehmens. Reduziert werde etwa bei Investitionen in Technik, Projekten der Gebäudeinfrastruktur und bei Ausstrahlungskosten. Darüber hinaus sollen alle Direktionen weitere Einsparmöglichkeiten prüfen.
Nach Informationen des Personalrats entfallen dabei auch wichtige Zukunftsmaßnahmen wie eine finanzielle Grundausstattung für die DW Akademie, die bislang fast ausschließlich projektbezogen ­finanziert wurde.

Aus für deutschsprachigen TV-Kanal

Zu den Sparmaßnahmen gehört die Einstellung des linearen deutschsprachigen TV-Kanals zum Jahresende. Dies begründete Limbourg mit dem erheb­lichen Aufwand, der in keinem angemessenen Verhältnis zur gerin­gen Nutzung mit rund 250 000 regelmäßigen Zuschauerinnen und Zuschauern weltweit stehe. Das lineare TV-Angebot auf Deutsch habe unabhängig von der finanziellen Ausstattung ohnehin ein geringes Potenzial. Mitte vergangenen Jahres hatte sich der Sender mit der Gesamtkonferenz der Landesmedienanstalten darauf geeinigt, dass DW-TV nicht mehr über deutsche TV-Plattformen wie Magenta TV, Zuhause Kabel, Joyn und Zattoo verbreitet wird (siehe JOURNAL 2/22).

Unabhängig von den Sparmaßnahmen hat der Rundfunkrat der Deutschen Welle am 17. März in Berlin die Aufgabenplanung für 2022 bis 2025 ­beschlossen. Diese umfasst Budget-Umschichtungen von linearen zu digitalen Angeboten und zu Regionalsprachen sowie Investitionen in die digitale Arbeitsum­gebung. Der Rundfunk­rat bekräftigte in seiner Sitzung, dass für den geplanten Personalabbau sozialverträgliche Lösungen gefunden und umgesetzt werden müssen. ||

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW (April 2023), vorab online veröffentlicht im März 2023.